web_SuE_ June_2017

Die Macht des gesprochenen Wortes ... ...wo ist sie geblieben in Zeiten inflatio- närer Twitter-, WhatsApp- und Facebook- Simserei ? Beobachtet man an einem normalen Arbeitstags- morgen die jüngere Generation auf dem Weg zur Arbeitsstelle oder Schule an Bushaltestellen, auf S-Bahnsitzen oder an roten Fußgängerampeln, erweckt es zunächst den Anschein, als ob un- tereinander jede zwischenmenschliche Kommu- nikation zum Erliegen gekommen ist. Aber weit gefehlt. Bei der Geschwindigkeit, mit der die Daumen sinnentleerte Worthülsen wie „Ey Alder, geh wo Du wohnst“ in die Smartphonetastaturen hämmern, drängt sich der Verdacht auf, dass ein nicht unerheblicher Teil Gehirnmasse vom Kopf in die Handbereiche abgeflossen sein muss. Aber nicht nur die Jüngeren haben es ver- lernt ein gepflegtes Gespräch zu führen, auch mancher Schmalspurlinguist aus Politik und Wirt- schaft umschnörkelt seine Zuhörer nur noch mit abgedroschenen Fremdwort-Phrasen wie „Lass uns die Hard-Skills des Newbies bei einem Stop-Over am Airport checken“. Von überbezahlten BWL- Yuppis werden im Schriftdeutsch auch gerne Sätze wie „Erwarte Ihren Response zeitnah bis EOB“ abgesondert. Da dauert die Übersetzungs- arbeit länger als die eigentliche Aufgabe. Für alle Nicht-Harvard-Absolventen: „Response“ ist Businessgeschwurbel für „Antwort“ und „EOB“ heißt „End of Businessday“ - also Feierabend. Wie wohltuend verständlich waren dagegen doch die Wortgeburten aus den Mündern der in verbalen Lagerkämpfen geschulten Vollblutpo- litikern Wehner und Strauß, die so denkwürdige Sätze prägten wie: „Das war schon Quatsch vor der Wahl und ist jetzt noch quätscher“ oder „Lieber Gott hilf mir bitte mein Maul zu halten, wenigstens solange, bis ich weiß, wovon ich rede“. In Zeiten, in denen legendäre Sätze wie: „Ich bin ein Berliner“ noch nicht als Werbung für marmeladen- gefülltes Fettgebäck missdeutet wur- den, hätte ein Wahlkampfkonzept, das im Wesentlichen aus der Überschrift: „Ich schäme mich nicht dafür, dass ich aus Würselen komme“ wahrschein- lich nicht ausgereicht, einen bärtigen Brillenträger mit Bauchansatz jesus- gleich zu verehren. Aber, das darf nicht verkannt werden, Sprache ist permanent im Umbruch. Verlieren altgediente Wörter wie „Bandsalat“, „Amtsschimmel“ oder „Prilblume“ Sinn und Zweck, muss man seinen schlappen Synapsen die Sporen geben, um sich solch neudeutsche Begriffe wie „Herdprämie“, „Bad Bank“ und „Hybridauto“ zu verinnerlichen. Lasst uns also die Gabe der verbalen Kom- munikation nutzen, um zusammen zu sitzen am Kaffee- oder Stammtisch, am Lager- oder Kamin- feuer, im Wohn- oder Esszimmer, in Bad oder WC und versuchen mit Bekanntschaften, Freun- den und Kollegen sinnstiftende, verständliche und befriedigende Gespräche zu führen. Funktioniert übrigens unter günstigen Randbedingungen auch mit Ehefrauen und eige- nen Kindern! In diesem Sinne – der Worte sind genug gewechselt – Ihr Ralf Hunstock Glosse Editorial „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“ 10 Jahre Ausbildungsberuf Holz- und Bautenschützer Vor zehn Jahren, am 01. August 2007, trat die Ausbildungsverordnung Holz- und Bautenschutz in Kraft – damals der Höhepunkt in der Verbandsgeschichte, ein Meilenstein für den Beruf und die Basis für den Weg zum eigentlichen Ziel, den Meister. Was ist nun aus dem Zauber des Anfangs, wie ihn Hermann Hesse in seinem Gedicht „Stufen“ so brillant beschreibt, geworden? Haben sich die Hoffnungen erfüllt, sich die Mühen gelohnt, hat dieser neue Ausbildungsberuf den hohen Einsatz an – wie es so schönt heißt – Manpower, Kapital und Idealismus gerechtfertigt? Zunächst war alles neu – und zwar für alle. Es gab weder Berufsschullehrer noch überbetriebliche Ausbildungszentren, die mit den Tätigkeitsfeldern des Holz- und Bautenschutzes vertraut waren. Es gab weder Lehrbücher noch anderweitige Un- terrichtsmaterialien auf Schülerniveau. Die Ein- richtung von Prüfungsausschüssen war noch die kleinste Herausforderung. Größer war da schon die Aufgabe, Betriebe zu gewinnen, die bereit waren, sich auf das Abenteuer Ausbildung ohne jegliche Erfahrungswerte einzulassen. Doch im Gegensatz zu heute war der Zeitpunkt überaus günstig. Man mag es kaum glauben, aber vor 10 Jahren gab es tatsächlich noch mehr junge Menschen, die einen Ausbildungsplatz im Handwerk suchten, als das Handwerk an Lehrstellen anzubieten hatte. Darin lag eine Chance gerade für neue Berufe, zumal der Ausbildereignungsschein als Grundlage einer Ausbildungsberechtigung zeitlich ausgesetzt war, auch hier mit dem Ziel das Angebot an Ausbil- dungsplätzen deutlich zu erhöhen. Es begann zunächst mit drei Standorten: Berlin, Friedberg/Nidda und Weimar. Ein Jahr später folgte Krefeld. An diesen vier Standorten haben bis heute ca. 600 Holz- und Bautenschüt- zer ihre Ausbildung begonnen. Ungefähr 70% eines Jahrganges schließen ihre Lehre nach 3 Jahren mit dem Gesellenbrief Holz- und Bau- tenschützer ab. 15% begnügen sich mit dem Abschluss Fachkraft und verlassen bereits nach zwei Jahren die Berufsschule, weitere 15% bre- chen ihre Lehre vorzeitig ab. Legt man diese Zahlen zugrunde, so sind gewiss nicht alle Erwartungen erfüllt. Die An- strengungen seitens der Ausbildungsstätten und des Verbandes hätten eine größere Erfolgsquote zweifellos verdient gehabt. Und auch jetzt, nach 10 Jahren des Aufbaus und des Erfahrungen-Sam- melns, wird es nicht leichter werden die Ausbil- dungszahlen zu erreichen, die der Beruf an qua- lifizierten Nachwuchs so dringend benötigt. In den Schulen unterrichten junge engagierte und gut ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer, die Ausbildungszentren sind bestens ausgerüstet, ihre Ausbilder hochkompetent und hinsichtlich Aufstiegschancen, für viele Jugendliche eines der wichtigsten Berufswahlkriterien, bietet der Holz- und Bautenschutz vom Gesellen zum Meis­ ter bis hin zum Bachelor und Master Perspekti- ven wie nur wenige andere Berufe. Doch warum soll es dem Holz- und Bauten- schutz besser gehen als dem Handwerk im All- gemeinen? Da ist es dann auch wenig verwun- derlich, dass passend zum Jubiläum der Standort Weimar mangels Nachfrage den Unterricht bis auf weiteres eingestellt hat. Das ist schmerzlich, zeigt aber wie wichtig es ist, den Fokus noch deutlicher auf die Wünsche der Betriebe und vor allem auf die Bedürfnisse der zu erreichenden Jugendlichen zu richten. Beispielsweise, dass die Ausbildungszentren dort sind, wo Angebot und Nachfrage dies rechtfertigen. So bietet der neue Standort im Norden, Rendsburg/Ahrens- bök, allen, für die regionale Nähe zum Heimatort und eine optimale Unterbringung während der Schulzeit ein wichtiges Auswahlkriterium sind, eine attraktive Alternative zum bisher fernen Schulstandort Berlin. Es bleibt noch viel zu tun, denn auch nach 10 Jahren sind wir immer noch am Anfang. Doch wie heißt es an anderer Stelle im Gedicht des Nobelpreisträgers: „Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise, mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.“ In diesem Sinne Ihr Friedrich Remes

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