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Schützen & Erhalten · März 2017 · Seite 20 Fachbereiche Schimmelpilze Von Bakterien, die wohl lieber Pilze wären Bakterien – eine andere Welt? Bakterien haben einen anderen zellularen Aufbau als Pilzzellen. Ihre Zellwand ist, grob betrachtet, in zwei Ausführungen vorzufinden. Die einen haben dicke Zell- wände. Hier wird die Cytoplasmamenbran, bestehend aus Phospholipid-Doppelschich- ten, mit einer dicken Mureinschicht, ein Polysaccharid, umhüllt. Zusätzlich hüllt noch einmal eine Schleimkapsel die Zelle ein. Die anderen verfügen über dünne Zellwände mit nur sehr dünnen Murein umhüllung und mit einer zusätzlichen äußeren Membran aus Phospholipiden. Statt Schleimhülle verfügen diese Zellen über Geißeln und Fimbrien bzw. Pili. Und auch hieraus sind wiederum weitere Eigen- schaften ableitbar. Die einen schleimen sich ein und die anderen hakeln sich an Oberflächen fest. Daher wird in grampositive und gramnegative Bakterien unterschieden. Grampositive Bakterien sind die mit der dicken Zellwand. Unter ihnen finden wir viele Sporenbilder. Allerdings dienen diese nicht wie bei Schimmelpilzen der Vermeh- rung. Vielmehr sind es Überdauerungsstadien der einzelnen Bakterien, quasi kleine Rettungs- kapseln. Nur wenige Arten bilden mehr als eine Spore pro Zelle. Gramnegative Bakterien hinge- gen haben dieses Feature nicht. Sie sind daher auch nicht so robust wie grampositive Bakte- rien und weniger hitzeresistent. Dafür setzen sie, wenn die Zellen zerstört werden, sog. Endo Toxine aus der äußeren Zellmembran frei. Das sind Lipopolysaccharide, deren Baustein Lipid A bei Menschen als besonders starkes Pyrogen (fiebererzeugend) gilt (13). Bakterien zeigen eine große Formenvielfalt. Kugelförmige Zellen werden als Kokken bezeich- net. Stäbchenförmige Bakterien können als Lang- oder Kurzstäbchen auftreten, gern auch weiter charakterisiert als plump oder keulenförmig. Grampositive Vertreter können Sporen bilden, gramnegative Stäbchen nicht. Darüber hinaus werden gramnegative Stäbchen, die gegeißelt sind und sich schnell bewegen, als Vibrafonen bezeichnet. Bakterien, die schraubenförmig wachsen, werden als Spirochäten charakterisiert. Eine weitere Form, die in Umweltproben zu fin- den ist, sind Scheidenbakterien. Diese gramne- gativen Bakterien wachsen fadenförmig in einer Hülle aus Polysacchariden, die auch mit Metall- oxiden belegt sein können (12). Auch wenn es morphologische Unterschiede zwischen einzelnen Gruppen gibt, ist im Gegen- satz zu Schimmelpilzen eine mikroskopische Be- stimmung fast unmöglich. Will man Bakterien bis auf die Artenebene identifizieren, sind spezi- elle Diagnostikverfahren notwendig, auf die hier nicht weiter eingegangen werden soll. Ebenso vielfältig wie die Gestalt der Bakte- rien sind ihre Stoffwechselaktivitäten, die zu- nächst in aerob und anaerob unterteilt werden. Während Schimmelpilze ausschließlich organisch gebundene Kohlenstoffquellen verstoffwechseln können, sind Bakterien hier kaum Grenzen ge- setzt. Wie Schimmelpilze können sie organische Substanzen verstoffwechseln, was als Chemoor- ganotrophie bezeichnet wird. Findet dies unter Sauerstoffabschluss statt, spricht man von Fer- mentation (einige Pilze können das auch kurz- zeitig, Stichwort alkoholische Gärung). Laufen diese Prozesse unter Sauerstoffverbrauch ab, bezeichnet man den Prozess als Atmung. Ge- nau – wie Pilze das auch tun. Bakterien können aber auch im anoxischen Bereich atmen, was als anaerobe Atmung bezeichnet wird, nur das hier- bei nicht Sauerstoff oxidiert wird, sondern ein anderer Stoff wie Nitrat oder Schwefelwasser- Es schreibt für Sie: Dr. rer. nat. Constanze Messal Fachbereichsleiterin Schimmelpilze Neubrandenburger Str. 33 · 18055 Rostock Telefon: (0381) 637-28280 Telefax: (0381) 637-28281 E-Mail: messal@dhbv.de Historische Farbfassung in einer Mecklenburger Kirche: Auf einer roten Farbschicht wurden die Fugen des Mauerwerks neu aufgemalt. Die Farbfassung ist stark beschädigt, ins Auge fallen zunächst die Schäden durch starke Versalzung. Leicht zu übersehen sind die grauen, mehligen Schleier auf der Malschicht – Actinomyceten. Eine andere Kirche, aber das gleiche Erscheinungs- bild. Hier wurde mit einer leimgebundenen Farbe das Mauerwerk getüncht. Wieder sind mehlige Schleier erkennbar, auch hier wurden Actinomyceten nachge- wiesen. Und nur 100 km entfernt das gleiche Bild (nein, in Mecklenburg-Vorpommern sind nicht alle Kirchen rot). Massive Salz- und Feuchteschäden und natürlich Actinomyceten. Bild links: Vermintes Gebiet: Sind die Lebensbedingungen selbst für Actinomyceten zu schlecht, sporulieren sie, das Myzel geht ein. Mit den Sporen produzieren sie gleichzeitig auch Antibiotika – damit das Habitat nicht von anderen Bakterien oder Pilzen besiedelt werden kann. (Klebefilm, Methylenblau, 600-fach) Bild rechts: Pilzmyzel in klein? Actinomyceten machen es den Pilzen nach, sie bilden Pseudomyzele aus, nur viel kleiner. (Klebefilm, Methylenblau, 600fach)
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