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Schützen & Erhalten · März 2023 · Seite 28 FACHBEREICHE I SCHIMMELPILZE bzw. spezielle Lantibiotika herzustellen, lässt sie zum Thema vieler Forschungsak- tivitäten werden. Actinomyceten werden in der Litera- tur häufig derart beschrieben, dass sie den Populationen von Bakterien oder Schimmelpilzen folgen . Also in der Sukzession mikrobieller Befälle sehr weit hinten angesiedelt sind und durch an- dere Organismen zunächst ferngehalten werden. Actinomyceten verstoffwechseln gern Substrate mit hohem Mineralgehalt und polymeren organischen Kohlenstoff- quellen wie Stärke, Zellulose und sogar Hemicellulose. Einige können Kohlen- wasserstoffe, Lignin oder auch Tannin zersetzen. Das ist möglich, weil sie wie Pilze ein funktionales System an Exoenzy- men besitzen. Wird organische Substanz zunächst durch Schimmelpilze destruiert, reduzieren nachfolgend Actinomyceten den Rest schwer verstoffwechselbarer Verbindungen, wobei sie sogar das Chitin der Pilzzellwand aufbrechen können… Aber macht nicht genau dieses Feature sie zu potentiellen Prädatoren? In der Tat zeigt sich mehr und mehr, dass Actinomyceten anderen Ordnungen nicht nur folgen, sondern aktiv als Prä- datoren die Verfolgung aufnehmen und beispielsweise Cyanobakterien angreifen oder anderen gram-positiven Bakterien wie Staphylococcen oder Bacillus-Arten mal eben die Zellwände kaputt machen. Was ein großes Glück ist, denn hieraus lassen sich Strategien entwickeln, um MRSA-Keime in den Griff zu bekommen. Dass die kleinen Kerlchen einen durchaus guten Appetit haben, konnte (4) mit einer Untersuchung gezeigt wer- den, in der Kolonien von Micrococcus luteus innerhalb von 15 Tagen vollstän- dig eliminiert wurden. Auch vor Pilzen machen Streptomyces sp. & Co. nicht halt. Allerdings scheint es so, dass Pilze, solange diese einen aktiven Stoffwechsel besitzen, wohl in ausreichendem Maße einer Invasion standhalten können. So werden sie wohl nicht gefressen, jedoch nachhaltig im Wachstum inhibiert und die Sporulierung eingeschränkt. Es gibt auch Erkenntnisse, dass die Metabolite der Actinomyceten bei Pilzen einen programmierten Zelltod (programmed cell death, PCD) auslösen können. Da- mit lassen sich Pilzkonsortien in Schach halten (5, 6) aber auch Infektionen mit Azol-resistenten Aspergillus-fumigatus - Stämmen eindämmen (7). Zu einer halbwegs vollständigen Betrachtung der Actinomyceten ge- hört aber auch eine Erwähnung ihrer friedfertigen Lebensweise als „echte“ Symbionten in Schwämmen ( Porifera ), wobei sie bis zu 40% der Biomasse eines Schwammes ausmachen können. Schwämme gelten wie Actinomyceten als hochpotente Metabolitenlieferanten (8). Nun dürfte auch klar sein, warum. Aber auch Actinomyceten können zur Beute werden und dann durch Kom- mensalismus doch noch das Überleben sichern. Eine Studie beschreibt hierbei, wie in Frischwasserhabitaten Actinobak- terien als Beute des Wimperntierchens Cyclidium glaucoma deutlich reduziert wurden, die Zellzahlen jedoch sehr schnell wieder ansteigen, wenn das Wimperntierchen durch einen Flagella- ten, nämlich Ochrosomas sp. bejagt wird (9). Jäger-Beute-Beziehungen können also sehr komplex sein und in mehr als eine Richtung weisen. Schwarm oder Wolfsrudel? Sich von einem größeren Prädator beschützen zu lassen, kann also eine wirksame Strategie sein. Aber nicht für unseren nächsten Prädator. Auch dieser ist kein Unbekannter, verdanken wir doch diesem Modellorganismus die Aufdeckung des Quorum Sensing in der Biofilmbildung. Die Rede ist von den Myxobakterien, insbesondere von Myxococcus xanthus . Das gram-negative stäbchenförmige Bakterium ist bekannt für seine Kommunikations- und Koope- Bild 3: Actinomy- ceten der Gattung Microbispora auf der Jagd: Beute sind terrestrische Grünal- gen, die bis auf die Hülle ausgelutscht werden (1000fach, Foto Messal) Bild 4: Myxococcus xan- thus erkennt seine Beute durch Auslesen sog. Au- toinducer (artspezifische Botenstoffe), pirscht sich im Rudel an (Wolf-pack attack), bildet einen dich- ten Zellteppich mit extra- zellulären Substanzen und Fibrillen über der Beute und beginnt diese durch Lyse zu zersetzen. Dabei werden auch typische Fruchtkörper mit Sporen gebildet, die nach Auflö- sung der Beute freigesetzt werden und zu einer neu- en Generation von Präda- toren führen (nach 3).
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