web_S&E_03_2019_ub
EDITORIAL II Ortswechsel V erbände bestimmen den Tagungs- markt maßgeblich. Laut DGVM, der Deutschen Gesellschaft für Ver- bandsmanagement e.V., deren Mitglied der DHBV ist, gehen ein Drittel aller Umsätze im deutschen Tagungsbe- reich auf Verbandsveranstaltungen zurück. In keinem Land in Europa, weiß deren Fachorgan Verbändereport, werden so viele Kongresse, Tagungen oder Symposien abgehalten wie in Deutschland, und zwar 3 Millionen mit steigender Tendenz. Dies lässt keinen anderen Schluss zu, als dass trotz aller Terminzwänge, lästiger, zeitintensiver Anreisen sowie kostspieliger Übernach- tungs- und Tagungskosten gerade bei Mitgliedern von Verbänden die direkte Kommunikation als unverzichtbar ange- sehen wird. Auch wenn traditionell bei Verbandsveranstaltungen die Fort- und Weiterbildung im Vordergrund steht, so wird sich dennoch kein erfahrener Verbandsvertreter der Illusion hingeben, dass es sein mit viel Fleiß, Mühe und Überlegungen zusammengestelltes Tagungsprogramm war, das letztendlich bei der Mehrzahl der Teilnehmer den Ausschlag dafür gegeben hat, sich trotz der oben genannten Hinderungsgründe anzumelden. Man kann es nennen, wie man will, Netzwerken, Kontakt- pflege, Wiedersehen mit Freunden und Bekannten, der persönliche kollegiale Austausch in echt, all dies wird von den meisten auch in unserer immer digitaler werdenden Welt nach wie vor als unverzichtbar angesehen. Und wenn dieser Austausch in einem reizvollen Ambiente stattfindet, umso interes- santer, diesen kurzen Ortswechsel dem Alltag vorzuziehen. Nun kann man seinen Mitgliedern diesen Ortswechsel in zweierlei Hinsicht bieten. Entweder mit stets wechselnden Veranstaltungsorten, so wie der DHBV bei seinen Bundes- wie auch Landestagungen oder eben ganz anders wie der BuFAS mit einem festen Standort, wo der Ortswechsel, ganz nach dem Motto, ich bin dann mal weg, einem langjährig geliebten Ritual gleichkommt. Hier der Reiz des Unbekannten, dort die Freude am Bekannten. Doch nun die Sensation: Nach zwölf Jahren imHotel „Kaiserhof“ in Heringsdorf verlässt der BuFAS nicht nur die Insel Usedom, sondern erstmals in seiner Geschichte auch die neuen Bundes- länder und feiert seine Jubiläumstagung anlässlich des 30-jährigen Bestehens in Lübeck. Eine mutige Entscheidung in dieser hart umkämpften Tagungswelt, zu der wir, verbunden mit unserer Gratulation zu 30 Jahren erfolgreichen Hanseatischen Sanierungstagen, Glück und Erfolg wünschen. Und eh ich es vergesse, auch beim DHBV steht ein Ortswechsel an. Nach 31 Jahren verlässt der Verband die Geschäfts- räume in der Hans-Willy-Mertens-Str. 2. Ab dem 1. November 2019 heißt die neue Adresse Goethestr. 37 in 50858 Köln . Ihr Friedrich Remes I GLOSSE I Der Kaffee am Morgen, das Bierchen am Abend, Neuwahlen in Italien – liebgewonnene Gewohnheiten, die keinem wehtun, oder…? L aut Wikipedia, der allwissenden En- zyklopädie des Digitalzeitalters, ist ein Ritual eine wiederholbare, nach vorgege- benen Regeln ablaufende, meist formelle und oft feierlich-festliche Handlung mit hohem Symbolgehalt. Apropos feierlich-festlich. Wer von unseren älteren Mitbürgern erinnert sich nicht gerne zurück an die wöchentlich am Samstagnachmittag angesetzten rituellen Waschungen in der hochbeinigen Zinkbadewanne, die, damals schon ressourcenschonend, einmalig mit Wasser gefüllt, allen Mitbewohnern nacheinander zur Verfügung gestellt wurde. Da war man froh, wenn man als jüngstes Kind in der familiären Rangordnung wenigstens über Mattes, dem räudigen Rauhaardackel stand und einem nur das schmockige Brackwasser von Vater, Mutter und den 4 Geschwistern die Poren verstopfte. Und was wäre ein Sonntagabend ohne Tatort? Totlangweilig sagen die einen, ein Geschenk Gottes die anderen. Nun ja, auch wenn sich der Glossist als glühender Repräsentant der ersten Gruppe outet, ist nicht von der Hand zu weisen, dass in der guten alten Zeit, als die Verbrecher noch mehr persönliche Probleme hatten als die Ermittler, die Welt noch wohltuend klar geordnet war. Lieber ein prollender Horst Schimanski aus dem Pott als eine dauerdepressive Kommissarin Charlotte Lindholm aus der hannoveraner Provinz. Und was gibt es für schöne Rituale im zwischenmenschlichen Bereich. Wenn der frischgebackene Vater seine letzten schlaflos-losen Nächte gerne mit den Kumpels beim Babypinkeln am Tresen der Lieblingskneipe feiert, kann man den Wunsch nach Mehr durchaus nachvollziehen. Die mehrfache freiwillige Wiederholung von Trau- Zeremonien dürfte allerdings in den seltensten Fällen dem Wunsch entspringen, unver- gessliche emotionale Momente zu replizieren. Stattdessen drängt sich, spätestens ab Stan- desamtsbesuch Nummer 3, der Verdacht auf, dass hier frühkindliche Verlustängste, wahrscheinlich hervorgerufen durch den übermäßigen Genuss von graugelbem lauwarmen Badewasser, kausal sind. Auch Beerdigungen haben bei man- chen Zeitgenossen das Zeug zum Ritual mit hohem Symbolgehalt, allen voran na- türlich bei Pastoren und Sargträgern, aber auch bei gelangweilten Frührentnern, die sich für einen leckeren Leichenschmaus vorher gerne mal 10 Minuten über die Lebensgeschichte des Verblichenen informieren lassen. Problematisch wird es höchstens mit der Ritualisierung der eige- nen Beerdigung, da dadurch die Wiederholgenauigkeit für die Zukunft erfahrungs- gemäß stark eingeschränkt wird. In diesem Sinne: die schöns- ten Rituale sind natürlich die Tagungen des DHBV ... Ihr Ralf Hunstock
RkJQdWJsaXNoZXIy OTg3NzQ=