web_SuE_March_2017

Mediation Konfliktmanagement im KMU Vertragsklauseln zur Vermeidung gerichtlicher Prozesse in zukünftige und bereits bestehende Verträge einbauen Konflikte rund um den Arbeitsplatz eines Mitarbeiters, Streitigkeiten mit Verbrauchern oder Auseinandersetzungen mit Partnerunternehmen: Die Entwick- lung einer produktiven Konfliktkultur ist nicht nur soziale, sondern auch betriebswirtschaftliche Notwendigkeit, Ihr Unternehmen positiv nach außen zu kommunizieren. Um ein außergerichtliches Verfahren einem ge- richtlichen Verfahren vorzuschalten, gibt es Mediationsklauseln, die in Verträge mitaufge- nommen werden können, die in vielen euro- päischen und internationalen Verträgen längst gebräuchlich sind. Beispiel einer Mediationsklausel: 1. Die Parteien werden versuchen, Streitigkeiten, die bei der Durchführung dieser Vereinbarung entstehen, zunächst durch eigene Verhand- lung innerhalb der ersten 30 Tage zu lösen. 2. Gelingt den Parteien keine einvernehmliche Lösung, wird binnen 60 Tagen nach Auffor- derung zur Aufnahme von Verhandlungen ein Mediationsverfahren durchgeführt. Entspre- chendes gilt, wenn die Verhandlungen nicht binnen 30 Tagen nach Zugang der Aufforde- rung aufgenommen werden. 3. Anstelle eigener Verhandlungen können die Parteien auch unmittelbar eine Mediation durchführen. Die Bereitschaft, eine Media- tion durchzuführen, ist eine Prozessvoraus- setzung. Der Mediator hat die Teilnahme zu bescheinigen. 5. Die Auswahl des Mediators obliegt den Par- teien. Auch entscheiden sie über die Zahl der zu involvierenden Mediatoren und über deren Anforderungen. Können sie sich nicht auf ei- nen Mediator verständigen, wenden sie sich an eine vom OLG anerkannte Gütestelle. 6. Entsteht das Bedürfnis für Eilentscheidungen im Verlauf der Verhandlungen, auf die sich die Parteien nicht verständigen können, dann steht es ihnen nach einer begründeten Infor- mation an die Gegenseite frei, das Gericht an- zurufen. Die Eilbedürftigkeit ist nachzuwei- sen. Sofern eine Mediation bereits anhängig ist, ist sie dem Mediator zuvor mitzuteilen. Hintergrund – – Eine Mediationsklausel erhebt im Regelfall die Durchführung der Mediation zu einer Prozessvoraussetzung. Sie muss bei der Einreichung einer Klage also vorliegen. – – Wird trotz dem Vorliegen einer Klausel kei- ne Mediation durchgeführt, ist die Klage dem Willen der Parteien gemäß als unzu- lässig abzuweisen. – – Das Gericht hat kein Ermessen bei der Auslegung dieser Klausel, allenfalls bei der Frage, ob ein Mediationsverfahren durch- geführt wurde oder nicht. Vorzuschreiben ist allenfalls, dass die Parteien sich zu einem solchen Verfahren verabreden und es versuchen. Kommt das Gericht dann zu dem Ergebnis, dass ein Mediationsver- fahren nicht einmal versucht wurde, dann muss es die Klage als unzulässig abweisen. – – Eine Änderung der bereits bestehenden Verträge hinsichtlich dieser Klausel muss mit dem Vertragspartner einvernehmlich geschehen. Wirtschaftsmediation als vorgerichtliche Instanz nutzen Ablauf/Struktur I. Vorbereitungsphase – – Fallzuweisung/Beauftragung (Intake) – – Informationssammlung und Vorprüfung (Screening) – – Kontaktaufnahme mit den Parteien – ggf. vorbereitendes Treffen mit den (einzelnen) Parteien – – Auftragsklärung – – Mediationsvereinbarung II. Vermittlungsphase – Mediationsgespräch – – Einführung – – Standpunkte/Problemdefinition/Agenda – – Exploration: Konflikterhellung und Inte- ressensklärung – – Entwicklung von Optionen/Verhandlungen – – Problemlösung/Vereinbarung III. Post-Mediations-Phase/Umsetzungsphase – – Auf Wunsch der Parteien Überprüfung der Vereinbarung durch einen neutralen Ju- risten – – ggf. offizielle Anerkennung und Ratifikati- on (z. B. notarielle Beurkundung, Gericht) – – Überprüfung der Einhaltung der Vereinbarung (monitoring) – – Reflexion der Mediatoren (debriefing) – – ggf. follow-up Wirtschaftsmediation unterliegt der Schweige- verpflichtung, die Kosten sind transparent. Das Verfahren kann mit einem verbindlichen Ergeb- nis abgeschlossen werden. Ausbildung von Mediationskompetenz der leitenden Mitarbeiter und Personalverantwortlichen Um einen Konflikt lösen zu können, kommt man professionell nicht um das Konflikt-Eska- lationsmodell nach Friedrich Glasl. Glasl beschreibt insgesamt neun Stufen, die sich in jedem Konflikt identifizieren lassen − sei er persönlich, beruflich oder politisch bedingt. Der Konflikt beginnt mit der Verhärtung der Standpunkte und endet bei der totalen Vernich- tung des Gegners, für die dann auch der eigene Untergang in Kauf genommen wird. Die neun Stufen der Konflikteskalation im Einzelnen: 1. Verstimmung, Verärgerung, Verhärtung: Man ärgert sich, über die Gründe des Är- gers wird jedoch nicht gesprochen. Schuldzuweisungen nehmen zu und Stand- punkte verhärten sich. Besprechungen werden entsprechend schwieriger, die Teamarbeit flutscht nicht mehr. 2. Debatte, Streit, Polemik: Zunehmende Polarisierung und Schwarz- Weiß-Malerei – ein stilles Herunterschlu- cken des Ärgers funktioniert nicht mehr. Die Diskussion ist emotional, Zynismus greift um sich. Scheinlösungen werden ge- funden: Es gibt unorganisierte Ausspra- chen – Sieger sind die, die sich am besten in der Gruppe hervortun. 3. Taten statt Worte: Die Verlierer schmollen und machen ih- ren Gegnern die Arbeit durch Handlungen und das „Schaffen von Fakten“ schwer. Teamsitzungen verlaufen unbefriedigend, weil sich die Haltung breit macht: „Reden bringt nichts mehr!“ Man arbeitet nicht mehr miteinander und setzt sich stattdes- sen gegenseitig unter Druck („Ich erwarte, dass...“). Dienst nach Vorschrift herrscht vor. 4. Koalitionen: Jede Partei sucht sich Verbündete und Sympathisanten, es bilden sich offen Koa- litionen heraus. Man beklagt sich bei Au- ßenstehenden und zieht Dritte, die mit der Sache nichts zu tun haben, mit ins Boot. Jeder nimmt vom Gegner nur noch wahr, was ins Feindbild passt. Die Ursachen des Konflikts treten in den Hintergrund, man will, dass der Gegner verliert. 5. Gesichtsverlust und Demontage: Die Gegner demontieren sich öffentlich, der „Tritt unter die Gürtellinie“ ist dabei Es schreibt für Sie: Wirtschaftsmediatorin Univ. of A. Sciences Monika Hebeisen mediation.mh Büro für Wirtschaftsmediation/ADR Mimbach 27 · 92256 Hahnbach Franz-Hartl-Straße 14 · 93053 Regensburg Telefon: (09664) 953297 E-Mail: info@mediation-mh.de Internet: www.mediation-mh.de Schützen & Erhalten · März 2017 · Seite 33

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