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Schützen & Erhalten · September 2018 · Seite 80 Die Ex-Press Berufsinformation des DSV e.V. | Wissenswertes rung zu Stande gekommen ist. Sehr un- terhaltsam für Masochisten, Sadisten und Biologen (diese semantische Reihung ist zufällig und hat keinen inhaltlichen Zu- sammenhang) ist der Blogger und You- tuber „Coyote Peterson“, der auf seinem Kanal „Brave Wilderness“ vor laufender Kamera so alles anfasst, was auf dieser Welt beißt, kratzt, sticht und giftig ist. Nichts für zarte Gemüter. Es fließt Blut und man sieht erwachsene (wirklich?) Männer weinen. Wenn Sie den QR-Code am Ende dieses Artikels einscannen, wird Ihnen ein Video angezeigt, wo sich Pe- terson von einer Feldwespe stechen lässt. Wem die ganze Vorbereitung zu viel ist, geht direkt zur Aktion bei Minute 14:00. Alle Videos lassen Untertitel zu und per Zahnrad-Icon (unter dem Video rechts) können Sie „automatisch übersetzen“ und dann „Deutsch“ wählen. Wespengift ist ganz schon gemein Stechen können nur die weiblichen Wes- pen. Königinnen und Arbeiterinnen. Die Drohnen stechen nicht, aber führen ihr Kopulationsorgan aus und machen Scheinbewegungen, so als ob sie stechen würden. Schließlich nutzen sie auch die schwarz-gelbe Warnfarbe der Schwestern und der Mutter. Die Grundregel ist, dass alle Gifttiere sparsam mit ihrem Gift um- gehen und es nicht wild verteilen. Letzt- endlich kostet es Energie Gift herzustellen und damit benötigt das Tier auch mehr Nahrung. Deshalb muss eigentlich schon einiges passieren, bis sich eine Wespe von ihrem kostbaren Gift trennt. Meist versucht sie vorher auszuweichen oder zu drohen. Vergleichen wir hier kurz verschiede- nen Hautflügler. Sie haben verschiedene Toleranzen und Strategien, um sich und ihre Brut zu verteidigen. Hummeln etwa machen mit Drohgebärden sehr deutlich „geh mir nicht weiter auf den Sack“. Zu- erst zu drohen ist billiger, als gleich Alles zu stechen. Bienen haben mit Honig die wertvollsten Ressourcen. Ihre Anpassung zur Verteidigung des Nestes sind Widerha- ken am Stachel. So bleibt die Biene oder auch nur ihr Stachel mit der Giftblase in der Haut von Wirbeltieren stecken und entleert innerhalb von der ersten Minute ihr gesamtes Gift in die Wunde. Wespen haben diese Widerhaken nicht, können also mehrmals stechen. Dabei applizieren Sie aber viel weniger Gift pro Stich. Die Hoffnung: Ein Nestdieb ergreift zügig die Flucht und es bleibt noch Gift für die Jagd. Auch Hornissen, die insgesamt wenig aggressiv sind, fangen zuerst mit Droh- gebärden an. In diesem Sommer habe ich viele Aufnahmen an Hornissen- und Wespennestern gemacht. Irgendwann wird es den Tieren zu bunt. Gerade die Hornissen fliegen dann Scheinattacken am Kopf und brummen dabei sehr laut (sog. Stechton). Hat man erstmal eine Wächterin aufgeregt, finden sich schnell einige Schwestern, die ebenfalls deutlich machen, wie doof sie Fotografieren am Nest finden. Dabei wird der vorsichtige Rückzug auch 20–30m verfolgt, bevor die Aufregung nachlässt. Gift wird bei der Verteidigung also erst als letztes Mit- tel verwendet. Wenn‘s doof läuft, kann man sterben Im Juli ging eine Meldung durch die Pres- se, dass ein Kleingärtner in Herne von Wespen totgestochen worden ist. Wie gefährlich ist eigentlich das Gift? Und was ist darin, was den Stich so schmerz- haft und gefährlich macht? Wespengift ist ein komplexer, gut abgestimmter Cock- tail aus verschiedenen Komponenten. Ein Bestandteil ist die Phospholipase. Sie ist ein Enzym, dass die Zellmembranen an- greift und perforiert. Dadurch sterben die so angegriffenen Zellen in unserem Kör- per ab. Nicht nett und sehr schmerzhaft. Ebenfalls im Wespengift ist Hyaluronida- se. Sie zerstört den Zusammenhalt des Gewebes, wodurch sich das Gift besser von der Stichstelle aus in unserem Körper ausbreiten kann. Eine andere Zutat, Aller- gen 5, hat ein hohes Potential Allergien auszulösen. Dieser Bestandteil ist maß- geblich für eine Sensibilisierung unseres Körpers auf Wespenstiche. Der Schmerz des Stiches entsteht durch verschiedene enthaltene Amine wie Histamin, Adre- nalin und die hohe Konzentration des Neurotransmitters Acetylcholin. Im Gift enthaltenes Mastoparan sorgt zusätzlich für die Ausschüttung des körpereigenen Histamin des Gestochenen. Dies verstärkt den Schmerz. Alle Substanzen des Wes- pengiftes wirken synergistisch. Das Gift der Feldwespe ist etwa 3–4 mal so potent wie das der Hornisse. Stachel der Mittleren Wespe. Er ist etwa 2,5mm lang und sticht locker durch eine Jeans. Bildrechte: Beckmann Bildrechte: Beckmann

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