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Schützen & Erhalten · Juni 2019 · Seite 93 I DIE EX-PRESS I Berufsinformation des DSV e.V. | Wissenswertes Die Durchbeißer W ir wissen, dass Schaben glatte Wände hochlaufen können, ja sogar kopfüber unter der Decke entlang, ohne herunterzufallen. Wir haben schon mal gehört, dass Schaben bis zu zwei Wochen noch leben, nachdem ihnen der Kopf abgetrennt wurde und wir spekulieren, dass sie einen Atomkrieg überleben würden. Also nach uns die Schabe. Aber haben wir eine Vorstellung, was sie mit ihren Kauwerkzeugen, den Mandibeln, anrichten können? Da Schaben so grob alles fressen, was ihnen zwischen die Kiefer kommt, sind die Freßwerk- zeuge nicht besonders spezialisiert und entwicklungsgeschichtlich relativ primitiv. Das macht sie zu einem idealen Forschungsobjekt. Und da Forscher während ihrer Versuche am lebenden Objekt nicht gerne in zu kleinen Details herumpulen, hat eine Deutsch-Eng- lische Forschergruppe sich dies mal an der stattlichen Periplaneta americana , der Amerikanischen Großschabe, ange- sehen. Die Forscher interessierte, die Beißkraft der Schaben. Dazu wurden die Tiere auf dem Rücken liegend in einer Mischung aus Guillotine (ohne Messer) und Streck- bank eingeklemmt. Wer nun denkt, viele Biologensind komische Leute, dem stelle ich die Frage „warum erst jetzt?“ Trotz der unnatürlichen Lage, gelang es 300 verschiedene Bißproben über einen Sensor zu erhalten, der den Schaben zwischen die Kiefer geschoben wurde (Bild 01). Mandibeln werden für eine breite Anforderung verschiedener Aufgaben verwendet. Insekten manipulieren damit die Nahrung z.B. sehr leicht und drehen und wenden ihr Fressen, bis hin zu starkem, Ab- und Zubeißen von harten Gegenständen. Dabei helfen den Schaben die zahnartigen Strukturen auf den Mandibeln, deren zweiter und dritter Vorsprung den scherenden Backenzähnen (Molaren) von Carnivoren (Fleischfressern) sehr ähneln. Damit ähneln die Mandibeln von Periplaneta americana in ihrer Funkti- on und Leistung überraschend sehr, denen von z.B. räuberischen Laufkäfern. Für eine omnivore Schabe ist das ungewöhnlich. Unglaublich hohe Beißkraft In dem geschilderten Versuch ließen sich zwei verschiedene Beißkräfte unterschei- den. Das normale Freßverhalten in dem eher gemütlich, langsam und mit wenig Kraft an etwas herumgemümmelt wurde. Zwischendurch gab es aber schnelle, lange und starke Bisse, die, setzt man Kraft und Körpergröße zueinander ins Verhältnis, etwa der fünfachen Beißkraft eines Menschen entsprechen würde. Mit diesen Bissen werden dann zähe und harte Materialien traktiert. Etwa Leder oder widerspenstige und harte Lebensmittel. Damit ist klar, Schaben haben erstaunlich Die hier beschriebenen physikalischen Kräfte funktionieren umso besser, je wärmer es ist. Für uns bedeutet das, dass die meisten Insekten mühelos über alle glatten Oberflächen laufen können. Auch horizontal überkopf und senkrecht kopfüber. Bettwanzen können dies Gott sei Dank nicht. Deshalb kann man die vier Füße eines Bettes in glatten Schälchen isolieren und Koffer auf z.B. Tische mit Metallfüßen stellen. Allerdings gehen Bettwanzen rauhe Wände hoch und dann ebensolche Decken entlang, von denen sie sich auf ihren Wirt herabfallen lassen können. QR-Code für ein Video, in dem anschaulich gezeigt wird, wie Insektenfüße am Untergrund kleben. Das Endglied vom Bein eines Blattkäfers mit Krallen und adhäsiven Borsten. Bildrechte: Louisa Howard dazu die Untertitel einzuschalten (rechts unten am Video). Über das Zahnrad-Icon kann man bei den Einstellungen zu den Untertiteln die automatische Übersetzung auf Deutsch einstellen. Zwar radebrecht Google da ziemlich, aber es hilft, wenn das eigene Englisch ein wenig rostig ist, den Kontext besser zu verstehen.

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