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Wissenschaftlich-Technische Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege DEUTSCHLAND INFORMATIONEN Der Fachwerkbau mit Lehm ist ein fas- zinierendes Kapitel der Baugeschichte, das über Jahrhunderte hinweg in ver- schiedenen Regionen florierende Zeiten erlebte. Neben der historischen Bedeu- tung stellen sich heute Fragen zur Res- taurierung, Erhaltung und möglichen Innovationen dieser einzigartigen Bau- form. Ulrich Röhlen arbeitet seit den frühen 1980er Jahren mit Lehm. Er ist Tech- nikleiter der Firma Claytec und leitet Architekturseminare und Handwerksver- anstaltungen sowie zahlreiche digitale Weiterbildungsseminare rund um das Thema Bauen mit Lehm. Zusätzlich ist er Fachbuchautor, Mitverfasser der „Lehm- bau Regeln“ des Dachverbands Lehm e.V. Weimar (DVL), dessen Verbandsarbeit er als zweiter Vorsitzender ebenfalls prägt, und stellvertretender Obmann des Norm- ausschusses Lehmbau am DIN. Er bietet für die WTA Akademie das Semi- nar „Lehmtechniken und Lehmbaustoffe in der Fachwerksanierung“ an. Frage: Gibt es bestimmte Epochen oder Regionen, in denen der Fachwerkbau mit Lehm besonders prominent war? Die große Zeit des mitteleuropäischen Fachwerkbaus erstreckte sich über Jahr- hunderte. Präsent war die Technik in fast allen Regionen. Auch in historischen Ziegelbau-Regionen entwickelte sich der Fachwerkbau vielfach parallel weiter. Besondere Verbreitungsregionen waren die Mittelgebirge, sei es wegen des Wald- reichtums oder wegen der schwierigeren Transportwege, die den Rückgriff auf regional verfügbare Baustoffe erklären könnten. Auch heute noch findet sich in den Dörfern und Kleinstädten der Mittel- gebirge ein großer Teil der deutschen Fachwerksubstanz, aber auch in der Ebene sind wichtige Fachwerkstädte prä- sent. Frage: Wie variieren die Eigenschaften der historisch eingesetzten Lehmbau- stoffe je nach Region? Verkürzt kann man sagen, man nahm das, was verfügbar war. Für das Stakwerk waren dies die Reste, die beim Zimmern anfielen. Es sind aber auch Staken aus allen möglichen kleinen Rundhölzern zu finden. Für das Flechtwerk griff man auf schnell und möglichst grade wachsende Hölzer zurück. Besonders spannend wird es beim Stroh, unsere Fachwerkhäuser sind Archive der Getreidepflanzenent- wicklung. Der in der Natur vorgefundene Baulehm muss in der Regel gemagert werden, um das Schwindverhalten einzu- stellen. Heute setzt man dazu Sand ein. Sand war früher im Mittelgebirge aber rar, die Neben- und Reststoffe der Land- wirtschaft waren dagegen ausreichend verfügbar. So wurde also mit dem Stroh gemagert, was die Mischungen leicht und zugfest machte. Somit konnte man fast jeden Lehm einsetzen, der über eine aus- reichende Bindekraft verfügte. Frage: Welche besonderen Herausforde- rungen stellen sich bei der Restaurierung von Lehmbauteilen im Fachwerkbau? Man muss natürlich auf Authentizität und die bauphysikalische Tauglichkeit achten. Grundsätzlich ist die Sanierung von Lehmbauteilen nicht übermäßig kom- plex, schließlich wurden die Arbeiten in der Vergangenheit auch von Nicht-Profis und mit einfachen Mitteln ausgeführt. Das heißt nicht, dass es kein Know-how und keine Erfahrung gab. Man muss sich die alten Techniken genau ansehen und sie verstehen. In den 1970er- und 1980er- Jahren war das Hauptproblem, dass man alle modernen Möglichkeiten ungesehen für so überlegen hielt, dass man meinte, sich mit den Techniken des Bestands nicht befassen zu müssen. Diese Igno- ranz hat sich vielfach bitter gerächt. Frage: Gibt es spezielle Techniken oder Methoden, die bei der Restaurierung his- torischer Lehmbauten angewendet wer- den? Verkürzt kann man sagen: Man wendet alte Techniken an, führt sie aber mit modernen Geräten und Maschinen aus. Frage: Wie kann die langfristige Erhaltung sichergestellt werden? Gibt es besondere Maßnahmen, die ergriffen werden müs- sen, um den Lehm vor z.B. Witterungs- einflüssen zu schützen? Der Witterungsschutz ist zentral. Lehm ist wasserlöslich und das Eindringen von Wasser in die Konstruktion muss mög- lichst verhindert werden. Eine gewisse Toleranz der Konstruktionen gegen ein- dringendes Wasser ist aber durchaus gegeben. Wichtig ist, dass das Wasser gut heraustrocknen kann. Viele vermeint- lich sichere Abdichtungen haben dann doch nach einiger Zeit Schwachstellen, Im Gespräch mit Ulrich Röhlen Fachwerkbau mit Lehm und seine Sanierung AKADEMIE Referent Dipl.-Ing. Ulrich Röhlen ist Vorstands- mitglied des Dachverbands Lehm e.V., Stellv. Obmann des DIN-Ausschusses Lehmbau und Fachbuchautor. Schützen & Erhalten · März 2024 · Seite 63
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