web_SuE_ June_2017

Verzögerungskosten erkennen und geltend machen – Teil 2 – Wenn eine Entschädigung für Mehrauf- wendungen aufgrund einer Bauzeitver- längerung geltend gemacht werden soll, so wird als Bezugsgrundlage die Vergü- tungsvereinbarung der Leistungen des Werkvertrages herangezogen. Diese Ver- gütungsvereinbarung bezieht sich letztlich auf eine Verrechnungseinheit wie bspw. die Kosten für eine Quadratmeterleistung. Diese wiederum setzt sich im Regelfall aus einem Aufwand für Material und einem zeitlichen Aufwand zusammen. Leider entspricht es der üblichen Kalkulations- praxis im Handwerk, dass viele Betriebe bei der Angebotspreisfindung weniger auf die eigenen Kosten zurückgreifen können, als auf einen vermeintlichen Marktpreis. Während der Materialeinsatz erfahrungsgemäß noch recht genau geschätzt werden kann, ori- entiert sich der betriebliche Verrechnungssatz an den Rahmenbedingungen wie dem gefühl- ten „Marktpreis“, der aktuellen Auftragslage, dem Auslastungsgrad, der Preissensibilität des jeweiligen Kunden und zuweilen der Attraktivi- tät der auszuführenden Leistungen. Gelegent- lich bilden auch Herstellervorgaben das Funda- ment der betrieblichen Kalkulation. Alle diese Vorgehensweisen führen dazu, dass sich eine im Krisenfall (spätestens bei Streit vor Gericht) nachvollziehbare Kostengröße nur schwer dar- legen lässt. Eine differenzierte Darstellung der Zusammensetzung des betrieblichen Verrech- nungssatzes ist aber im geforderten Darlegungs- fall zwingende Voraussetzung für die Durchset- zung des Entschädigungsanspruchs. So bein- haltet der betriebliche Verrechnungssatz neben der Basisgröße Stundenlohn einen Zuschlag für die Gemeinkosten und einen Gewinnaufschlag. Der Zuschlag für Gemeinkosten selbst unterteilt sich in die Gemeinkostenanteile für die lohn- gebundenen Gemeinkosten (Sozialversicherung AG-Anteil, Beiträge zu den Versorgungskassen, Urlaubskosten etc.), den leistungsbedingten Gemeinkosten (anteilige Kosten für Hilfs- und Betriebsstoffe, Betriebskosten des Fuhrparks, geringwertige Wirtschaftsgüter etc.) und einem Anteil für fixe Gemeinkosten (unproduktive Ge- hälter, Miete, Versicherungen etc.). Eine solche Aufteilung ermöglicht es eine nachvollziehbarere Argumentationskette hinsichtlich der jeweilig entstandenen Entschädigungskosten aufzubauen. Und diese Argumentationskette kann je nach Situation unterschiedlich aufgebaut und begründet sein. So entstehen bspw. bei einer Bauzeiten- verzögerung, die beim Betrieb zu einer „Leer- laufzeit“ führt, andere Kosten, als wenn über- gangslos auf einen anderen Auftrag ausgewichen werden könnte. Beispiel: „Leerlaufzeit“ Die Arbeiten müssen unterbrochen werden, der Grund liegt im Verantwortungsbereich des Auf- traggebers. Der Auftrag wurde vom Auftragneh- mer im Vorfeld terminlich in die Planung ein- getaktet. Ein Alternativauftrag für die Zeit der Unterbrechung kann nicht ausgeführt werden. Die betroffenen Baustellenmitarbeiter bleiben für die Unterbrechungszeit zuhause und arbeiten vorher angearbeitete Gutstunden ab, bzw. bau- en Minusstunden auf (entsprechend der jeweilig zutreffenden tariflichen Regelungen). Welche Kosten könnten generell Eingang in die Berechnung des „Schadens“ finden? – – Kosten für evtl. erforderliche zusätzliche Abräumung und neuerliche Baustellenein- richtung. – – Evtl. Materialkosten, wenn diese haltbar- keits- oder fertigungsbedingt nicht zu einem späteren Zeitpunkt weiter verwen- det werden können und dann neu bestellt werden müssen. Dann wären hier auch evtl. in der Zwischenzeit erfolgte Material- preiserhöhungen zu berücksichtigen, evtl. auch Entsorgungskosten. – – Die Kosten für die Lohnzahlungen der Gut- stunden, der darauf anfallenden lohnge- bundenen Gemeinkosten, der anteiligen fixen Gemeinkosten und evtl. Gewinnauf- schlag. Nicht zu berücksichtigen wäre der im Kosten- satz enthaltene Kostenanteil für die „leistungs- bedingten“ Gemeinkosten, da diese bei einer „Nichtarbeit“ dem Betrieb auch nicht anfallen würden und somit auch keinen ersatzwürdigen Schaden darstellt. Welche Argumente wären für die einzelnen Kostenanteile anzubringen? Betriebswirtschaft Es schreibt für Sie Diplom-Betriebswirt Wolfgang Krauß Seit über 25 Jahren in der betriebswirtschaftlichen Beratung von Handwerks­ betrieben tätig Kolbing 35 · 83556 Griesstätt Telefon: (08039) 9097220 Mobil: (0172) 7499102 E-Mail: wolfgangkrauss-beratung@t-online.de Internet: www.beratungfuershandwerk.de www.die-erfolgswerker.de Es schreibt für Sie RA Andreas Becker Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Nienburger Str. 14a 30167 Hannover Telefon: (0511) 1231370 Fax: (0511) 12313720 E-Mail: info@becker-baurecht.de Internet: www.becker-baurecht.de   Bauchemische Produkte „Abdichtungen und Beschichtungen für Innen- u. Außenbereiche“  05601/93430   Schützen & Erhalten · Juni 2017 · Seite 29

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