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Schützen & Erhalten · Dezember 2020 · Seite 11 FACHBEREICHE I HOLZSCHUTZ Fachwerkknotenpunkten festgestellt (Bild 13). Aufgrund der Optik, oder ge- rade wegen derer, wurde planungsseitig auf einen ausreichenden Dachüberstand verzichtet. Die 60° Regel für einen wirksamen Schlagregenschutz war nicht erfüllt. Auch einen möglichen Schlagre- genschutz im Brüstungsbereich, wie die- ser auf dem Bild 4 empfohlen wird, hatte das Planungsbüro vollkommen ignoriert. Folglich kam es zur Feuchtebelastung (Gebrauchsklasse 3.2 bzw. 4) und viele Knotenpunkte mussten im unteren Teil der Fachwerkkonstruktion repariert werden. Abfangkonstruktionen aus Stahl als zusätzliches räumliches Stabtragwerk (Bild 14) sicherten die Tragfunktion wäh- rend der Sanierung. Hätte man vorher die konstruktiven Belange konsequent umgesetzt, wäre der Kommune diese aufwendige Reparatur erspart geblie- ben. Als Grundsatz sollte deshalb immer gelten: Die ästhetischen Kriterien sind den technischen Anforderungen unter- zuordnen – und nie umgekehrt. Die bautechnischen Grundregeln in den Bildern 3 bis 5 werden an eine nach historischem Vorbild nachempfundenen Brücke ad absurdum geführt. Spätestens an dieser Stelle sollte man sich fragen, warum die historische Brücke nicht mehr existiert. Haben unsere Vorfahren bereits Baufehler begangen? Müssen wir diese „nach historischem Vorbild“ unbedingt wiederholen? So geschehen im Jahre 2004 in einem Landschaftspark, welches zum Weltkulturerbe der UNESCO zählt (Bild 15). Trotz des Einsatzes von Eichenholz führte eine grundhaft falsche Bauweise wieder zur Schädigung der Brücke. Es kam zur Braunfäuleschädigung am Brückenwiderlager, weil die Brücken- träger ohne ausreichende Hinterlüftung auf ein Widerlager gelegt wurden (Bild 16). Weiterhin hatte man versäumt, die Knotenpunkte zwischen Strebe und Geländerpfosten zu entkoppeln. Wasser und Laubansammlungen sorgen für ein Milieu, welches dem Erdkontakt ent- spricht und damit der Gebrauchsklasse 4 zuzuordnen ist. Die logische Konsequenz ist auf dem Bild 17 zu erkennen. Betrachtet man sich die Skizzen in den Bildern 3 und 4 etwas genauer, so ist eine der Grundregeln zu erkennen, die für frei bewitterte Holzbrücken gelten: Es muss nämlich zwischen den Belagsbohlen und den Brückenträgern eine Feuchtesperre eingebaut werden. Bild 12: Imposante Fachwerk- brücke aus Brettschichtholz als Fuß- und Radwegbrücke Bild 13: Frei bewitterte und nicht entwässerte Knotenpunkte an zwei Streben Bild 14: Hilfsfachwerk während der Sanierung Bild 15: Eine im Jahr 2004 fertig gestellt und dem historischen Vor- bild nachempfundene Holzbrücke
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