Web_S&E_3_2018_ub
Informationen des Bundesverbandes Feuchte & Altbausanierung e.V. BuFAS-News Neues aus der Rechtsecke Schimmel ist immer Mietmangel Der klassische Fall: Schimmelpilzbefall in der Küche im Bereich der Fensterlaibungen, im Badezimmer an der dem Lüfter gegenüberliegenden Wand oberhalb des oberen Randes der Wandverfliesung sowie im Kinderzimmer im Bereich der Fensterlaibungen und hinter der polystrolkaschierten Tapete sowie geometrische Wärmebrücken im Bereich der Fensterlaibungen in der Küche und im Kinderzimmer sowie im Bereich der Außenwände. Das Landgericht hat in diesem Fall einige interessante, grundlegende Ent- scheidungen getroffen, die so manchen bestimmt nachdenklich stimmen werden. 1. Für die Ermittlung des vertrags- gemäßen Standards, soweit die Bauweise zu bewerten ist, ist grund- sätzlich der Zeitpunkt der Errich- tung des Gebäudes maßgeblich. Er bestimmt den bei Vertragsschluss vereinbarten Gebäudestandard, der von einem redlichen Mieter nach der Verkehrsanschauung er- wartet werden darf. 2. Auch dann, wenn der Schimmel nur teilweise oder überwiegend durch ein fehlerhaftes Nutzungs- verhalten des Mieters mitverur- sacht wurde und nur teilweise aus der Sphäre des Vermieters stammt, liegt ein zur Geltendmachung der Mängelrechte berechtigender Mietmangel vor. 3. Die bloße Gefahr von Schimmel- pilzbildung kann ebenfalls einen Mangel der Mietsache darstellen. Für die Annahme eines Mangels genügt es grundsätzlich, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass der Mietgebrauch durch die infrage stehende Beschaffenheit jederzeit erheblich beeinträchtigt werden könnte. 4. Das Abrücken der Möbel von Außenwänden überschreitet die Grenze der Zumutbarkeit. 5. Das Recht zu bestimmen, wel- cher Sanierungsweg gewählt wird, verliert der Vermieter, wenn der Mieter nach entsprechender In-Verzug-Setzung einen Vor- schuss verlangt. Dann bestimmt der Mieter - im Rahmen des ob- jektiv Erforderlichen - den Sanie- rungsweg. 6. Befindet sich der Vermieter mit seiner Pflicht zur Mängelbeseiti- gung im Verzug, hat der Mieter einen Anspruch auf Leistung eines Vorschusses in Höhe der voraus- sichtlich zur Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten. 7. In demMoment, in dem der Mie- ter den Vorschuss für eine Selbst- beseitigung des Mangels verlangt, gibt er zu erkennen, dass er den Erfüllungsanspruch selbst gar nicht mehr ernstlich verfolgt. 8. Mehrere für einen Mangel kau- sale Ursachen sind erst im Rahmen der Bemessung der Minderungs- quote nach dem Rechtsgedanken des § 254 Abs. 1 BGB zu berück- sichtigen. 9. Der Mieter muss nur in zumut- barem Umfang lüften und heizen, gleichgültig, ob er in einem Altbau oder in einem Neubau wohnt. Das Gebäude ist daher mangelhaft, wenn nur durch übermäßiges und unwirtschaftlich heißes Heizen und Lüften Feuchtigkeitsschäden ver- mieden werden. 10. Ist es notwendig, zur nachhal- tigen Vermeidung von Schimmel- pilzbefall die Wohnung drei Mal täglich für ca. neun Minuten zu lüften, handelt es sich bereits um das Erfordernis eines übermäßigen Lüftens. 11. Lässt sich die Feuchtigkeit (auch bei Altbauten) z. B. wegen der An- ordnung der Räume (entlang ei- nem Flur hintereinander gereiht, also ohne gegenüberliegende Zimmer) nur durch eine besondere Art der Lüftung (z. B. sog. L- oder U-Lüftung) verhindern, besteht eine Hinweispflicht des Vermieters. LG Lübeck, Urteil vom 07.05.2018 - 14 S 260/15 Schützen & Erhalten · September 2018 · Seite 68
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