Web_SuE_4_2017_ub

Verzögerungskosten erkennen und geltend machen – Teil 4 – In den vorangegangenen Teilen 1+2+3 wurden die rechnerischen und juristi- schen Grundlagen der Berechnung und Geltendmachung von Verzögerungskosten dargestellt. Sowie einen ersten Beispiel- fall in Teil 3. Hier wurden exemplarisch die Verzögerungskosten berechnet, wenn Unterbrechungen im Bauablauf entstehen, die vom Auftraggeber zu verantworten sind und die vom Auftragnehmer nicht durch einen anderen Auftrag kompensiert werden können. Wie sieht es aber aus, wenn der Auftragnehmer die entstandene Verzögerung/Unterbrechung durch die Durchführung eines anderen Auftrages überbrücken konnte. Gibt es dann auch eine Mög- lichkeit, einen „Schaden“ geltend zu machen, man konnte ja weiterarbeiten? In der praktischen Umsetzung wird ein „umswitchen“ von einem laufenden Auftrag, der bereits begonnen wurde, auf einen neuen Auftrag immer mit einem logistischen und personellen Aufwand verbunden sein. So müssen evtl. Mate- rialien und Werkzeuge gesichert oder abgeräumt werden. Auch ist davon auszugehen, dass durch den Baustellenwechsel Ausfallzeiten entstehen, die Mitarbeitermannschaft neu aufgestellt und Baustellenzusammensetzungen verändert werden müssen. Darüber hinaus werden Mehrkosten ent- stehen, da die unterbrochene Baustelle zu einem späteren Zeitpunkt wieder eingerichtet werden muss. All diese Einflussfaktoren führen zu einer Kostenbelastung, die bei einer Nichtunterbre- chung nicht angefallen wären. Im Wesentlichen betreffen alle genannten Einflussmomente den Faktor Zeit. Ein Material- mehraufwand wäre in dem hier geschilderten Falle nicht gegeben. Zusätzlich zu den entstan- denen Personalmehrkosten durch die zu bezah- lende Arbeitszeit der Baustellenmitarbeiter ent- stehen noch Fahrtkosten durch den Einsatz des Fuhrparkes sowie ein verwaltungstechnischer Mehraufwand, der dem Planenden, im Regelfall dem Chef oder Baustellenleiter, zuzurechnen ist. Diese Kosten bilden die Grundlage der Berech- nung der Verzögerungskosten. Berechnung/Argumentationsansatz: Folgende Annahme soll hierzu gelten: Stundenlohn (als Basis der Zuschlagskalkulation) 17,00€ Zuschlag für die lohngebun- denen Gemeinkosten 90% 15,30€ (anteilige Sozialversicherung AG-Anteil, Feiertagslohn, Krankenlohn, Weihnachtsgeld etc.) auf den Stundenlohn Zuschlag für die leistungsbe- dingten Gemeinkosten 30% 5,10€ (anteilige Hilfs- und Betriebsstoffe, variable Fahrzeugkosten wie Sprit und Reparaturen, etc.) auf den Stundenlohn Zuschlag für die fixen Gemeinkosten 80% 13,60€ (Verwaltungskosten, Miete, Versicherungen, Abschreibungen etc.) auf den Stundenlohn Kostensatz netto, ohne Gewinnaufschlag 51,00€ Gewinnaufschlag auf Kostensatz 4% 2,04€ Verrechnungssatz netto, inklusive Gewinnaufschlag 53,04€ Bei der Berechnung der Personalkosten ist zwi- schen den Baustellenmitarbeitern und dem „Ver- waltungspersonal“ zu differenzieren, sofern es hier auch eine Unterscheidung zwischen Lohn- und Gehaltsempfänger gibt. Üblicherweise sind Baustellenmitarbeiter im Lohnverhältnis und das Verwaltungspersonal im Gehaltsbereich be- schäftigt. Bei den Baustellenmitarbeitern würden sich dann die „Verzögerungskosten“ wie folgt ermitteln: Mehraufwand in Stunden multipliziert mit dem jeweiligen Stundenlohn des entsprechenden Mitarbeiters, zzgl. der lohngebundenen Gemein- kosten. Bsp. 30 Stunden Mehraufwand × 17,00 Euro Stundenlohn, zzgl. 90% für die lohngebundenen Gemeinkosten. Summe: 969,– Euro. Die Fahrtkosten werden üblicherweise im Handwerk im Zuschlag der leistungsbedingten Gemeinkosten auf den Lohn verrechnet. Da in diesem Zuschlag aber auch anteilige weitere Kosten abgedeckt werden (bspw. Hilfs- und Be- triebsstoffe etc.), die in diesem Fall nicht ent- stehen, wäre eine Möglichkeit die Fahrtkosten über einen Kilometersatz darzustellen. (Hilfs- weise Berechnung: Jahresfahrzeugkosten durch Abschreibung, Versicherung, Steuer, evtl. Lea- sing, Reparaturen und Treibstoffkosten, geteilt durch die Jahresfahrtleistung) Mehraufwand Kilometer × Kilometersatz Wie im Teil 3 („Schützen & Erhalten“, Septem- ber 2017) sind zusätzlich zu den Mehraufwands- stunden der Baustellenmitarbeiter und die da- rauf entfallenden lohngebundenen Gemeinkosten auch die fixen Anteile zu berücksichtigen. (Basis Zuschlag auf den direkt verrechenbaren Lohn) Bsp. 30 Stunden Mehraufwand × 17,00 Euro Stundenlohn × 80% Zuschlag fixe Gemeinkosten. Summe: 408,– Euro fixe Gemeinkostenanteile. Im Bereich des Verwaltungspersonals sind die Stunden des jeweiligen Personals anzusetzen sowie die anteiligen Sozialabgaben. (AG-Anteil zur Sozialversicherung, Beiträge zur Berufsge- nossenschaft etc.) Da diese Mitarbeiter Gehalts- empfänger sind, kann das Gehalt in einen Stun- denlohn „umgerechnet“ werden. Bsp. Monats- gehalt 3.000 Euro, durchschnittliche Arbeitszeit im Monat (40 Stunde Woche) rund 173 Stunden. Umgerechneter Stundenlohn = 17,34 Euro. Zzgl. anteiliger vom Arbeitgeber zu tragenden Sozial- abgaben (Annahme ca. 30%) = rund 5,20 Euro je Stunde. Gesamtkosten je Stunde (17,34 Euro + 5,20 Euro) 22,54 Euro. Mehraufwand Gehaltsempfänger = Stunden × 22,54 Euro. In der Durchsetzung dieser Ansprüche könnte vom Auftraggeber das Argument gebracht werden, dass der geforderte Verwaltungsaufwand ja bereits über den Fixkostenanteil abgedeckt ist. Dem wäre zu entgegnen, dass es sich um einen zusätzlichen Aufwand handelt und der verrechnete Fixkosten- anteil im Jahresschnitt nur von einem „üblichen Aufwand“ ausgeht. Auch könnte als „Verhand- lungsmasse“ das Argument angeführt werden, dass man bei der Schadensermittlung bereits auf eini- ge Kostenbestandteile verzichtet hätte. So wurde ja auf den Zuschlag für die leistungsbedingten Gemeinkosten verzichtet und lediglich die sonst hierin beinhalteten variablen Fahrzeugkosten in einem Kilometersatz berücksichtigt. Die Kosten für die Vorfinanzierung der Baustelle (ebenfalls im Zuschlag der leistungsbedingten Gemeinkos­ ten beinhaltet), kamen gar nicht zum Ansatz, obwohl durch die Unterbrechung sich die Vorfi- nanzierungsdauer verlängert hat. Aus rechtlicher Sicht handelt es sich um ei- nen Schadenersatzanspruch. Das Hauptproblem dabei ist die Dokumentation der Situation auf der Baustelle und die dadurch entstehende Be- hinderung. Dauer und Umfang der Behinderung müssen dokumentiert werden. Aus der Dokumen- tation ergibt sich der Umfang der Behinderung und auf dieser Basis lässt sich auch der Scha- den ermitteln. Betriebswirtschaft Es schreibt für Sie: Diplom-Betriebswirt Wolfgang Krauß Seit über 25 Jahren in der betriebswirtschaftlichen Beratung von Handwerks­ betrieben tätig Kolbing 35 · 83556 Griesstätt Telefon: (08039) 9097220 Mobil: (0172) 7499102 E-Mail: wolfgangkrauss-beratung@t-online.de Internet: www.beratungfuershandwerk.de www.die-erfolgswerker.de Es schreibt für Sie: RA Andreas Becker Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Nienburger Str. 14a · 30167 Hannover Telefon: (0511) 1231370 Fax: (0511) 12313720 E-Mail: info@becker-baurecht.de Internet: www.becker-baurecht.de Schützen & Erhalten · Dezember 2017 · Seite 31

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