Web_S&E_2_2018_ub
Schützen & Erhalten · Juni 2018 · Seite 91 I Die Ex-Press I Berufsinformation des DSV e.V. | Wissenswertes Es gibt wirklich Schokoschaben U nlängst überraschte uns auf einer Tagung ein Kollege mit einer Klebe- falle, auf der eine schlanke, geflügelte und hellbraune Schabe gefangen war. Spontan gingen einige Augenbrauen in die Höhe. Neben den nachdenklichen Gesichtern, begannen unvollendete Halbsätze mit „das könnte…“, „sieht doch aus wie…“, „die hat was falsches gegessen..“, „.. ist das das Ergebnis vom Einsatz von Häutungshormonen?“, „erinnert an eine Deutsche Schabe, aber irgendwie stimmt die nicht“ usw. Im Kreis von Kollegen führen merk- würdige Exponate gerne zu viel Tamtam, aber wenig eindeutig festgelegter Mei- nung. Schließlich will sich ja keiner bla- mieren. Der Verfasser dieser Zeilen hatte als erster den Mut einzugesestehen „das ist keine Schabenart, die ich kenne“. Was natürlich, je nach Kenntnis, nicht zwin- gend gängige oder einheimische Schaben ausschloss. Nach und nach kam aber Be- wegung in die Gruppe und neben etwas abenteuerlichen Vermutungen war der allgemeine Tenor „die ist nicht von hier“. Es begann völlig normal Verschmitzt klärte uns der Kollege auf. Alles begann wie ein ganz normaler Schabenauftrag in einer Privatwohnung in einem Mehrfamilienhaus. Die üblichen Kotspuren, die üblichen Verstecke, hu- schende Schatten hier und da. Es folgte eine Bekämpfung wie aus dem Lehrbuch. Gel war schnell appliziert und Monitore ausgebracht. Bei der ersten Kontrolle dann die Überraschung: in den Klebefal- len waren geflügelte Schaben die ähnlich wie Deutsche Schaben aussahen, aber eindeutig keine waren. Außerdem wa- ren dann noch einige wenige ungeflü- gelte, viel dunklere Exemplare ebenfalls auf den Leim gegangen. Ein bisschen sa- hen sie aus wie verunfallte Orientalische Schaben. Der Kollege hatte, wie er versi- cherte, eindeutig kein Larvizid eingesetzt. Sollten da etwa zwei verschiedene Scha- benarten in der Wohnung sein? Dazu bei- de noch unbekannt? Das wäre allerdings wirklich seltsam und ein unglaublicher Zufall gewesen. Wir fragten Alexa und Siri Das Blättern im Internet – die Google Fo- tosuche ist schon eine feine Sache, nicht zuletzt, weil sie bei Schädlingen auf viele Seiten des DSV e.V. verweist – brachte dann relativ schnell die Erleuchtung. Die festgeklebte Schabenart war Shelfordella lateralis (ehemals auch Shelfordella tar- tara ) die umgangssprachlich Persische Schabe oder auch Schokoschabe genannt wird. Diese Art hat einen ausgeprägten Geschlechtsdimorphismus. Was bedeutet, dass beide Geschlechter sehr verschie- den voneinander aussehen. Die Männ- chen sind geflügelt, während die Weib- chen viel dunkler, breiter und ungeflügelt sind. In der Wohnung war demnach eine Art, die wir in Deutschland in der Regel nicht finden. Wo kam sie also her? Bei der Befragung der Hausbewohner wur- de in einem Nebensatz erwähnt, dass ein Nachbar Echsen im Terrarium halten wür- de. Da machte es natürlich Klick. Scho- koschaben haben geringe Chitinanteile, sind also relativ weich. Dadurch sind sie beliebte Futtertiere bei Reptilienbesitzern. Ein Klingeln an der betroffenen Wohnung, ein verstörtes Gesicht und nach kurzem Gespräch die Gewissheit, hier wurden Schokoschaben im Terrarium verfüttert. Gekauft im Internethandel. Männer auf Bestellung Von den Züchtern werden nur geflügel- te Männchen versandt. So zumindest die Idee. Das funktioniert aber nicht immer. Zum einen werden je nach Größe der Menge nicht sortenrein nur die einen Geschlechtstiere verschickt. Wer zählt bei einer Bestellung von 10.000 Stück schon alle durch und wer will garantieren, dass beim versetzen nicht doch irgendwo ein Weibchen mit hineingerutscht ist. In an- deren Fällen berichten Züchter davon, dass in den Zuchtterrarien mitunter klei- ne Nymphen auf den Männchen reiten. Wer da also beim Sortieren nicht genau hinschaut, nimmt die zukünftigen Mul- tiplikatoren gleich mit. So werden an die ahnungslosen Futterkäufer unbemerkt regelrechte Starter-Kits für die eigene Schabenzucht versandt. Eine Zucht ist einfach. Ob man will oder nicht. Da sich Schokoschaben schnell vermeh- ren und sehr verzeihend bzgl. Ihrer Hal- tungsbedingungen sind, eignen sie sich Bei idealen Bedingungen vermehrt sich die Schokoschabe rasant. Shelfordella lateralis Ootheken
RkJQdWJsaXNoZXIy OTg3NzQ=