Web_S&E_2_2018_ub

Schützen & Erhalten · Juni 2018 · Seite 11 Fachbereiche i Holzschutz Wie geht es weiter mit dem chemischen Holzschutz? − Teil 1 − S eit 1998 wird die Qualität der in Europa zur Verfügung stehenden Holzschutzmittel von den Bioziden bestimmt, die von den Wirkstoffher- stellern für den Produkttyp 8 (Holz- schutzmittel) gemäß BPD (2012 ersetzt durch die BPR) unterstützt werden. Die Einführung der BPD wurde be- gleitet von Vortragsveranstaltungen und Symposien der Umwelt- und Gesundheitsbehörden, in denen das neue Regelwerk vorgestellt wurde und unisono ein „Innovationsschub durch die Notifizierung neuer Wirkstoffe“ vorhergesagt. Was danach geschah, legt nahe, dass diese Prognosen eher Wunschdenken waren und keine rea- listische Industrie-Folgenabschätzung darstellten. In den letzten 20 Jahren wurden zwei neue Fungizide von den Wirkstoffherstellern für den Holzschutz angemeldet; bei einem wurde das Anmeldeverfahren vorzeitig beendet und das zweite befindet sich noch in der Zulassung. Alle anderen Biozide repräsentieren den Stand der Technik, den die Holzschutzmittelhersteller in Kooperation mit mehreren Wirkstoff- herstellern in Eigenleistung bis 1998 erarbeitet hatten. Mit der Einführung der BPD wurde die Einflussnahme for- schender Holzschutzmittelhersteller auf die Auswahl geeigneter Biozide unterbunden und vollständig den Wirk- stoffherstellern überlassen. Derzeit existieren insgesamt 45 Wirk- stoffe für die Verwendung in Holzschutz- mitteln, von denen jedoch keiner für die Anwendung in Salzwasserkontakt gelistet ist. Damit ist der Schutz von Holz gegen holzzerstörende Pilze und die Schiffs- bohrmuschel (Teredo navalis) im mari- nen Bereich seit 20 Jahren eine europa- weite Lückenindikation. Für alle anderen Anwendungsbereiche reduziert sich die Zahl der Wirkstoffe auf maximal 3 Insek- tizide und maximal 9 Fungizide, die noch mit vertretbarem wirtschaftlichen Risiko für die Entwicklung „neuer“ Produkte in Frage kommen. Von Produkt-Innovationen kann im chemischen Holzschutz aber nicht mehr gesprochen werden, da fast alle Wirk- stoffe und deren Kombinationen seit über 35 Jahren eingesetzt werden und ihre Eigenschaften bestens bekannt sind. Im Rahmen der gesetzlichen Rege- lungen, die nach der BPD in Kraft getre- ten sind (europäisches Chemikaliengesetz: REACH (2007) und CLP (2015)), wurden alle Chemikalien generell neu bewertet. Diese Neubewertung führte bei einigen der Holzschutz-Wirkstoffe schon vor Ab- lauf ihrer BPD/BPR-Zulassungen zu zu- sätzlichen Abgabe- und Verwendungsbe- schränkungen. Als Konsequenz aus den neuen Restriktionen besteht die Möglich- keit, dass mittelfristig für den Heimwer- kerbereich nur noch Produkte mit deutlich eingeschränkter Schutzdauer zur Verfü- gung stehen, ähnliches könnte sich auch auf den handwerklichen Bereich auswei- ten. Lediglich für die Sanierungsprodukte (Insektenbekämpfung, Schwammsperr- mittel) und den industriellen Holzschutz (Kesseldruck, Trogtränkung) sind derzeit keine Lückenindikationen oder Quali- tätseinschränkungen erkennbar. 1. Einleitung Der Schutz von Holz wird seit mehreren Tausend Jahren betrieben, um die Ge- brauchsdauer hochwertiger Konstruktio­ nen und Bauteile aus diesem Material zu verlängern. Über lange Zeiträume stand nur der Schutzgedanke im Vordergrund und wurde dort praktiziert, wo es für er- forderlich gehalten wurde. Diese Sicht- weise änderte sich ab 1936, als eine Erhebung des Verbandes öffentlicher Feuerversicherungen [1] die volkswirt- schaftliche Bedeutung der Gebäudeschä- den aufzeigte, die im Deutschen Reich durch flächendeckenden Hausbockkäfer- Befall entstanden waren. Zur Begrenzung der volkswirtschaftlichen Schäden wur- de 1944 die Zulassungspflicht über den Prüfungsausschuss für Holzschutzmittel der deutschen Forstwirtschaft (Hamburg) eingeführt [2]. Nach dem 2. Weltkrieg ermöglichte der chemische Holzschutz die Verwen- dung der preiswert verfügbaren einheimi- schen Hölzer in der Wiederaufbauphase Deutschlands und die Kupfer/Chrom-Salze sicherten die Dauerhaftigkeit der Holzkon- struktionen. Im handwerklichen Bereich kamen die ersten lösungsmittelbasierten Holzschutzmittel auf, in denen die Wirk- stoffgruppe der chlororganischen Biozide mehr als 25 Jahre dominierte. Toxikolo- gische und ökotoxikologische Probleme führten ab Ende der 1970er-Jahre zu ih- rer Ablösung, die in enger Kooperation zwischen forschenden Holzschutzmittel- herstellern und Biozid-Lieferanten mit ho- her Dringlichkeit vorangetrieben wurde. Ausgehend von diesen Erfahrungen wurde parallel zur Ablösung der chloror- ganischen Biozide eine toxikologische und ökotoxikologische Bewertung von Holz- schutzmitteln durch die entsprechenden Behörden im RAL- und DIBt-Zulassungs- verfahren etabliert und ab 1998 in ein europaweit vereinheitlichtes Bewertungs- verfahren durch die Biozid-Produkte-Re- gelungen [6] [7] überführt. Die Auswirkungen der Biozid-Pro- dukte-Regelungen [6] [7] und des neuen europäischen Chemikalienrechts auf die Abgabe, Verwendung und Verarbeitung von Holzschutzmitteln sind erheblich und Es schreibt für Sie: Dr. Michael Pallaske Kurt Obermeier GmbH & Co. KG Berghäuser Straße 70 57319 Bad Berleburg-Raumland Telefon: 0 27 51 / 524-203 Telefax : 0 27 51 / 222-203 E-Mail: dr.pallaske@obermeier.de

RkJQdWJsaXNoZXIy OTg3NzQ=