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Schützen & Erhalten · Juni 2018 · Seite 14 Fachbereiche i Holzschutz Die Wirkstoffgruppe der chlororganischen Biozide dominierte mehr als 25 Jahre den Holzschutzmittelmarkt. Das Ende der chlororganischen Verbin- dungen begann in den siebziger Jahren mit der Feststellung, dass viele Vertreter dieser Substanzgruppe extrem lipophil sind und daher stark zur Bioakkumulation neigen. In weiteren Studien ergab sich bei einigen Vertretern dieser Biozide zusätzlich der Verdacht auf kanzerogene Eigenschaf- ten, sodass seit ca. 1984 in Deutschland die chlororganischen Wirkstoffe aus den Holzschutzmitteln verschwunden sind (siehe Abb. 1). Mit dem Bekanntwerden der toxiko- logischen und ökotoxikologischen Pro- bleme der chlororganischen Fungizide wurde deren Ablösung konsequent vo- rangetrieben und führte zur Einführung von Wirkstoffen, die keine Gasphase mehr hatten, sich in der Nahrungskette nicht mehr anreicherten und über selektivere Wirkungsmechanismen verfügten. Nach- dem sich bei den hochwirksamen zinnor- ganischen Verbindungen erste Hinweise auf ökotoxikologische Probleme erga- ben, wurden diese durch das Xyligen Al und Furmecyclox ersetzt. Während dieser Übergangsphase wurden zwei Triazolfun- gizide (Tebuconazole und Propiconazole) als hinreichend langzeitstabil erkannt und setzten sich im Folgenden als Hauptfun- gizide in Holzschutzmittelformulierungen jeglicher Art durch. Ähnlich konsequent erfolgte die Ab- lösung der chlororganischen Insektizide für Holzschutzmittel. Hier zeigten sich be- reits Mitte der 1970er die synthetischen Pyrethroide als geeignete Ersatzkandi- daten und wurden ab Beginn der 1980er Jahre bis heute erfolgreich im Holzschutz eingesetzt. 3. Auswirkung der europäischen Biozid- und Chemikalien- Gesetzgebung Um im weltweiten Warenverkehr eine global vereinheitlichte Transportkenn- zeichnung für Chemikalien und Zuberei- tungen sicherzustellen, wurde 2002 von den Vereinten Nationen (UNECE) das GHS (Globally Harmonized System of Classifica- tion, Labelling and Packaging of Chemi- cals) [3] verabschiedet. Zeitgleich wurden alle Länder aufgerufen, dieses GHS in ihr nationales Recht zu übernehmen. Die Eu- ropäische Union setzte daraufhin 2008 die CLP-Verordnung (Classification, Labelling and Packaging) [4] in Kraft, die eine leicht modifizierte Variante des GHS darstellt. Im Vorfeld der CLP-Verordnung sorgte die EU bereits 2006 für ein europaweit einheit- liches System zur Chemikalien-Bewertung (REACH-Verordnung [5]), über das die Da- tengrundlage für die GHS-Einstufung ge- schaffen wurde. Das Zusammenwirken von CLP und REACH ist in Abbildung 2 schematisch zusammengefasst. 3.1 Auswirkung der Biozid- Produkte-Direktive und des Biozid-Produkte-Gesetzes Mit dem Inkrafttreten der Biozid-Pro- dukte-Direktive (BPD [6]) wurde 1998 auf europäischer Ebene ein einheitliches Regelwerk für die Zulassung von biozid- haltigen Schutzmitteln erlassen. In einem Stufenplan wurden zunächst die Wirk- stoffe aller auf dem Markt befindlicher, biozidhaltiger Produkte erfasst (Identifika- tion). Im zweiten Schritt wurden die Bio- zid-Hersteller angehalten, ihre Wirkstoffe für den gewünschten Anwendungsbereich (Desinfektion, Schädlingsbekämpfung, Holzschutz usw.) anzumelden, mit dem geforderten Datenpaket im Zulassungs- verfahren zu unterstützen (Notifikation) und dieses abzuschließen. Nach der er- folgreichen Bewertung des jeweiligen Wirkstoffes wurde dieser als für den je- weiligen Anwendungsbereich einsetzbares Biozid im Anhang 1 der BPD veröffentlicht. Mit der Aufnahme in den Anhang 1 en- deten die Pflichten der Biozid-Hersteller und es begann die Zulassungspflicht für die Schutzmittel-Hersteller für alle Zube- reitungen, die diesen Wirkstoff enthalten. Spätestens zu diesem Zeitpunkt stellte sich heraus, dass die Zulassungsbehörden zum Großteil nur unzureichend oder gar nicht auf die Produktzulassung vorberei- tet waren. In den verschiedenen Mitglied- staaten wurden bei der Produktbewertung unterschiedliche Bewertungsmodelle und -kriterien verwendet; für einige Produktei- genschaften fehlten diese ganz. So wur- de z. B. bei der Bewertung der Wirkstoff- Auswaschung aus behandeltem Holz mit extrapolierenden Modellen gerechnet, die zu mehr ausgewaschenem Wirkstoff führten als jemals ins Holz eingebracht wurde. Es bedurfte mehrjähriger Über- zeugungsarbeit bei den Behörden, nicht die fehlerhaft extrapolierte, sondern die tatsächlich vorhandene Wirkstoffmen- ge als „worst-case“-Szenarium bei der Bewertung des Umweltverhaltes eines Schutzmittels heranzuziehen. Diese Unterschiede bei den Bewer- tungsmodellen und -kriterien in den ver- schiedenen Mitgliedstaaten drohten das gesamte Projekt BPD scheitern zu lassen, bis die EU-Kommission 2012 die Biozid- Produkte-Direktive durch das europäische Biozid-Produkte-Gesetz (BPR [7]) ersetzte. Mit diesem Gesetz wurden alle Mitglied- staaten gezwungen, die Produktbewer- tung auf der Grundlage einheitlicher Kri- terien vorzunehmen und nationale Allein- gänge waren nicht mehr möglich. Mit der Einführung der BPR wurden (und werden) auch einige sachliche Fehler beseitigt und Abbildung 2: Zusammenwirken von CLP und REACH bei der Bewertung einer Zubereitung

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