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Schützen & Erhalten · März 2023 · Seite 30 FACHBEREICHE I SCHIMMELPILZE Sogenannte nematophage Pilze wachsen entweder innerhalb des Wurms heran oder befallen die Fortpflanzungs- stadien wie die Wurmeier oder die weiblichen Fortpflanzungsorgane. Und hier finden wir mit Sarocladium spp., Fusarium spp., Paecilomyces spp. oder Verticillium spp. eine Reihe wohlbe- kannter Innenraumbesiedler. Wer sich nun fragt, wie die Pilze in die Nema- toden hineingelangen. Teils oral über die Aufnahme von Sporen. Dann über eine Penetration der Zellwand oder der Eihüllen und zu guter Letzt auch über alle vorhandenen Körperöffnungen. Es gibt aber noch andere Möglich- keiten an den Wurm zu kommen, etwa durch Betäubung desselben. Diese raffinierte Jagdmethode nutzen unter anderem zwei alte Bekannte, die wir ebenfalls gut kennen: Tintlinge und Austernseitlinge. Scheinbar ist den bei- den Weißfäule-Erregern eine rein vegane Ernährung allein nicht ausreichend, es wird vermutet, dass die extra Fleisch- mahlzeit vor allen für die Versorgung mit Stickstoff genutzt wird. Wie auch immer, so produziert der Austernseitling das Gas 3-Octanon, welches in kleinen sog. Toxozysten, kleinen Ballons oder Lollipops, gelagert wird. Kommt eine Nematode in Kontakt mit Toxozysten und wird dem Gas ausgesetzt, findet eine Kaskade an neurologischen und biochemischen Reaktionen statt, die mit einer Paralyse des Wurms beginnen und dem Absterben von Muskelzellen enden. Dabei ist eine Beschädigung der Mitochondrien erkennbar, die zu einem Zusammenbruch des Energietransports verbunden ist. Dann übernehmen wiede- rum Ernährungshyphen den gelähmten Wurm und zersetzen die Beute enzyma- tisch (15). Coprinus-Arten gehen bei der Erbeu- tung von Nematoden etwas harscher vor. Auch sie setzen Nematotoxine ein, die im Wesentlichen mit Furanonen verwandt sind. Allerdings bearbeiten sie die Kuti- kula vorab mit Morgenstern-ähnlichen Keulchen. Die auch als Akanthozyten bezeichneten stacheligen Bällchen zer- kratzen dem Wurm regelrecht die Haut, so dass die Toxine aber auch die Hyphen des Pilzes besser eindringen können (17). Mikrobielle Prädatoren sind weder als Seltenheit noch als erfolglos zu bezeich- nen. Die Mechanismen der Jagd sind äußerst raffiniert und faszinierend. Dabei sind viele Jäger-Beute-Beziehungen noch gar nicht entdeckt. Nun wird jeder Blick durch das Mikroskop unter anderen Gesichtspunkten erfolgen. Wer hat da wen im Griff? Und jede Entdeckung birgt Potential für Anwendungen im Pflanzenschutz, als Insektizid oder auch für medizinische Anwendung. In diesem Sinne Weidmannsheil. Bild 5: Rasterelektronische Aufnahmen aus (18): von i zu viii ist erkennbar, wie die Nematode vom Hyphennetzwerk festgehalten wird, die Hyphen geradezu den Wurm umschlingen (iii) und festzurren, Ernährungshyphen dringen in den Nematodenkörper ein (vi) und lösen ihn nahezu auf (viii) Bild 6: Rasterelek- tronenmikrosko- pische Aufnahme von Toxozysten des Austernseitlings Pleurotus ostreatus, aus (15). In den Toxozysten befindet sich ein Nervengas, das bei Kontakt den Wurm betäubt und Zellnekrosen ein- leitet.
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