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Es schreibt für Sie: RA Andreas Becker Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Nienburger Str. 14a · 30167 Hannover Telefon: (0511) 1231370 Telefax: (0511) 12313720 E-Mail: info@becker-baurecht.de Internet: www.becker-baurecht.de Es schreibt für Sie: Diplom-Betriebswirt Wolfgang Krauß Seit über 25 Jahren in der betriebswirtschaftlichen Beratung von Handwerks betrieben tätig Kolbing 35 · 83556 Griesstätt Telefon: (08039) 9097220 Mobil: (0172) 7499102 E-Mail: wolfgangkrauss-beratung@ t-online.de Internet: www.beratungfuershandwerk.de www.die-erfolgswerker.de BETRIEBSWIRTSCHAFT Die Baustellensteuerung: Mit welchen Werten bei der Nachkalkulation rechnen? Teil 1 S ind der Zeitpunkt und die Inhalte für die Nachkalkulation soweit geklärt, kann es an die praktische Durchführung der Nachkalkulation gehen. Während die Zuordnung von Mate- rial- und evtl. Nachunternehmerkosten hinsichtlich ihrer Höhe durch Lieferan- ten- und Nachunternehmerrechnungen klar sind, kommen den auf der Baustelle verrechneten Löhnen und Gemeinkosten eine zentrale Bedeutung zu. Im Speziellen: Wie sind die auf den Baustellen angefallenen Stunden wert- mäßig zu berücksichtigen? In der Praxis sind hier folgende Hand- habungen anzutreffen: 1.) Die Baustellenstunden werden unabhängig ihrer Zusammenset- zung von Meister-, Gesellen- und Azubistunden mit dem betrieb- lichen Verrechnungssatz multipli- ziert und ergeben so den Anteil für die Lohn- und Gemeinkosten. Rechnungssumme netto abzgl. Materialkosten (netto) abzgl. Nachunternehmerkosten (netto) abzgl. Baustellenstunden × Verrechnungssatz (netto) = Baustellenergebnis Das generelle Problem bei den meisten Betrieben ist der Umstand, dass der zu- grunde gelegte Verrechnungssatz in den häufigsten Fällen nicht das Ergebnis einer innerbetrieblichen Kostenberechnung ist. Sondern einem vermeintlich vorherr- schenden Marktpreis entspricht, aus evtl. Publikationen von Betriebsvergleichswer- ten entnommen oder irgendwann einmal vom Steuerberater ermittelt wurde. Alle Verfahren haben einen großen und wesentlichen Nachteil, sie entspre- chen im Regelfall nicht der individuellen und aktuellen Kostensituation des Betriebes. So wird ein Baustellenergebnis ausge- wiesen, das eine rechnerische Sicherheit simuliert, die in Wahrheit nicht gegeben ist. Auch wenn es hier nicht um die dritte Nachkommastelle geht, kann es durch- aus hilfreich sein, zu wissen, ab wann der Betrieb Verlust macht oder ob an der Baustelle etwas übriggeblieben ist. Ein in diesem Verfahren weiterer kritischer Punkt ist die Frage nach der Gleichbehandlung der Azubi-, Gesellen- und evtl. Meisterstunden. Da in allen Bereichen ein unterschied- liches Lohnniveau (Azubivergütung und Meistergehalt, falls nicht Lohnempfänger auf Stundenlohn umgerechnet) herrscht, wird dies so in der Nachkalkulation nicht berücksichtigt. Selbst wenn im Idealfall im Vorfeld eine betriebsindividuelle Kostenbe- rechnung stattgefunden hätte und der Verrechnungssatz über den sich daraus ergebenden Mittellohn berechnet wurde, wirkt sich die konkrete Baustellenbeset- zung wesentlich auf das echte Betriebs- ergebnis aus. So fällt der Einsatz eines Meisters auf der Baustelle kostentechnisch höher aus, als dies bei einem Gesellen der Fall wäre. Ein in diesem Zusammenhang oftmals geäußertes Gegenargument, dass der Meister ja auch deutlich produktiver ist und somit das „Lohngefälle“ aus- geglichen wird, greift nur, wenn eine Arbeit ausgeführt wird, die eine höhere fachliche Fertigung erfordert und der Meister dann auch schneller wäre. Im Regelfall ist es aber so, dass im zeitlichen Vorfeld der Angebotserstellung noch nicht klar ist, wer an der Baustelle eingesetzt wird und die Leistung „nor- mal“, also über den üblichen Preis, verrechnet wird. Die gleiche Thematik betrifft auch die Verrechnung der Azubis auf den Baustel- len. Es gab einmal eine Verordnung, die bei mit öffentlichen Mitteln finanzierten Aufträgen die Verrechnung der Azubis geregelt hat. (VOPR Nr. 10/52) Auch wenn diese Regelung schon lange (seit 1968) keine Gültigkeit mehr hat, hat sich hier deren ursprüngliche Verrechen- barkeit im Markt als Orientierungsgröße etabliert. Bei dieser Regelung wurde eine Differenzierung der Verrechnungssätze hinsichtlich des Lehrjahres der eingesetz- ten Azubis wie folgt vorgenommen: Als Basisgröße diente hierbei der Stundenverrechnungssatz eines Gesellen: 1. Lehrjahr 45% des Stundenverrech- nungssatzes eines Gesellen 2. Lehrjahr 55% des Stundenverrech- nungssatzes eines Gesellen 3. Lehrjahr 65% des Stundenverrech- nungssatzes eines Gesellen Beispiel: Stundenverrechnungssatz Geselle = 50,– Euro/Stunde 1. Lehrjahr 45% Stundenverrechnungs- satz 22,50,– Euro/Stunde (50,– Euro × 45%) 2. Lehrjahr 55% Stundenverrechnungs- satz 27,50,– Euro/Stunde (50,– Euro × 55%) 3. Lehrjahr 65% Stundenverrechnungs- satz 32,50,– Euro/Stunde (50,– Euro × 65%) Aus Vereinfachheitsgründen wird in der Praxis mit einem Mittelwert von 50% gerechnet. Wieweit sich dann der einzelne Mitarbeiter rechnet, ist natürlich abhängig vom jeweiligen Mitarbeiter und der auszuführenden Tätigkeit.
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