Schützen & Erhalten - page 20

Schützen & Erhalten · September 2005 · Seite 20
ARBEITS- UND SOZIALRECHT
Mindestlohn
Abgrenzung von Mindestlohn 1 und Mindestlohn 2: Urteil des Arbeitsgericht Magdeburg –
11 Ca 829/04 – vom 4. Juni 2004 (rechtskräftig)
Allein ein Facharbeiterab-
schluss als Maurer rechtfer-
tigt nicht die Eingruppie-
rung in die Lohngruppe 2
des Mindestlohn-Tarifver-
trages. Unverzichtbar ist
das Abstellen auf die kon-
kret ausgeübt Tätigkeit.
In einem vom Baugewerbe-Ver-
band Sachsen-Anhalt erstrittenen
Urteil vom 4. Juni 2004 hat das
Arbeitsgericht Magdeburg bestä-
tigt, dass es für die Eingruppie-
rung der Arbeitnehmer neben der
Ausbildung insbesondere auf die
konkret ausgeübte Tätigkeit an-
kommt.
Dem Urteil lag folgender
Sach-
verhalt
zugrunde:
Der Kläger war seit August
1994 in dem Baubetrieb der Be-
klagten beschäftigt. Er verfügte
über einen Baufacharbeiterbrief
als Maurer. Bei der Beklagten war
er laut Arbeitsvertrag als Bau-
werker beschäftigt und erhielt
einen Bruttostundenlohn in Höhe
von 9,00 Euro. Der Kläger begehrt
mit seiner Klage Zahlung der Dif-
ferenz zwischen dem abgerech-
neten Bruttolohn und der Lohn-
gruppe 2 für die Monate Septem-
ber 2003 bis Februar 2004. Er hat
u.a. vorgetragen, er habe bei der
Beklagten eine Wand geklinkert,
eine Gartenlaube verputzt, Gie-
bel verputzt, Mauerwerksabdich-
tungen im Bodenbereich durch-
geführt, Türen zugemauert, Licht-
kästen eingebaut, ein Rohr
freigelegt und eine hohle Kehle
erstellt. Dazu hat er jeweils den
Zeitraum angegeben, in dem er
die jeweiligen Tätigkeiten aus-
geführt hat. Er war der Ansicht,
diese seien der Wertigkeit nach
in Lohngruppe 2 einzugruppie-
ren. Das Arbeitsgericht hat die
Klage abgewiesen.
Dem Urteil sind folgende
Leit-
sätze
zu entnehmen:
1. Führt ein Arbeitnehmer meh-
rere Tätigkeiten gleichzeitig
aus, die in verschiedenen
Gruppen genannt sind, wird
er in die Gruppe eingruppiert,
die seiner überwiegenden
Tätigkeit entspricht.
2. Allein ein Facharbeiterab-
schluss als Maurer rechtfer-
tigt nicht die Eingruppierung
in die Lohngruppe 2 des Min-
destlohn-Tarifvertrages. Zwar
ist die Ausbildung des Arbeit-
nehmers ein Kriterium, un-
verzichtbar ist aber das Ab-
stellen auf die konkret aus-
geübte Tätigkeit.
3. Der Einbau von Lichtkästen,
das Freilegen eines Rohres
oder das Erstellen einer Hohl-
kehle entsprechen der Wertig-
keit her eher der Lohngrup-
pe 1.
Das Urteil hat folgende
prak-
tische Auswirkungen:
Das Arbeitsgericht Magdeburg
hat im vorliegenden Fall eine Ein-
gruppierung des Arbeitneh-
mers in die Lohngruppe 1 bejaht.
Es hat noch einmal deutlich dar-
auf hingewiesen, dass für eine
Eingruppierung von Arbeitneh-
mern unverzichtbar auf die kon-
kret ausgeübte Tätigkeit abzustel-
len sei und dafür einen substan-
tiierten Tatsachenvortrag des
Arbeitnehmers verlangt. Der Klä-
ger hatte in einer umfangreichen
Darstellung zahlreiche von ihm
ausgeführte Tätigkeiten vorgetra-
gen. Das Gericht hat bemängelt,
dass er jedoch nicht vorgetragen
habe, welche Tätigkeiten er beim
Klinkern einer Wand oder z.B. bei
Putzarbeiten tatsächlich ausge-
übt habe. Er habe mit seiner Tä-
tigkeitsbeschreibung mehr auf die
Oberbegriffe für Tätigkeiten ab-
gestellt, ohne konkret zu schil-
dern, was er im Rahmen der von
ihm behaupteten Tätigkeiten
tatsächlich ausgeführt habe. Aus
diesem Grund lasse der Sachvor-
trag des Klägers eine Abgrenzung
zwischen den Lohngruppen 1 und
2 und eine Subsumtion dahin,
dass er in Lohngruppe 2 einzu-
gruppieren wäre, nicht zu.
Nach § 5 Ziffer 3 Lohngrup-
pe 1 BRTV unterfallen nur ein-
fache Bau- und Montagearbeiten
nach Anweisung und einfache
Wartungs- und Pflegearbeiten an
Baumaschinen und Geräten nach
Anweisung der Lohngruppe 1.
Dagegen unterfallen Tätigkeiten
wie das Herstellen und Aufbrin-
gen von Putzen, das Ausführen
von Fugarbeiten, das Ausführen
auch nur einfacher Mauerarbei-
ten oder die Oberflächenbearbei-
tung von Putzen grundsätzlich
in den Tätigkeitsbereich der Lohn-
gruppe 2. Die Entscheidung des
Gerichts wird also davon abhän-
gen, ob der Arbeitnehmer glaub-
haft vortragen und ggf. bewei-
sen kann, dass er arbeitszeitlich
überwiegend Tätigkeiten der
Lohngruppe 2 ausgeführt hat.
r lt · September 2 05 · Seite 20
Arbeits- und Sozialrecht
Kurzarbeitergeld – Verlängerung der
Bezugsfrist
Die bisher geltende Höchst-
bezugsdauer beim Kurzar-
beitergeld von 15 Monaten
wird bis zum 31. Dezember
2006 verlängert.
Grundsätzlich wird Kurzarbeiter-
geld nach § 177 Abs. 1 Drittes
Buch Sozialgesetzbuch (SGB III)
für die Dauer von 6 Monaten ge-
zahlt. Das Bundesministerium für
Wirtschaft und Arbeit macht re-
gelmäßig von der Möglichkeit
Gebrauch, die Bezugsdauer durch
Rechtsverordnung zu verlängern.
Letztmalig wurde die Höchstbe-
zugsdauer für den Zeitraum vom
1. Januar 2004 bis 30. Juni 2005
auf 15 Monate angehoben. Zu-
dem sollte sie vom 1. Juli 2005
bis 30. Juni 2006 ursprünglich
auf 12 Monate festgesetzt wer-
den.
Das Bundesministerium für
Wirtschaft und Arbeit hat nun-
mehr mit der „Zweiten Verord-
nung zur Änderung der Verord-
nung über die Bezugsfrist für das
Kurzarbeitergeld“ vom 21. Juni
2005 die bisher geltende Höchst-
bezugdauer von 15 Monaten ver-
längert. Die Verlängerung gilt für
den Zeitraum vom 1. Juli 2005
bis 31. Dezember 2006 fort. Da-
mit bleibt die bisherige Höchst-
bezugsdauer zunächst unverän-
dert bei 15 Monaten.
1...,10,11,12,13,14,15,16,17,18,19 21,22,23,24,25,26,27,28,29,30,...36
Powered by FlippingBook