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Schützen & Erhalten · März 2018 · Seite 10 Es schreibt für Sie: Dipl.-Ing. Ekkehard Flohr Fachbereichsleiter Holzschutz An der Hohen Lache 6 · 06846 Dessau Telefon: (0340) 6611884 Telefax: (0340) 6611885 E-Mail: flohr@dhbv.de Fachbereiche Holzschutz Der Echte Hausschwamm und das Alte Testament Gesellschaftspolitische, klimatische und baukonstruktive Aspekte Unter den Holzschutzfachleuten hat es sich mittlerweile herumgesprochen, dass die älteste Gebrauchsanweisung einer Schwammbekämpfung im Alten Testament nachzulesen ist. Immer öfter wird die Fra- ge gestellt, ob dem wirklich so ist. Luther benennt in der deutschen Übersetzung den (angeblichen) Echten Hausschwamm als Aussatzmahl. Was steckt dahinter, was ist wahrscheinlich und kann dieser Zusammenhang überhaupt zweifelsfrei geklärt werden? In den letzten 100 bis 150 Jahren, als man be- gann, sich intensiver wissenschaftlich mit dem Phänomen des Echten Hausschwamms zu be- schäftigen, wurde immer wieder die Analogie zum Alten Testament hergestellt. Bereits 1913 beschreibt Dr. Richard Falk den Echten Haus- schwamm im Konsens mit der biblischen Dia- gnose und begründet ein wiederholtes Auftreten der Erscheinung mit der Zufuhr von Anmach- wasser bei der Mauerwerksinstandsetzung [1]. Dr. Julius Preuss beschreibt in der Biblisch-tal- mudischen Medizin [2] den Häuser – çara‘ath 1 . Hierbei wird diese Anomalie im hebräischen als négà bzw. hann ԑ ga bezeichnet, welches als Sy- nonym für Fraß oder fressende Erscheinung steht. Preuss verweist darauf, dass eine sichere Zuord- nung, um wen es sich wirklich handelt, bisher nicht geglückt ist. Dies deckt sich grundsätzlich auch mit der Interlinear-Übersetzung (Hebrä- isch–Deutsch) von Rita Maria Steuer des Alten Testaments [3]. Überraschenderweise wird hier der Begriff „ ṣᴐ raat n ԑ ga“ als Salpeterfraß (Lev. 14,33) gedeutet. An anderer Stelle bedeuten die hebräischen Wörter „fressender Aussatz“, sodass die Deutung auf Salpeter irreführend ist. Prof. H. A. Koch von der Hautklinik der me- dizinischen Akademie in Erfurt vermutet in [4], dass es sich um Krusten von Pyronema domesti- cum (Großporige Feuerkissen) oder um Tricho- derma bzw. Aspergillus-Arten handelt. Ein Befall durch vorgenannte Ascomyceten wird auch von Dr. T. Huckfeldt in [5] favorisiert. Grund sind ei- nerseits die Farbangaben in Lev. 14,37 und ande- rerseits die günstigen Entwicklungsbedingungen durch die damalige Lehmbauweise. Beschäftigt man sich intensiver mit dem Inhalt vom 3. Buch Mose 2 bzw. Leviticus 3 14, 33–49, unter Einbeziehung der Interlinearübersetzung [3], so stellt man fest, dass rituelle Handlungen durch die Priesterschaft im Vordergrund stehen. Diese dienen in erster Linie der Gesunderhaltung der Bewohner. Den Ano- malien an den Hauswän- den werden nur in einer Form substanzschädi- gende Eigenschaften zu- geordnet. Das hebräische „n ԑ ga“ wird als fressend bezeichnet. Diese „zer- störerische“ bzw. fres- sende Eigenschaft wird in Lev. 14,36 vom Haus- eigentümer erkannt und nicht vom Priester. Hier stellt sich die Frage, ob ein Hauseigentümer, der nur Angst um seine Gesundheit hat, diese Erscheinung als fressend, bezogen auf die Haus- wand, bezeichnen würde. Es müsste also eine substanzschädigende Eigenschaft zu beobach- ten sein. Diese fressende Eigenschaft wird im Folgenden auch vom Priester bestätigt, an wei- teren 9 Stellen erwähnt und bestimmt die Vor- gehensweise bis hin zum Abriss des Gebäudes. Zwischendurch veranlasst der Priester eine erste indirekte Bekämpfung durch Freiräumen des Hauses (Lev. 14,36). Dabei werden vermutlich Mobiliar, Wandbehänge und Fußbodenmatten beseitigt. Erst dann werden die eher zu den As- comyceten passenden Verfärbungen festgestellt. Bei entsprechender Grundfeuchte im Mauerwerk können während der siebentägigen Quarantäne sowohl Ascomyceten als auch der Echte Haus- schwamm weiter gewachsen sein. Spätestens beim Versuch durch Ausbrechen der Steine (Lev. 14,40) und komplettes Abschaben der Innen- wände (Lev. 14, 41) dürfte eine erfolgreiche Be- kämpfung der Ascomyceten eher wahrscheinlicher sein, als dies beim Echten Hausschwamm ist. Um die finale Maßnahme, den Abriss des ganzen Hauses, einzuordnen, muss die Häufig- keit und Wahrscheinlichkeit beider Arten von Pilzbefällen berücksichtigt werden. Die Ascomy- ceten sind mit Sicherheit umfangreicher vertre- ten als der Echte Hausschwamm. Es wird wohl kaum ein Haus gegeben haben, welches nicht Bild 1: Land Kanaan (gelbe Punktlinie) um 1300 v. Chr. als Teil des fruchtbaren Halbmondes (rote Strichlinie) Bild 2: Etwaige Wohn­ hauskonstruktion zu kanaanitischer Zeit Fotos: Ing.-Büro E. Flohr GmbH

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