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Schützen & Erhalten · März 2020 · Seite 38 FACHBEREICHE I SCHIMMELPILZE vorbeugenden Schutzmechanismus dar- stellt, der unabhängig von sozialen oder geschlechtsspezifischen Faktoren auftritt. Kann also jeden treffen. Und scheinbar ist man umso mehr gefährdet, je mehr man sich mit Umweltängsten, tatsächli- chen Belastungen und möglicherweise bereits vorhandenen umweltbeeinflussten Gesundheitswirkungen auseinandersetzt (5, 7). Und ganz zum Schluss sollten wir nicht vergessen, dass es tatsächlich genügend Geruchsstoffe gibt, die in ausreichender Konzentration eine reizende oder toxische Wirkung haben können. Wir müssen daher immer im Hinterkopf behalten, dass es sich auch in den absurdesten Fällen um eine re- ale Schadstoffquelle handeln könnte. Anhand der Beschwerden können wir in den allerwenigsten Fällen ablesen, um welchen Stoff es sich handelt. Eine Erfassung der Geruchsbelästigung ggfs. im Ausschlussverfahren ist notwendig, um Quellen zu identifizieren oder aber auch, um Entwarnung geben zu können. Mögliche Geruchsquellen und ihre Erfassung Geruchsquellen im Innenraum sind zahl- reich: Möbel, Baustoffe, Haushaltsche- mikalien. Natürlich auch versteckte Schimmelschäden, natürliche Geruchs- stoffe aus Holz, Raumtextilien, Kleber usw. Ausströmende Substanzen sind die VOC als Gesamtmenge der flüchtigen organischen Verbindungen. Weiter ausdifferenziert sind darunter zahlreiche Aromaten, Aldehyde, Carbonsäuren, ätherische Öle und viele andere flüchtige Stoffe zu finden (6, 9). Geruchsstoffe, die auch toxikologisch bedenklich sind, werden durch den Ausschuss für Innenraumrichtwerte (AIR) nach dem Richtwert-Konzept be- wertet und nach Vorsorge- (RW I) und Handlungs-Richtwert (RW II) unterteilt. Wird eine Konzentration unterhalb des Richtwert I festgestellt, so geht man davon aus, dass keine gesundheitliche Gefährdung vorliegt. Nun gibt es aber viele Geruchsstoffe, die bereits weit unterhalb des RW I ge- ruchlich wahrnehmbar sind. Um diese Stoffe unterhalb einer möglichen toxiko- logischen Wirkung dennoch bewerten zu können, wurden für diese Geruchsstoffe als Entwurf sog. Geruchsleitwerte einge- führt (1). Auch hier orientiert man sich an einem Geruchsleitwert I (vGLW I). Dieser Wert beschreibt eine Konzentration, ab der der Geruch im Innenraum deutlich wahrgenommen („geruchlich auffällig“) wird und möglicherweise als belästigend empfunden wird. Der Geruchsleitwert II (vGLW II) wird wiederum der Kon- zentration eines Geruchstoffs in der Innenraumluft zugeordnet, bei der dieser als „geruchlich erheblich belästigend“ empfunden wird. Die Werte selbst sind jeweils in Abhängigkeit der Geruchs- schwelle der Geruchsstoffe festgelegt worden und sind somit messtechnisch erfass- und überprüfbar. Messumfang, Vorbereitung der Messung sowie die Messverfahren sind in den einschlägi- gen VDI-Richtlinien und DIN-Normen nachlesbar. Kritisiert wird an den Richtwert- und Geruchsleitwert-Konzepten, dass es sich immer um eine Einzelstoffbewertung handelt. Gerade, wenn z. B. VOCs im Ru- del auftauchen, können kombinatorische Effekte schon bei sehr viel kleineren Do- sen Wirkungen zeigen, die nicht mit der Einzelstoffbewertung zusammengehen. Man muss allerdings den Kommissionen auch zu Gute halten, dass es nahezu un- möglich ist, kombinatorische Wirkungen bei mehr als zwei Substanzen abschätzen zu können. Es wird hier vermutlich immer eine Lücke in der Bewertung geben. Geruchsstoffe, die nicht in das Geruchsleitwert-Konzept eingegangen sind, können alternativ durch AGÖF- Orientierungswerte bewertet werden, indem die Abweichung zu üblichen Hin- tergrundkonzentrationen als Hinweis auf eine Quelle erfasst wird (9). Ob sich dar- aus eine Belästigung ergibt, kann man je- doch nicht aussagen. Wir kennen dieses Prinzip aus der Bewertung mikrobieller Hintergrundwerte – wir unterscheiden an dieser Stelle nur zwischen „normal“ und „zu viel“, wobei wir letzteres als Quelle/ Schaden interpretieren. Nun wird man jedoch nicht immer so- Intensitäts- stufe Verbale Beschreibung der Hauptkategorie Konzentration n-Butanol in Wasser [mg/l] 0 geruchlos 0,25 0,5 0,75 1 sehr schwacher Geruch 1.000 1,25 1,5 2.800 1,75 2 schwacher Geruch 5.000 2,25 2,5 11.000 2,75 3 deutlicher bzw. mittlerer Geruch 25.000 3,25 3,5 50.000 3,75 4 starker Geruch 90.000* 4,25 4,5 4,75 5 sehr starker Geruch – * entspricht einer gesättigten Lösung: Die Löslichkeit von Butanol in Wasser beträgt bei Raumtemperatur etwa 90 g/l (Gestis-Stoffdatenbank 2011) Tabelle 2 (aus 6): Zuweisung einer Geruchsintensität im Vergleich zu Referenzproben, je besser der Geruchssinn trainiert ist, um so differenzierter lässt sich der Geruch benoten.
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