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Schützen & Erhalten · September 2017 · Seite 82 Die ex-Press Berufsinformation des DsV e.V. | Wissenswertes Nicht chemische Verfahren im Getreidelager – eine Alternative Vorratsschutz ist in Anbetracht der immer größer werdenden Bevölkerung weltweit ein sehr wichtiges Thema. Grundvoraus- setzung für die effektive Verwendung aller Erntegüter sind optimale Lagerhygiene und der Schutz der Vorratsgüter. Die entsprechenden Maßnahmen zum Schutz des Erntegutes vor Verderb und Insektenbefall erstrecken sich über das ganze Jahr. Einmal im Jahr, bevorzugt im Frühjahr, sollte das Lager möglichst komplett geräumt und sorgfältig ge- reinigt werden. Glatte Oberflächen sind besenrein zu halten. Ritzen, Fugen, Schächte und Stellen, die mit dem Besen nicht optimal gereinigt wer- den können, müssen ausgesaugt werden. Hierzu eignen sich am besten Industriestaubsauger mit entsprechender Leistung. Auch die Transportwege wie Rohre, Förderbänder und Elevatorschächte müssen sorgfältig gesäubert werden. Hier finden sich gerne Erntereste, die bei der Förderung üb- riggeblieben sind. Für Schadinsekten wie z. B. Kornkäfer, Reismehlkäfer und Getreideplattkäfer, bedeuten diese Körner und Mehlpartikel Nah- rung und die Möglichkeit sich ungehindert und schnell fortzupflanzen. Der Kornkäfer( Sitophilus granarius ) zum Beispiel legt sein Ei in das Ge- treidekorn. Dort entwickelt sich die Larve, die während ihrer Entwicklung das Korn von innen leer frisst und es dann erst als adultes Insekt verlässt. Der Getreideplattkäfer ( Oryzaephilus surinamensis ) wiederum schädigt das Getreide durch Fraß und vermehrt sich bei ausreichend Nahrung und warmen Temperaturen sehr schnell. Um diese Brutplätze einzudämmen, müssen auch alle Ritzen und Fugen gründlich ausgesaugt werden, denn hier finden sich sehr oft einzel- ne Getreidekörner und Mehlstaub. Der Inhalt des Staubbehälters sollte dann ordnungsgemäß entsorgt werden. Nachdem das Lager gründlich gereinigt wur- de, ist eine Behandlung mit natürlichem Kieselgur vorbeugend ratsam und bei Befall unbedingt er- forderlich. Ein für den Vorratsschutz zugelassenes Pflanzenschutzmittelprodukt mit dem Wirkstoff natürliche Kieselgur ist im Handel erhältlich. Es ist auch zugelassen für Biobetriebe. Natürliche Kieselgur, auch bekannt als Di- atomeenerde, besteht aus feinst vermahlenen, versteinerten Kieselalgen (Diatomeen). Eine di- rekte Behandlung der Schadinsekten ist nicht nötig. Das Kieselgurprodukt wird im gereini- gten Lager so ausgebracht, dass sich auf allen Oberflächen ein feiner Belag bildet. Auch die Wände sind zu behandeln und natürlich alle Ritzen und Fugen, die als Versteck- und Brut- plätze der Schädlinge dienen. Bei Kontakt der Schadinsekten mit den feinen Partikeln setzen sich diese auf ihrer Außenhaut ab (Bild 01), entziehen ihr Fette und zerstören so den Ver- dunstungsschutz der Insekten. In der Folge verenden sie durch Dehydration. Nach Absetzen des Wirkstoffes kann der Raum wieder betreten werden. Eine nachträgliche Entfernung ist nicht notwendig, der Staubbelag kann im Lager verbleiben. Solange er deutlich sichtbar und trocken vorhanden ist, ist er auch in vollem Umfang wirksam. Da die Insekten unterschiedlich schnell auf die Anwendung von Kieselgur reagieren, sollte die Anwendung mindestens zwei Wochen vor der Einlagerung des neuen Getreides erfolgen. Sie kann natürlich auch früher im Jahr stattfinden, denn wenn es einen Befall gab, ist es ratsam sie gleich nach Entfernung der befallenen Par- tie durchzuführen. Die Leerraumbehandlung mit dem natürlichen Wirkstoff Kieselgur erfasst alle kriechenden In- sekten einschließlich Mottenlarven, und hat des Weiteren den Vorteil, dass es keine Probleme mit Resistenzen oder Rückständen gibt. Nach der Einlagerung des neuen Erntegutes muss es sorgfältig überwacht werden. Regel- mäßige Kontrollen auf Temperatur, äußerliche Veränderungen und Schädlinge sind notwendig, damit eventuell anfallende Probleme sofort er- kannt und beseitigt werden können. Um einen Insektenbefall rechtzeitig zu erkennen, gibt es verschiedene Fallen (z. B. Stechfalle, Becher- falle), die im Getreide platziert werden. Diese Fallen sind wiederverwendbar und leicht einzu- setzen. Die Anschaffung lohnt sich auf jeden Fall, da ein Befall des Erntegutes mit Hilfe die- ser Fallen leicht festgestellt werden kann. Da Insekten bei warmen Temperaturen wesentlich aktiver sind, empfiehlt es sich, in dieser Zeit ein besonderes Augenmerk auf die eingelager- ten Vorräte zu legen. Eine weitere Möglichkeit zur vorbeugenden Behandlung oder auch bei leichtem Schädlingsbe- fall ist der Einsatz von Vorratsschutznützlingen. Je nach Schädlingsinsekt wird der entsprechende Gegenspieler eingesetzt, der entweder die Eier oder die Larven der Schädlinge aufspürt und pa- rasitiert. Kornkäferlarven, die sich im Getreide- korn aufhalten, werden von der Lagererzwespe ( Lariophagus distinguendus , Bild 02) zuverlässig gefunden und parasitiert. Sie findet die befallenen Körner nicht nur im Leerraum, sondern dringt auch bis zu vier Metern tief in gelagertes Getreide ein. Die Mehlmottenschlupfwespe ( Habrobracon hebetor ) bekämpft verschiedene Arten von Mottenlarven, die als Wanderlarven durch ihre Gespinste für Verklumpungen und Verstopfungen sorgen. Zur Bekämpfung von Motteneiern wiederum wird die Trichogramma-Schlupfwespe ( Triochogramma eva­ nescens ) eingesetzt. Der Einsatz der Nützlinge kann im Frühjahr, vor der Ernte und auch nach Einlagerung der neuen Ernte erfolgen, jedoch nicht zeitgleich mit einem Einsatz von Kiesel- gur. Zu beachten ist auch, dass die Nützlinge für eine aktive Bekämpfung Temperaturen von mindestens 15°C benötigen. Gastartikel, Stefanie Thudium, Biofa AG Bild 02: Eine Lagererzwespe untersucht Getreidekörner auf Käferlarven Bild 01: Reismehlkäfer. Oben saubere Cuticula, unten mit einem Überzug aus Silikagel

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