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Schützen & Erhalten · September 2021 · Seite 29 FACHBEREICHE I BAUTENSCHUTZ die Flammen bzw. den Rauch nicht über die Luftverbindungen in die weiteren Etagen überschlagen zu lassen. Ent- sprechend dieser Verordnung hätte in dem Schacht gar keine Öffnung sein dürfen, die eine Luftverbindung zu dem Innenraum des Badezimmers herstellte. In der Landesbauordnung (BauO NRW 2018) heißt es konkret: § 40 Leitungsanlagen, Installations- schächte und -kanäle (1) Leitungen dürfen durch raumab- schließende Bauteile, für die eine Feu- erwiderstandsfähigkeit vorgeschrieben ist, nur hindurchgeführt werden, wenn eine Brandausbreitung ausreichend lang nicht zu befürchten ist oder Vor- kehrungen hiergegen getroffen sind. (2)... (3) Für Installationsschächte und -kanäle gelten Absatz 1 sowie § 41 Absatz 2 Satz 1 und 2 sowie Absatz 3 entsprechend. § 41 Lüftungsanlagen (1) ... (2) Lüftungsleitungen sowie deren Be- kleidungen und Dämmstoffe müssen aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen. Brennbare Baustoffe sind zulässig, wenn ein Beitrag der Lüftungsleitung zur Brandentstehung und Brandweiter- leitung nicht zu befürchten ist. [...] (3) Lüftungsanlagen sind so herzustellen, dass sie Gerüche und Staub nicht in andere Räume übertragen. § 3 Allgemeine Anforderungen (1) Anlagen sind so anzuordnen, zu er- richten, zu ändern und instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit und Ord- nung, insbesondere Leben, Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen, nicht gefährdet werden, dabei sind die Grundanforderungen an Bauwerke ge- mäß Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 305/2011 zu berücksichtigen. Anlagen müssen bei ordnungsgemäßer Instand- haltung die allgemeinen Anforderungen des Satzes 1 ihrem Zweck entsprechend dauerhaft erfüllen und ohne Missstände benutzbar sein. Der Bauleiter konnte also aufgrund dieses Wissens gar nicht damit rechnen, dass in dem Steigleitungsschacht hinter der abgehängten Decke evtl. eine Öff- nung im Schacht vorhanden war, die für die Bewohnerin eine Gefahr darstellte. Aufgrund der Brandschutzbestimmun- gen musste er sogar vom Gegenteil ausgehen. Trocknung Die fachlich gute Übersicht des Bauleiters zeigte sich im weiteren Untersuchungs- verlauf des Falls, da er für die Wand- und Raumtrocknung des Badezimmers im EG keinen Adsorptionstrockner, sondern einen Kondenstrockner eingeplant hatte. Der Kondenstrockner (Umluftbetrieb) zieht die Luft nicht aus dem Raum und führt sie ins Freie ab, so dass bei der im Badezimmer vorhandenen Gaskombi- therme auch nicht die Gefahr bestand, dass Abgase zurück in den Raum gezo- gen würden. Was wäre denn passiert, wenn die Mieterin den vereinbarten Termin einge- halten hätte? In diesem Fall wäre die abgehängte Decke in ihrem Badezimmer entfernt worden und die Monteure hätten das Loch im Steigleitungsschacht entdeckt. Sie hätten es aufgrund ihres beruflichen Fachwissens abgedichtet, da sonst aus dem Badezimmer Luft in den Schacht gesaugt worden und der Schacht selbst somit nicht (wirtschaftlich) entfeuchtet worden wäre. Für die Schachttrocknung muss der Schacht als ein geschlossenes zu trocknendes Raumvolumen gesehen werden, da ansonsten die eingeplante Geräteleistung ggfs. nicht ausreichend ist. Foto Nr. 1 zeigt die geöffnete Paneel- decke (blauer Pfeil). Links im Foto (roter Pfeil) ist die Therme zu erkennen. Fazit Aus technischer und baupraktischer Sicht kann dem Bauleiter im Bauten- trocknungs-Gewerbe nach schrittweiser Analyse des Falls kein Fehler nachgewie- sen werden. Nach baupraktischem, sich aus sei- nem Berufsbild ergebenden Vorgehen, hatte er keinen Grund in die abgehängte Decke zu sehen, da er aufgrund der Schädigung fachlich richtig den Rückbau der Decke einplante. Nur wenn er die Decke für „erhaltenswert“ eingestuft hätte, würde sich aus seinem Berufsbild die Notwendigkeit erschließen, in den Hohlraum der Decke zu sehen, um die Decke auf Dämmstoffe und deren Trocknungsmöglichkeit und evtl. Schim- melpilzbefall hin zu untersuchen. In diesem Fall hätte er evtl. die Öffnung im Schacht entdeckt und somit das Unglück verhindern können. Zudem konnte er aus seinem Fach- wissen heraus nicht damit rechnen, dass eine Luftverbindung zwischen dem Innenraum des Badezimmers und des Steigleitungsschachts bestand, da diese Öffnung aus Brandschutzgründen untersagt ist. Auch aus seiner Berufserfahrung als Bauleiter im Bautentrocknungs-Gewerbe konnte er nicht mit einer solchen Verbin- dung rechnen. Die für die einzelnen Trocknungs- maßnahmen eingeplanten Geräte, insbesondere der Kondenstrockner für die Wand-/Raumtrocknung im Bade- zimmer der EG-Wohnung, waren aus Sicht des Unfallschutzes einwandfrei, da der Kondenstrockner keine Luft aus dem Raum saugt, wobei die Gefahr der Rückführung der Abgase aus der Therme bestanden hätte. Autoren-Kurzbiografie Michael Grübel Der Autor ist seit über 25 Jahren in der Bausanierung selbstständig tätig. Der gelernte Bauklempner, Kaufmann, Betriebswirt und Meister im Holz- und Bautenschutz ist seit 2001 ö.b.u.v. Sach- verständiger für das Bautentrocknungs- Gewerbe. Er führt seit 2003 ein Sachver- ständigenbüro für Wasser- und Feuch- teschäden an Gebäuden, Bautrocknung, Schimmelpilze sowie Holz- und Bauten- schutz.
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