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Wissenschaftlich-Technische Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege DEUTSCHLAND INFORMATIONEN die Trocknungshinderung bleibt aber nach wie vor umfassend. Man sollte auf kapillar leitfähige, diffusionsoffene Tech- niken und Baustoffe setzen. Es gibt heute wieder Kalkputze amMarkt, die die Eigen- schaften der alten Luftkalkmörtel haben, allen voran eine geringe Druckfestigkeit. Die Erfahrungen damit sind sehr gut. Frage: Welche Arten von Schäden an Lehmbaustrukturen sind typisch, und wie werden sie diagnostiziert? Im Fachwerkbau geht es fast immer um mechanische Schäden und um Feuchte- schäden. Viele Sanierungen und Ergän- zungen werden auch notwendig, weil Reparaturen am Holzwerk durchgeführt werden mussten. All dies kann man sehen. Wenn wir das Fachwerk verlas- sen und uns dem mitteldeutschen Lehm- massivbau zuwenden, kann es komplexer werden, da der Lehm hier tragend einge- setzt ist. Ggf. muss eine restliche Trag- fähigkeit abgeschätzt werden, zum Bei- spiel bei Salzangriff durch aufsteigende Feuchtigkeit. Das ist dann eine Aufgabe für den erfahrenen Ingenieur. Frage: Gibt es spezielle Vorschriften oder Richtlinien im Umgang mit Lehmbauten in (denkmalgeschützten) Gebäuden? Hier ist auf die WTA-Merkblätter zu ver- weisen. Auch in den Lehmbau-Regeln des Dachverband Lehm e.V. steht Wis- senswertes. Wichtig ist die Information, dass die meisten Lehmbaustoffe wie Lehmputz- und Lehmmauermörtel heute genormt sind. Besonders bedeutend ist das für Lehmsteine. Deren DIN 18945 sieht eine eigene Anwendungsklasse explizit für solche Produkte vor, die für das Ausfachen von bewittertem Sicht- fachwerk mit Kalkverputz geeignet sind. Wir haben es also keineswegs mehr mit experimentellen oder improvisierten Bau- stoffen zu tun, sondern mit hochentwi- ckelten Bauprodukten, für die bestimmte Eigenschaften gewährleistet werden. Frage: Was ist bei der Innendämmung von Fachwerkhäusern zu beachten? Zunächst hat sich die Innendämmung auch im sensiblen Anwendungsbereich der Fachwerksanierung als eine sehr robuste und fehlertolerante Technik erwiesen. Man sollte die Dämmung aber nicht übertreiben, um bestimmte Werte oder Förderungsvoraussetzungen zu erzielen. Wichtig ist vor allem der Blick auf die Schlagregenbeanspruchung, dagegen ist der mögliche Tauwasseraus- fall meist zweitrangig. Es gibt sehr gute Erfahrungen mit kontaktschlüssigen Techniken und sorptionsfähigen Bau- stoffen, die bei Bedarf feuchtepuffernde Wirkung haben. Wie bei der Ausfachung gilt auch hier, dass ein gewisser Wasser- eintrag toleriert werden kann, so lange die schnelle Austrocknung gewährleistet ist. Frage: Welche Innovationen könnten die Sanierung von Lehm-Fachwerkbauten in Zukunft beeinflussen? Auf der Material- und Technikseite er- warte ich keine Wunder. Die geeigne- ten Lehmbaustoffe sind verfügbar, ihre Anwendung hat sich nun seit Jahrzehnten in der Praxis bewährt. Allerdings hat sich die sachgemäße Sanierung noch längst nicht eindeutig durchgesetzt. Man konnte das nach dem Ahr-Hochwasser mit den verheerenden Schäden an der Lehm-Fach- werksubstanz beobachten. Es ist für man- che Baustoffproduzenten einfach zu ver- lockend, mit ihren Neubauprodukten auch einen solchen sich plötzlich auftuenden Markt zu bedienen, also wurden wieder ganz aktuell die Fehler vergangener Jahr- zehnte wiederholt. Die Aufgabe liegt also in der Informations- und Wissensvermitt- lung, in Aus- und Weiterbildung, wie sie z. B. WTA Akademie vorantreibt. AKADEMIE Termin: 12.04.2024, 9 bis 17 Uhr Seminarort: Seminarzentrum Synapsis Dr. Jordan e. K., Rabanusstr. 40 – 42, 36037 Fulda Vertiefen Sie Ihre Kenntnisse und erfahren Sie mehr zum Thema im Seminar: Lehmtechniken und Lehmbaustoffe in der Fachwerksanierung Fachgerecht kontaktschlüssig verklebte Innen- dämmung aus Holzfaserdämmplatten Historisches Gefach, mechanisch noch weit- gehend intakt trotz erheblicher Verformung des Holztragwerks Gefachausmauerung mit modernen Lehmstei- nen der Anwendungsklasse Ia nach DIN 18945 alle Fotos: © CLAYTEC GmbH & Co. KG Schützen & Erhalten · März 2024 · Seite 64
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