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Schützen & Erhalten · September 2018 · Seite 42 Ein wesentliches Risiko ist die mögliche Verjährung von Ansprüchen Gesetzliche Regelung: Den Mitgliedstaaten der EU ist es nach Art. 8 der Richtlinie über bestimm- te Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen vom 21.05.2008 vorge- schrieben, sicherzustellen, dass Partei- en, die ihre Streitigkeiten im Wege der Mediation beilegen wollen, nach deren (erfolglosen) Abschluss nicht wegen des Ablaufs von Verjährungsfristen daran ge- hindert werden, wegen dieser Streitigkeit ein Gerichts- oder eine schiedsgerichtli- ches Verfahren zu führen. In den Katalog des § 204 BGB, der die Hemmung der Verjährung durch Rechts- verfolgung regelt, ist die Anhängigkeit eines Mediationsverfahrens, anders als etwa das schiedsrichterliche Verfahren (§ 204 ABs.1, 11 BGB), nicht aufgenommen worden. In Betracht kommt aber die für konsensuale Streitbeilegungsverfahren vorgesehene Regelung in § 204 Abs.1. Danach wird die Verjährung gehemmt, wenn eine qualifizierte Streitbeilegungs- stelle angerufen wird. Sie kann im Me- diationsverfahren in seltenen Fällen An- wendung finden, in denen der Mediati- onsanbieter eine anerkannte staatliche Gütestelle ist. Außerdem können die Parteien des Mediationsverfahrens auch mit der Fol- ge einer Stundung der umstrittenen For- derung vereinbaren, dass die Verjährung gemäß § 205 BGB gehemmt ist. Für die große Mehrzahl der Fälle kommt der Hemmungsbestand des § 203 BGB in Betracht, danach hemmen schwe- bende Verhandlungen die Verjährung. Verhandlungen Für die Annahme von Verhandlungen ge- nügt ein noch andauernder Meinungsaus- tausch zwischen den Parteien mit dem Ziel einer einvernehmlichen Lösung. Das wird bei einem ernsthaft betriebenen Mediationsverfahren regelmäßig der Fall sein. Für die Verhandlungen reicht es aus, wenn eine Partei herausstellt, welchen Anspruch sie geltend machen will, und wenn die Parteien in einem ernsthaften Meinungsaustausch darüber treten. Der Gesprächsfaden darf jedoch nicht abrei- ßen. Mit dem Ende der Verhandlungen, das etwa durch die Weigerung einer Par- tei, diese fortzusetzen, begründet sein kann, endet auch die Hemmung der Ver- jährung. Erklärt zumindest eine der Partei- en die Vergleichsverhandlung ausdrücklich für gescheitert, ist das Ende einfach zu bestimmen. Die Verhandlungen können aber auch zunächst unerkannt „einschla- fen“. Eine solche Beendigung der Medi- ationsverfahren ist anzunehmen, wenn seit dem letzten Gespräch ein Zeitraum verstrichen ist, nachdem nach Treu und Glauben ein weiterer Schritt zu erwarten gewesen wäre. Die dadurch begründete Unsicherheit birgt Risiken, die durch klar- stellende Regelungen in der Mediations- vereinbarung abgemildert werden kön- nen. Da diese Hemmung gemäß § 203 S. 2, BGB drei Monate nach dem Einschlafen der Verhandlungen enden kann (Ablauf- hemmung), sollte auch für diesen Fall ein (befristeter) Verzicht auf die Einrede der Verjährung vereinbart werden. Klageerhebung Kann der Eintritt der Verjährung nicht an- derweitig verhindert werden, bleibt den Parteien letztendlich nur der Schritt zur Klageerhebung. In der Mediationsabrede kann diese mit dem Zusatz aufgenommen werden, dass das gerichtliche Verfahren unmittelbar zum Ruhen gebracht wird. Das Ende der Hemmung der Verjährung: Nicht nur das Einschlafen der Mediations- verhandlungen führt zum Ende der Hem- mung der Verjährung. Von großer Bedeu- tung ist es auch, dass deren Fortbestand während und erst recht nach dem Ende des Mediationsverfahrens nicht selbstver- ständlich ist. Ohne Vorsorge dafür können sich sämtliche für den Verlauf des Media- tionsverfahrens getroffenen Maßnahmen als nutzlos erweisen. Gemäß § 204 Abs. 2 BGB endet die Hemmung sechs Mona- te nach der rechtskräftigen Entscheidung oder, sofern das Verfahren in Stillstand gerät, sechs Monate nachdem die letzte Verfahrenshandlung zu verzeichnen war. Auch bei einem erfolgreichen Abschluss der Mediationsverfahren darf der mögli- che Eintritt der Verjährung also nicht aus den Augen verloren werden. Die Mediati- onsvereinbarung entspricht dem gericht- lichen Urteil mit der aus § 197 Abs.1 Zi. 3 BGB folgenden dreißigjährigen Verjäh- rungsfrist gerade nicht. Stattdessen be- ginnt gemäß § 212 Abs.1 Zi. 1 BGB mit dem Abschluss der Mediationsvereinba- rung die Verjährung erneut. Soll eine Ver- jährung über diesen Zeitpunkt hinausge- hend verhindert werden, muss dies in der Mediationsvereinbarung bedacht werden. Vertragliche Vereinbarungen Die darstellten Risiken verdeutlichen das regelmäßig bestehende Erfordernis für die Verhandlungspartner eines Mediati- onsverfahrens, den verjährungsbedingten Rechtsverlust für eine Partei während des Mediationsverfahrens durch vertragliche Abreden zu verhindern. Hierbei ergibt sich aus § 202 Abs. 2 BGB die generelle Befugnis der Parteien, Abreden über die Verjährungsfristen zu treffen, sofern die- se 30 Jahre nicht überschreiten. Eine Möglichkeit, die Durchführung der Mediation von dem sonst drohenden Verjährungseintritt unbelastet durchfüh- ren zu können, ist der Verzicht auf die Er- hebung der Einrede der Verjährung. Diese Erklärung kann auch befristet abgegeben werden. Hier ist es sachgerecht, die Befris- tung an die ernsthafte Förderung des Me- diationsverfahrens anzubinden. So kann einerseits das Entstehen von Zeitdruck und anderseits eine uferlose Hemmung der letztlich dem Rechtsfrieden dienen- den Verjährung verhindert werden. Einer trotz eines wirksamen Verzichts erklärte Einrede der Verjährung steht dann ein Ver- stoß gegen Treu und Glauben entgegen. Da es Ziel der Verjährungsvereinbarung ist, für beide Seiten Rechtssicherheit her- beizuführen, werden auch beide an einer möglichst eindeutigen Definition der maß- geblichen Tatsachen interessiert sein. Das betrifft vor allem den Begriff der Verhand- lung sowie deren Beginn und Beendigung und denjenigen des Scheiterns. Auch im Hinblick auf das Verhandlungsergebnis sollte in die abschließende Vereinbarung eine Regelung über den Verjährungsver- zicht aufgenommen werden. Literatur Dr. phil. Dr. jur. Klose, die Mediation, 08.2018 Mediation
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