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Halbquantitative mikroskopische Bewertung von Materialproben Bei Feuchteschäden stellt sich immer wieder die Frage, wie sich schnell, einfach und reproduzierbar Erkenntnisse darüber gewinnen lassen, ob ein Schimmelbefall vorliegt. Kultivierende Verfahren benöti- gen Zeit und liefern zwar exakte Ergeb- nisse über die vorhandenen Gattungen und Arten, können aber nur die zum Zeitpunkt der Untersuchung keimfähige Biomasse abbilden. Durch die Auswahl der Nährbö- den und der Inkubationsbedingungen wird diese Aussage weiter selektiert. Daher stellt sich immer wieder die Frage, wie man kultivierungsunabhängig und schnell die gesamte Biomasse abbilden kann, also auch die letalen Zellen oder die mit eingeschränkter Stoffwechselaktivität, die just zum Zeitpunkt der Untersuchung einfach nicht auskeimen wollen. Warum dann nicht mikroskopieren? Schnelle und eindeutige Ergebnisse einfach zu bewerten. In anderen Branchen Standard, konnten sich mi- kroskopische Techniken bei der Untersuchung von Schimmelschäden nicht flächendeckend durch- setzen und sind die Domäne von Nerds, wie ein dänischer Kollege so trefflich auf der letzten Pilztagung kommentierte. Nun ist es in der Tat so. Um stichhaltige Er- gebnisse für die Bewertung von Materialproben gewinnen zu können, bedarf es geeigneter Mi- kroskopie-Techniken, die weit über ein Standard- Labormikroskop hinausgehen. Das ist aber auch schon die einzige Limitierung. Ja, aber wir haben doch keine normierten Bewertungsgrundlagen, nur die Tabellen 6.2 und 6.3 aus dem Schimmel- leitfaden (1), möchte man nun entgegnen. Auf den ersten Blick mag das so sein, berücksich­ tigt aber nicht, dass in anderen Branchen bereits Standards zur Bewertung von Oberflächen seit Jahren erfolgreich angewendet werden. Mikroskopie-Techniken Mikroskope dienen der Abbildung von Objekten, die kleiner sind, als die Auflösungsgrenze des menschlichen Auges abbilden kann. Dabei ist die Abbildung kleinster Objekte schon lange nicht mehr auf Lichtmikroskope beschränkt, alle Wel- lenlängen oder elektromagnetische Felder jeg- licher Art können als Abbildungsmedium oder Linsen benutzt werden. Auch Gravitation. Daher findet man heutzutage auch Elektronen(strahl) mikroskope, Tunnel- und Kraftmikroskope, Ra- man-Mikroskopie und sogar akustische Mikro- skope. Da wir aber nicht bis auf die atomare Ebene abbilden wollen, sondern nur Sporen zählen und auch keine chemischen Bindungen analysieren müssen, ist die Lichtmikroskopie die Methode der Wahl. Alle Lichtmikroskope sind in ihrem Auf- lösungsvermögen durch die Wellenlänge des Lichts limitiert, zudem beeinflusst auch der Abbildemodus und die Qualität des Präparates (transparent, opak) das entstehende Bild. Hier unterscheiden wir Auflicht- und Durchlichtmi- kroskope. Üblicherweise ist die Auflösung eines optischen Auflichtmikroskops am stärksten be- schränkt und erreicht kaum Vergrößerungen über dem 50fachen. Beim Auflichtmikroskop wird das rückgestreute Licht der angestrahlten Oberflä- che genutzt. Damit sind zwar Schimmelrasen als solche auch identifizierbar, Sporen oder gar Bakterien nicht mehr aufzulösen. Eine deutlich höhere Auflösung erreicht das Durchlichtmikro- skop. Hier werden die das Objekt durchstrah- lenden (transmittierenden) Lichtstrahlen zur Abbildung genutzt, wobei das zu mikroskopie- rende Objekt entweder die Phase oder die Am- plitude des Lichts verändert. So lassen sich dann Vergrößerungen bis zum 1000fachen erreichen und damit auch Bakterien abbilden. Allerdings verliert sich mit der Vergrößerung die Tiefen- schärfe und viele Objekte sind von sich aus hy- alin, also durchscheinend, sodass Färbemetho- den oder spezielle Kontrastverfahren notwendig sind, um auch kleinste biologische Strukturen sichtbar zu machen. Ein Problem ist, dass das zum Nachweis von Mikroorganismen notwendige Auflösungsvermö- gen der Lichtmikroskope an die Transmissions- fähigkeit der Objekte gebunden ist. Geht nix durch, gibt es auch keine Änderung der Ampli- tude oder der Phase. Und damit kein Bild! Put- ze, Tapeten, Holz oder auch EPS-Dämmstoffe wären dann nur direkt mikroskopierbar, wenn sie so transparent sind, dass die Schichtdicke des Objekts nicht wesentlich größer ist als die Schärfentiefe des Mikroskops. Also wenige Mi- krometer. Das Problem könnte man mit Mikro- tomschnitten lösen, allerdings ist das für eine bloße Schimmeluntersuchung viel zu aufwendig. Aber das Problem ist gelöst durch die Er- findung des Tesafilms! Zumindest teilweise. Ein Klebefilm ist in diesem Zusammenhang keine „echte“ Direktmikroskopie, sondern ein Artefakt, das geeignet ist, die Oberflächenstrukturen (hier Befall) nach Entnahme vom Substrat (hier Bau- teil) ortsbezogen abzubilden. Mit vielen Vor- und Nachteilen. Denn der Befall kann nur oberflä- A C B D Bild 1: Mit der Digitalmikroskopie gelingen spektakuläre Aufnahmen bis 2000fache Vergrößerung, die Limitie­ rungen der Auflichtmikroskopie sind aufgehoben. Es kann direkt auf der Probe oder im Querschnitt gearbeitet werden. A – ein Digitalmikroskop mit einem 1000-Objektiv, B – Anstrich mit Chaetomium globosum, C – Cladosporium sp. auf faserverstärktem Kunststoff und D – Wachstum von Aureobasidium pullulans in tiefen Putzschichten unterhalb der Farbfassung Schützen & Erhalten · März 2018 · Seite 23 Fachbereiche Schimmelpilze Es schreibt für Sie: Dr. rer. nat. Constanze Messal Fachbereichsleiterin Schimmelpilze Schutower Ringstraße 6 · Gebäude S29 18069 Rostock Telefon: (0381) 637-28280 Telefax: (0381) 637-28281 E-Mail: messal@dhbv.de Bilder: MICOR Sachverständigenbüro Dr. Messal

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