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Schützen & Erhalten · Juni 2017 · Seite 24 Fachbereiche Schimmelpilze Es schreibt für Sie: Dr. rer. nat. Constanze Messal Fachbereichsleiterin Schimmelpilze Neubrandenburger Str. 33 · 18055 Rostock Telefon: (0381) 637-28280 Telefax: (0381) 637-28281 E-Mail: messal@dhbv.de Arsen und Schimmelstäubchen Bei der Begutachtung von Schimmel- schäden wird man nicht nur auf Pilze, Bakterien oder Milben treffen. Mitunter wird der Sachverständige gerufen, weil die Bewohner über unspezifische Symptome klagen, die auf einen Schimmelbefall hindeuten. Doch auch andere Innen- raumschadstoffe führen zu ähnlichen Symptomen, insbesondere bei Kontakt mit Holzschutzmitteln oder PAK (5). Es gibt aber auch sehr exotische Fälle, die sel- ten auftreten, aber dennoch erkannt werden müssen. Einer von diesen Fällen hat sogar das Zeug zum Krimi… Deshalb widmen wir uns heute dem Element Arsen. Arsen und Schimmelstäubchen wollen wir diese Geschichte nennen. Und die begann vor gut 200 Jahren. Dabei geht es um kriminelle Energie, Gewinnsucht, Eifersucht unter Dichtern und natürlich Schimmelpilze. Ein besonderes Farbpigment und seine Geschichte Unsere Geschichte beginnt mit Ignaz Edler von Mitis. Der aus Wien stammende Chemiker expe- rimentierte mit Kupfer und Arsen und entdeckte hierbei um 1805 das sog. Mitisgrün, ein wun- derschönes, lichtechtes grasgrünes Salz. Doch so heißt das Farbpigment heute nicht mehr, wir kennen es unter dem Namen Schweinfurter Grün (1, 5). Nun ahnt vielleicht schon der eine oder andere, wohin die Reise geht. Beim Schweinfurter Grün handelt es sich um ein Kupfer-II-Arsenitacetat mit der chemischen Formel Cu(CH 3 COO) 2  ·3 Cu(AsO 2 ) 2 . Die technische Herstellung und Vermarktung begann um 1805 in Kirchberg am Wechsel in der sehr erfolgreichen Chemiefabrik der Familie von Mitis und so kam es zunächst zu einer Umbenennung von Mitis- grün in Kirchberger Grün. Zum Renner wurde das Schweinfurter Grün erst, als sich der Industrielle Wilhelm Sattler im unterfränkischen Schweinfurt der Sache annahm und somit eine weitere Na- mensänderung erfuhr. Markteinführung war 1816, ab 1822 wurden Tapeten mit Schweinfurter Grün verkauft. Zunächst sah alles nach einer Erfolgs- geschichte aus. Das neue Farbpigment zeichne- te sich durch ein besonders sattes, lichtechtes, beständiges Grün aus. Tapeten, Farben, Gardi- nen, Textilien, sogar Süßigkeiten wurden damit eingefärbt (1, 3, 4). Bereits früh kamen gesundheitliche Beden- ken auf. Menschen wurden krank, verstarben so- gar. Insbesondere, wenn Wohntextilien, Tapeten und Farben mit dem populären Pigment versetzt waren. Das sollen einige durchaus bekannte Per- sönlichkeiten auf unlautere, gar kriminelle Weise ausgenutzt haben (1, 2, 4). So soll Friedrich Schiller immer wieder be- geistert von Tapeten in Schweinfurter Grün ge- sprochen haben. Sehr soll er sich eine Wohnung in Grün gewünscht haben. Erfüllt haben soll ihm diesen Wunsch sein Freund Johann Wolfgang von Goethe, wohlwissend, dass dies tödlich en- den könnte. Er mag wohl eifersüchtig auf den jungen und talentierten Dichter gewesen sein. Schillers Sterbehaus in Weimar soll mit Tapeten in Schweinfurter Grün ausgestattet gewesen sein, einem Krakauer Literaturprofessor soll er erklärt haben, dass dies ein Geschenk vom Goethe ge- wesen wäre. Und kurz danach verstarb Schiller, die Analyse der Tapete ergab Arsenik und der Literaturprofessor mutmaßte, dies wäre wohl die eigentliche Todesursache gewesen. Und weil Arsen noch lange im Körper nachweisbar wäre, dürfe man den Sarg nicht öffnen, damit diese Schandtat für immer im Dunkeln bliebe… Naja, 1959 wurde der Sarg geöffnet und Schillers To- desursache festgestellt – Tuberkulose (4). Auch Napoleon Bonaparte soll ein Opfer ar- senhaltiger Innenraumluft geworden sein, auch hier wurden Tapeten mit Schweinfurter Grün als Ursache vermutet. Widerlegt wurde dies allerdings bei einer Untersuchung von Haarproben im Jah- re 2008. Nachweislich war die Velourstapete in seinem Schlafzimmer auf St. Helena hochgradig mit Arsen angereichert, was aber wohl nicht zu dem als Todesursache festgestellten akuten Ma- gengeschwür geführt haben konnte (1). Doch wie kam es zu den Todesfällen und derart mordlustigen Geschichten? Nicht ganz unschuldig daran ist Wilhelm Sattler, der wohl eine Vorliebe für schöne Gifte hatte, so produ- zierte er auch das giftige Bleiweiß. Mit der Über- nahme des Kirchberger Grün und der Vermark- tung als Schweinfurter Grün ab 1816 verdiente er sich eine goldene Nase. Das Schweinfurter Grün war als exklusive Farbe zunächst nur den Adligen vorbehalten, man gestaltete Ballsäle und Aufenthaltsräume wie in der Wiener Alber- tina mit Anstrichen, Vorhängen und Tapeten. Schnell entwickelte sich daraus ein Massenpro- dukt, insbesondere die Tapeten wurden zum Ver- kaufsschlager (1). Albertina in Wien, die Originaltapeten in Schweinfurter Grün wurden 1829 hergestellt, heute sind giftfreie Duplikate ausgestellt. Foto: ©Albertina, Wien Strukturformel von Schweinfurter Grün

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