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Schützen & Erhalten · Juni 2017 · Seite 78 Die Ex-Press Berufsinformation des DSV e.V. | Branchenthema Neue Gefahrstoffverordnung ändert sich in entscheidenden Details Am 05. April 2017 wurde die Gefahr- stoffverordnung das letzte Mal geändert. Zuvor waren bereits im November 2016 einige Änderungen eingearbeitet worden. Die Branche hat lange darauf gewartet, da doch Änderungen unserer Haus(ver) ordnung befürchtet wurden. Mehr als anderthalb Jahre hat das Ministerium von Frau Nahles benötigt, um die seit Sommer 2015 fälligen Einstufungs- und Kennzeich- nungsänderungen aus der Europäischen CLP-Verordnung einzupflegen. Die Branche hatte auf mehr gewartet. Zumindest so lange der Anhang I Nr. 3, das Kernstück für unseren Beruf, nicht angetastet wird, konnte es sich in unseren Augen nicht ver- schlechtern. Lediglich die Formulierungen der ehemaligen R und S-Sätzen waren nun gegen H und P-Sätzen ausgetauscht worden. So die weit verbreitete Annahme. Der neu formulierte Anhang I Nr. 3 hat es in sich Wenn man sich die Änderungen aber im Detail ansieht, dann heißt es dort ganz zu Anfang nun im Geltungsbereich „… für die Schädlingsbekämpfung mit als akut toxisch Kategorie 1 bis 4 oder spezifisch zielorgantoxisch Kategorie 1 oder 2 eingestuften Stoffen und Gemischen…“ An dieser Stelle von akut toxischen Substan- zen zu lesen, verwundert nicht. Vorher waren dort die giftigen und sehr giftigen Substanzen aufgeführt. Aber die zielorgantoxische Kategorie müssen wir uns genauer anschauen. Was verbirgt sich dahinter und welche Stoffe sind gemeint? Zunächst, das ist leider durch die globa- le Harmonisierung so, werden in der Literatur Abkürzungen verwendet, die sich aus dem Eng- lischen ableiten. So heißen die zielorganto- xischen Stoffe in den Gefahrenklassen 3.8 und 3.9 dort STOT (specific target organ toxicity) und werden unterschieden in Einmalaufnahme (SE) und wiederholte Aufnahme (RE). In die Kategorie STOT RE 1 (schädigt Ziel- organe bei wiederholter Aufnahme) und STOT RE 2 (kann Zielorgane bei wiederholter Aufnah- me schädigen) fallen die meisten unserer anti- koagulanten Rodentizide. Denn von fast allen Antikoagulantien werden die Grenzwerte über- schritten. Welcher der Wirkstoffe ein STOT ist, erkennt man im Sicherheitsdatenblatt etwa am H-Satz 372 bzw. 373 Die Branche muss aufrüsten – möglichst bald Wenn wir uns die die Tabelle ansehen, wird deutlich, dass bei Umsetzung der derzeitigen Rechtslage nur noch Schädlingsbekämpfer oder als gleichwertig anerkannte Ausbildungen, also mindestens Personen mit der Sachkunde G+V, Ro- dentizide mit den in der Tabelle gelb markierten Wirkstoffen arbeiten dürfen. Es gelten allerdings die üblichen Abverkaufs- und Verwendungsfristen der Altbestände. Ob Sie für ein Produkt die aus- reichende Sachkunde besitzen, erkennen Sie an den H-Sätzen im aktuellen Sicherheitsdatenblatt. Unterm Strich ist das natürlich eine gewünsch- te Entwicklung. Schade nur, dass das BMAS es wieder mal versäumt hat, im Vorfeld Experten der Branche anzuhören, die unseren Beruf ver- stehen und denen eine Berücksichtigung auch der kleinen Betriebe am Herzen liegt. Bereits auf den Münchener Gefahrguttagen im Herbst 2015 hatten wir das BMAS darum gebeten, den Refe- rentenentwurf rechtzeitig offenzulegen und an die Verbände zu verteilen. Es sind nun alle ge- fordert, entweder auf die beiden Wirkstoffe der ersten Generation zurückzugreifen, oder Mitar- beiter die nur einen Tageslehrgang besucht ha- ben, schnellstens auszubilden. Zukünftig wird es schwerer mit Aushilfen zu arbeiten Grundsätzlich begrüßen wir die Entwicklung zu mehr Qualifikation bei beruflichen Anwendern von Bioziden. Hausmeister und andere die unsere Dienstleistung „nebenbei“ mit anbieten haben es nun schwerer. Aber auch unsere Betriebe wer- den Schwierigkeiten haben, in Spitzenzeiten auf Aushilfen oder rasch angelernte Kräfte zurückzu- greifen. Die Königsdisziplin der Nagerbekämp- fung bleibt diesen Kräften verwehrt, zumindest mit Antikoagulantien der zweiten Generation. Lachende Dritte sind momentan die Betriebe, die schon immer auf eine fundierte Ausbildung der Mitarbeiter gesetzt haben. Tabelle der nach GefStoffv eingestuften Wirkstoffe (gelb) Wirkstoff Nach Aufnahme RL (ppm) Sachkunde nach GefStoffV erforderlich STOT RE ½ Grenze (ppm) Warfarin 790 ja 499 Chlorphacinon 50 nein, TvW ausreichend 99 Coumatetralyl 375 nein, TvW ausreichend 999 Bromadiolon 50 ja 4 Difenacoum 75 ja 19 Brodifacoum 50 ja 19 Flocoumafen 50 ja 49 Difethialon 25 ja 19 TvW: Töten von Wirbeltieren Sachkunde, Tageslehrgang zzgl. betriebl. RMM Unterweisung Das Ministerium von Frau Nahles hat lange gezögert, die GefStoffV zu überarbeiten. Sicher ist, es ist noch nicht die letzte Änderung. Zielorgane, die durch als STOT eingestufte Substanzen geschädigt werden können, sind z.B. Leber, Nieren, aber auch das Rückenmark oder das Gehirn Quelle: Gerd Altmann Quelle: BMAS/Werner Schuering

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