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Schützen & Erhalten · März 2023 · Seite 26 FACHBEREICHE I SCHIMMELPILZE Es schreibt für Sie: Dr. rer. nat. Constanze Messal Fachbereichsleiterin Schimmelpilze Schutower Ringstraße 6 · Gebäude S29 18069 Rostock Telefon: (0381) 637-28280 Telefax: (0381) 637-28281 E-Mail: messal@dhbv.de Von Jägern und Gejagten Unter Beobachtung A l s kür z l i ch neun angehende Restauratorinnen der Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim ihrer Professorin einen orangefarbenen Fleck an einer weiß getünchten Wand in einer Kirche zeigten und meinten, dass dies wohl Archaeen wären, war ihnen die Be- deutung ihrer Entdeckung noch nicht bewusst. Sie haben einen Prädator entdeckt. Einen Jäger, der es auf andere Mikroorganismen abgesehen hat. Jäger-Beute-Beziehungen sind im Tierreich die Normalität. Wir nutzen diese Beziehungen auch für uns aus, wenn Nützlinge gezielt gegen Schad- organismen eingesetzt werden. Das ist nicht nur ein Katz-und-Maus-Spiel, sondern gerade in der Schädlingsbe- kämpfung eine erfolgreiche Methode der Substitution, um beispielsweise eine Biozidanwendung zu umgehen oder Schädlingspopulationen gezielt klein zu halten. Insbesondere in Museen sind Schäd- lingsbefälle und Schimmelpilzwachstum ein großes Problem. Dabei tun auch der Klimawandel und die Not, keine oder nur wenig geeignete Depots zu haben, ein Übriges. Als besonders gefährliche Schädlinge in Sammlungen sind hierbei die Kleidermotte Tineola bisselliella und der Teppichkäfer (Kabinettkäfer) Anthrenus verbasci und sein Geschwister der Museumskäfer Anthrenus museorum zu nennen, die im Wesentlichen Schäden an textilen Museumsgütern verursachen. Massive Schäden werden aber auch durch das Papierfischchen Ctenolepisma longicaudatum verursacht. Für die Suche von Papierfischchen-Befällen werden übrigens auch Spürhunde ausgebildet. Häufig ist auch der Brotkäfer Stegobium paniceum anzutreffen, der es auf stär- kehaltige Archivarien abgesehen hat wie leimgebundene Bücher oder Bilder mit Cellulosen als Bindemittel (1). Schaut man hierbei in die Historie der Museumsschäden, dann ist festzu- stellen, dass eine Verschiebung des Ar- tenspektrums stattgefunden hat. Leider jedoch keine Abnahme der Schäden. So dominierte lange Zeit der Gemeine Na- gekäfer Anobium punctatum , während nunmehr der südeuropäische Braune Nagekäfer Nicobium castaneum die Schadensstatistik hochhält. Auch das Papierfischchen Ctenolepisma longicau- datum gehört eigentlich nicht in das mitteleuropäische Museum, konnte aber ziemlich erfolgreich das Silberfischchen Lepisma saccharinum verdrängen. Auch wenn er oben noch genannt wurde – der einst sehr gefürchtete Museumskäfer Anthrenus museorum ist mittlerweile fast vollständig verschwunden, stattdessen bevölkern nun der potentiell noch schäd- lichere Teppichkäfer und der Australische Teppichkäfer Anthrenocerus australis die Museumsschätze (2). Der Bekämpfung dieser Bedrohung verdanken wir noch heute eine immens hohe Belastung der Depots und Archive mit Insektiziden, so dass der Umgang mit den Kunstschätzen und archäologischen Funden für den Menschen mit akuten Gesundheitsgefährdungen verbunden ist und so manches Depot zum Sperrgebiet erklärt wurde. Da macht es Sinn, sich nach biozidfreien Bekämpfungsmaßnah- men umzuschauen und zu prüfen, ob sich nicht ein passender Räuber findet. Bewährt hat sich hierbei der Einsatz von Schlupfwespen und Raubwanzen. Prädatoren, Parasiten und Parasitoide Ein Prädator ist ein Organismus, der ei- nen anderen (die Beute) fängt und frisst. Das mag man sich für Mikroorganismen erstmal gar nicht so vorstellen können. Viel eher würden wir da an Parasiten oder ein infektiöses Infiltrieren denken. Daher – ein Parasit ist ein Organismus, Mutualismus/Symbiose Kommensalismus Prädation/Parasitismus Amensalismus Wettbewerb/Konkurrenz Zelle B Zelle A Bild 1: Gehen Mikroorganismen eine Symbiose ein, so bietet diese Kooperation für beide den größten Benefit, beim Kommensalismus profitiert Zelle A von B, B erleidet aber keinen Schaden dadurch. A ist als Prädator oder Parasit natürlich vernichtend für B, hat aber nur Vorteile davon. Beim Amensalismus hält A B quasi vom Tisch fern, hat aber außer Spesen auch nicht wirklich was davon. Und sind A und B in Konkurrenz, dann bedeutet das für beide nur Stress. Statt Fortpflanzung muss Energie für Toxinproduktion oder deren Abwehr aufgebracht werden. (nach 3)

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