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Schützen & Erhalten · Juni 2018 · Seite 28 dringend unaufschiebbaren Anordnungen gelten soll (drohender Stillstand) oder was in der Einigungsphase passieren soll. Hier stellt sich bereits die Frage, ob weiter ge- baut werden darf oder nicht. Die Regelung dürfte auch hinsichtlich etwaiger Bauzeitänderungen problema- tisch sein. Für die Praxis empfiehlt es sich daher dringend, Regelungen in den Vertrag auf- zunehmen, um diese Unwägbarkeiten zu klären. 2. Vergütungsanpassung Für den Fall, dass den Unternehmer eine Anordnung nach § 650 b BGB trifft, kann dieser nunmehr eine Vergütungsanpas- sung verlangen, vgl. § 650 c BGB. Es können hierbei die tatsächlich erfor- derlichen Kosten verlangt werden. Hierzu vergleicht man die Kosten bei unveränderter Leistung (hypothetisch) mit den Kosten der geänderten Leistung (tatsächlich). Diese Differenz zzgl. eines angemessenen Zuschlages stellt eine an- gemessene Mehrvergütung da. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Vergütungsanspruch nach § 650 b BGB entfällt, wenn die Planungspflicht beim Unternehmer liegt. § 650 c BGB enthält hierbei die sog. 80-%-Regelung. Der Unternehmer kann nämlich wäh- len, ob er einen hundertprozentigen Ab- schlag nach § 632 a BGB verlangt oder einen achtzigprozentigen Abschlag nach § 650 c Abs. 3 BGB. Rückforderungs- und Nachforde- rungsmöglichkeiten entstehen erst mit der Schlussrechnung. Für die Praxis ist die 80 %-Regelung empfehlenswert, da diese einfacher an- zuwenden ist. Es genügt hierbei nach § 650 b BGB lediglich die Vorlage eines Angebotes, wobei ein „leicht“ erhöhtes Angebot kalkulatorisch zu einer Hundert- prozentlösung führt. Hierbei sollte jedoch beachtet werden, dass eine Verzinsungspflicht im Falle der Rückerstattung besteht. 3. Einstweilige Verfügung Um die oben aufgeführten Regelungen schnell durchzusetzen, hat der Gesetzge- ber in § 650 d BGB die Möglichkeit der Erwirkung einer einstweiligen Verfügung eingeführt. Dieses gilt ab Beginn der Bauausfüh- rung, nicht vorher. Bei dem Erstreiten einer einstweiligen Verfügung sollte immer beachtet werden, dass eine Schadensersatzpflicht besteht, wenn eine einstweilige Verfügung un- berechtigt ergangen ist oder aufgeho- ben wurde. Dieses passiert immer dann, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen für die Ver- gütung oder die Anordnung, die durch- gesetzt werden sollen, nicht gegeben sind, beispielsweise, wenn ein Plan nicht vorgelegt wird oder die Anordnung nicht erforderlich war. Zur Durchführung dieser Prozesse wer- den Spezialkammern bei den Gerichten eingeführt und zwar streitwertunabhän- gig bei den Landgerichten, an denen An- waltspflicht besteht. 4. Zustandsfeststellung In § 650 g BGB wurde nunmehr die Zu- standsfeststellung neu eingeführt. Diese soll einen Ausgleich bieten für die neue und einfache Möglichkeit, eine Abnahme unter Angabe eines Mangels zu verweigern. Ein Mangel gilt als bei den Zustands- feststellungen nicht vorhanden, wenn er nicht dokumentiert wurde oder seiner Art nach nicht vom Besteller verursacht sein kann. Die Zustandsfeststellung dient le- diglich der Dokumentation des Zustands des Werks zum Zeitpunkt des Abnah- meverlangens und der Vermeidung von späterem Streit zwischen den Vertrags- parteien über den zu diesem Zeitpunkt bestehenden Zustand des Werkes. Bleibt der Besteller dem vereinbarten Termin fern, kann der Unternehmer die Zustandsfeststellung auch einseitig vor- nehmen. Im Ergebnis wird eine Zustandsfest- stellung an die Vermutung geknüpft, die den Unternehmer davon entlasten soll, für Mängel des Werkes einstehen zu müssen, die letztlich nicht von ihm verur- sacht sein können. Der Unternehmer muss nämlich, wenn die Abnahme vom Besteller verweigert wird und das Werk dennoch in Benut- zung genommen wird, aufgrund der Ge- fahrentragungsregelungen Schäden, die durch den Besteller verursacht worden sind, beseitigen, wenn er nicht nachwei- sen kann, dass diese vom Besteller verur- sacht wurden. Dieses Risiko soll nunmehr durch die Zustandsfeststellung eingeschränkt wer- den. 5. Schlussrechnung In § 650 g BGB ist nunmehr der Inhalt der Schlussrechnung vorgegeben. Die Aufstellung der erbrachten Leistungen muss nunmehr für den Besteller nach- vollziehbar sein. Eine Vermutung der Prüfbarkeit ist gegeben, wenn nicht binnen 30 Tagen begründete Einwendungen gegen die Rechnungen erhoben wurden. 6. Schriftform der Kündigung In § 650 h BGB ist nunmehr festgelegt, dass eine Kündigung in jedem Fall in Schriftform erfolgen muss, da wichtige Entscheidungen nicht übereilt erfolgen sollen. Kündigungen in elektronischer Form oder Textform reichen nicht, derartige Kündigungserklärungen sind unwirksam. V. Besondere Neuerungen für den Verbraucherbauvertrag Durch die Regelungen in § 650 i bis n BGB führt der Gesetzgeber erstmalig Verbraucherschutzvorschriften speziell für das Werk- bzw. Bauvertragsrecht in das BGB ein. Diese Regelungen gelten nicht für alle Bauverträge gemäß § 650 a BGB, die mit einem Verbraucher geschlossen werden, sondern nur bei bestimmten Verträgen mit einem Verbraucher. Es muss sich hierbei um Verträge über den Bau eines neuen Gebäudes oder er- hebliche Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude durch einen Un- ternehmer handeln. Der Vertrag bedarf in jedem Fall der Textform. 1. Baubeschreibung Nach § 650 j BGB hat der Unterneh- mer nunmehr den Verbraucher über die sich aus Artikel 249 des Einführungsge- setzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch er- Fachbereiche i Sachverständige
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