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Schützen & Erhalten · Juni 2020 · Seite 9 FACHBEREICHE I HOLZSCHUTZ Holzschutzmittel mit BAuA-Zulassung – nicht immer leicht verständlich D ie BAuA hat zurzeit 240 Zulas- sungsnummern für Holzschutzmit- tel der Produktgruppe 08 vergeben [1]. Dabei handelt es sich mehrheitlich um vorbeugende Holzschutzmittel bzw. Anstrichstoffe mit Bioziden. Nur ein kleiner Teil der Holzschutzmittel ist für die Bekämpfung von holzzerstörenden Organismen geeignet. In der nachfol- genden Tabelle ist eine Auswahl der be- kanntesten Bekämpfungsprodukte auf- gelistet. Eine Vollständigkeit kann nicht erhoben werden, da seitens der BAuA eine Zusammenstellung (Übersicht) aller Holzschutzmittel nur bis 2019 existierte, sodass jedes Holzschutzmittel einzeln recherchiert (www.baua.de ) werden müsste. In der Datenbank der zugelassenen Biozidprodukte (Produktgruppe 08) sind die SCPs (Zusammenfassung der Produkteigenschaften) zu öffnen, unter denen sich auf ca. 10 bis 30 Seiten zahlreiche weitere produktspezifische detaillierte Informationen befinden, die nicht in der nachfolgenden Tabelle aufgeführt sind. Hierbei handelt es sich beispielsweise um Produktzusam- mensetzung und Formulierungen, Gefahren- und Sicherheitshinweise, spezielle Anwendungsbestimmungen (Anweisung für Verwender, Risikomin- derungen, Erste Hilfe und Umweltschutz, Produkt- und Verpackungsbeseitigung, Lagerbedingungen). Vielfach ist unter einer Zulassungsnummer eine Biozidpro- duktfamilie zusammengefasst. Es gibt einige Dutzend Zulassungsnummern, die 2 und mehr Handelsnamen enthalten. Beispielsweise sind 38 (!) verschiedene Handelsnamen unter der Zulassungs- nummer DE-0016252-01-0001-08 enthalten. Befasst man sich als sachkundiger Holzschutzfachmann bzw. Sachver- ständiger für Holzschutz mit dem Zulassungsgegenstand etwas intensiver, so fällt auf, dass in einigen Zulassungs- urkunden fragwürdige Benennungen zu finden sind. Über die Angabe einer Nutzungsklasse bzw. Verwendungsklasse statt Gebrauchsklasse bei dem Produkt „Anti-Insekt“ soll sich nicht weiter auf- gehalten werden. Interessanter ist die Beschreibung einer Fluglochinjektion bei Xyladecor. Was steckt dahinter? Hierbei soll jedes einzelne Flugloch vom Gewöhnlichen Nagekäfer (nur gegenüber diesem Zielorganismus ist es zugelassen) mit einer Injektions- vorrichtung behandelt werden. In der Restaurierung an befallenen kleinteiligen Objekten ist dies durchaus denkbar. Im Gebäudebestand an Dachstühlen bzw. Scheunen mit durchaus Millionen von Fluglöchern…? Weiterhin setzt diese Arbeit entsprechend dem Punkt 4.3 der SPC eine berufsmäßige Verwendung vo- raus. Ein paar Seiten später, unter Punkt 4.7, darf jeder Laie (nicht berufsmäßiger Verwender) ebenfalls diese Arbeiten unter den gleichen Bedingungen aus- führen. Zusätzlich werden dem Laien folgende Hinweise zur Gerätetechnik und Handhabung gegeben: 4.7.1 Anwendungsspezifische Anweisung für die Verwendung 1. Das offene Ende des mitgeliefer- ten Injektionsschlauches in die Ventilöffnung des Pumpkopfes stecken. Das andere Ende des Injektionsschlauchs mit der Hohl- nadel in das Holzwurmloch ein- führen (0,5 bis 1 cm tief) und den Pumpmechanismus 5 bis 7 mal betätigen. Das Pumpen erzeugt einen feinen Flüssigkeitsstrahl ohne Tröpfchenbildung. Spritzer mit einem trockenen Tuch ent- fernen. Der sachkundige Umgang mit einem bekämpfenden Holzschutzmittel (Cyper- methrin) scheint hier auf der Strecke zu bleiben. Dieses in der Baupraxis exotische Verfahren findet als zugelassene Anwen- dung bei der BAuA eine Plattform. Mit Bedauern fragt man nun nach dem seit 45 Jahren in Deutschland erfolgreich, effizient und praktikabel eingesetztes Schaumverfahren. Trotz mehrjähriger Bemühungen unseres Verbandes konnte diese Anwendung, die ja schon seitens des DIBt zugelassen war, bis heute nicht als gängiges Verfahren erlaubt werden. Allgemein sind die Inhalte der Zulassungsbescheide kompliziert und die einzelnen Kriterien nicht einheitlich beschrieben. Es kommen aus fachlicher Sicht einige unerklärliche Erläuterungen vor. Durch die Globalisierung in Europa sollte einiges einfacher gestalten werden. Auf dem Gebiet des Holzschutzes ist genau das Gegenteil passiert. Vielleicht sollten Entscheidungsträger aus Politik und Wirtschaft vermehrt den Kontakt zu Praktikern und Ausführenden suchen. Leider findet dies noch viel zu selten statt. Es schreibt für Sie: Dipl.-Ing. Ekkehard Flohr Fachbereichsleiter Holzschutz An der Hohen Lache 6 · 06846 Dessau Telefon: (0340) 6611884 Telefax: (0340) 6611885 E-Mail: flohr@dhbv.de Foto: ©PhanuwatNandee/Depositphotos.com
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