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Schützen & Erhalten · Juni 2018 · Seite 34 einander verwendet wird. Schimmelpilz bleibt Schimmelpilz und ein Protokoll ist kein Roman. Im Zweifel sollte der Verfas- ser einen (ahnungslosen) Dritten bitten, den Text zu lesen und fragen, ob dieser Anliegen und Aussage des Berichtes ver- standen hat. Strukturiertes Schreiben kann man üben. Als Sachkundige haben wir viel Wis- sen im Kopf, selbst wenn wir schreiben. Das führt dazu, dass auf dem Weg zum Papier die Gedanken verkürzt werden. Wenn wir vor Ort sind, sehen wir die Si- tuation, verfügen auch unbewusst über Informationen und Bilder, die uns beim Schreiben gegenwärtig sind, aber nicht den Weg in den Bericht finden. Uns ist klar, was wir schreiben. Liest ein unbeteiligter Dritter unseren Bericht, der natürlich nicht über unsere Zusatzinformationen verfügt, stößt dieser sehr schnell über strukturelle Schwächen, Auslassungen an (aus unserer Sicht selbstverständlichen) Informationen und Fehlern in der zeitlichen Abfolge… Fazit 2: Es gibt nicht immer für alles eine Antwort. Auch in einem Bericht oder in einem Gutachten bleiben ab und zu ein paar Fragen offen. Einen guten Bericht zeichnet aus, dass dies klar und deut- lich gekennzeichnet wird. Es gibt keinen Grund, offene Fragen mit Spekulationen zu beantworten. Das steigert weder den Wert des Berichtes noch die Kompetenz des Schreibers. Sachkundig zu sein, be- deutet eben auch, zu erkennen, wo die eigenen fachlichen Grenzen sind. Gutachten lesen und verstehen? Das kennt vielleicht der eine oder andere. Da wird einem ein Gutachten vorgelegt und man möchte nach dem ersten Lesen bereits in die Luft gehen. Keine gute Idee. Auch wenn man meint, völligen Schwach- sinn zu lesen, ist dies nicht die geeignete Herangehensweise an die Gutachten an- derer Kollegen. Der erste Schritt der Annäherung an ein Gutachten ist eine rein formelle Prü- fung: Ist eine klare Gliederung erkennbar und sind auf den ersten Blick alle Anlagen beigefügt. Es stellt sich auch recht schnell heraus, ob eine ausreichende Lesbarkeit gegeben ist oder man sich durch Schach- telsätze quälen muss. Bevor man sich dann abwertend über Ergebnisse und Bewertung äußert, muss zunächst anerkannt werden, dass mit den Messungen und Feststellungen Tatsachen geschaffen wurden. Und diese sind erst einmal gesetzt. Und mit diesen wird nun gearbeitet. Also lautet die Fragestellung beim Lesen [nach 4]: 1. Wenn ich diese Messungen ebenso mit denselben Geräten und unter denselben Bedingungen durchge- führt hätte, wäre ich zu denselben Ergebnissen gekommen? 2. Wenn ich zu denselben Ergebnissen gekommen wäre, hätte ich diese genauso bewertet? 3. Wäre ich zu anderen Ergebnissen gekommen? Warum? 4. Reichen die Ergebnisse? Hätte ich andere Messungen durchgeführt? Mit welcher Erkenntnis wäre zu rechnen gewesen? Wie hätte ich das bewertet? Beantwortet man die Fragen 1 und 2 für sich selbst wie der Gutachter auch, dann ist das Gutachten plausibel. Bliebe Fra- ge 4 nach der Vollständigkeit. Hier muss abgeschätzt werden, ob das Gutachten ausreichend Informationen enthält, um die Sanierung zu planen, durchzuführen und erfolgreich abzuschließen. Müssen ergänzende Untersuchungen vorgenom- men werden? Oder hat sich mittlerweile die Situation vor Ort geändert (z. B. bei massivem Zeitverzug zwischen Schadens- feststellung und Beginn der Sanierung), sodass die Ergebnisse des Gutachtens nicht falsch aber möglicherweise über- holt sind? Letzteres kann man dem Gut- achten nicht vorwerfen. Stolpert man beim Lesen bereits bei der Frage 1 und dann auch bei der Fra- ge 2, kann man davon ausgehen, dass das Gutachten fachlich falsch ist oder zumindest gravierende Mängel aufweist. Fragen 3 und 4 runden dann das Bild ab und helfen bei der Entscheidung, ob das Gutachten teilweise verwertet werden kann oder nutzlos ist [4]. Dann ist es hilf- reich, die Fehler des Gutachtens in obiger Reihenfolge zu dokumentieren und ggfs. unter Bedenkenanmeldung die Verwen- dung des Gutachtens abzulehnen. Fazit 3: Auch wenn man sich sehr ge- ärgert hat, die sachliche Bewertung an- hand der Fragen 1 bis 4 zeigt sehr schnell, fair und fundiert an, ob zurecht oder viel- leicht andere Gründe für die Verärgerung gesorgt haben. Das hilft im Übrigen auch, die eigene Dokumentation zu verbessern. In diesem Sinne – kein Gutachten ist so schlecht, dass man nicht noch daraus ler- nen könnte. Literatur [1] Messal, C: Gesundheitsgefahren für Raumnutzer er- kennen und begrenzen. In: Ingrid Kaiser, Constanze Messal, Uwe Münzenberg, Michael Thiesen: der Bau- schaden Spezial Schimmelpilzsanierung. 3. aktual. Aufl. Merching: Forum Verlag Herkert, 2018 [2] Messal, C.: Kompendium Schimmel in Innenräumen, Fraunhofer IRB Verlag Stuttgart 2018 (siehe auch Literaturvorstellung auf S. 52) [3] Lerch, P.; Donadio, S.: Formulierung sachverständiger Schlüsse bei Feuchteschäden und mikrobiellem Be- fall. In: Berufsverband Deutscher Baubiologen VDB e.V. (Hrsg.): Prävention. 17. Pilztagung, Gemeinsame Fachtagung für Biogene Schadstoffe, Bonn/ Gustav- Stresemann-Institut, 2./3. Juli 2013, Fürth: AnBUS, 2013 [4] Bayerlein, Dr. W. et al.(Hrsg.): Praxishandbuch Sach- verständigenrecht. München: C.H. Beck Verlag, 2015 [5] Umweltbundesamt/Innenraumlufthygiene-Kommission des Umweltbundesamtes (Hrsg.): Leitfaden zur Vor- beugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelbe- fall in Gebäuden. Dessau-Roßlau: November 2017 Fachbereiche i Schimmelpilze matter-gmbh.de 08000 628837 gebührenfreier 2 4h- Notruf
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