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Schützen & Erhalten · Juni 2023 · Seite 10 FACHBEREICHE I HOLZSCHUTZ schutzes sind diese Bauwerke alles ande- re als ideal. Denn als Fassadenbekleidung griff man oft auf naturnahe Baustoffe wie Rohholz, Äste bzw. Zweige, Borke, Wurzelwerk, Weidengeflecht, Lehm und Moos zurück. Die zur Außenwandverkleidung ein- gesetzten Borke wurde vorrangig von der Stiel- oder Traubeneiche gewonnen. Der reiche Bestand an sogenannten „Eichen- schälwälder“, ausschließlich zur Gewin- nung von Eichenrinde angepflanzt, dien- te als Rohstofflieferant, jedoch vorrangig zur Gerbstoffgewinnung. Kurz vor dem Fällen der Bäume hat man diese geschält und den Gerbstoff Tannin aus der Rinde extrahiert. Als Gerberlohe (Eichenlohe) fand diese Anwendung beim Gerben von Leder und verlieh ihm ein rotes bis braunes Aussehen. Ein gewisser Anteil der dafür gewonnenen Eichenrinde kam bei der Ausgestaltung der Borkenhäuser in der Gartenarchitektur zum Einsatz. An der Fassade ist schnelles Ableiten von Niederschlagswasser (Schlagre- genbelastung) so gut wie unmöglich. Die Niederschlagsbeanspruchung der Fassade konnte lediglich durch weite Dachüberstände bzw. Anbauten ent- schärft werden (siehe auch Bilder 1 und 2). Im Sockelbereich war man allerdings gezwungen auf die oben genannten Naturbaustoffe zu verzichten. Um dem Gebäudecharakter halbwegs gerecht zu werden, besteht der Sockel meist aus unbehauenen Natursteinen. Für die Dacheindeckung kamen ebenfalls naturnahe Baustoffe zum Einsatz, wie Stroh, Reet, Gras, Moos, Holz- oder Schieferschindeln. Da es sich hierbei um kurzlebige Baustoffe handelt, sind diese dem natürlichen Verfall preisgegeben und mussten mehrfach ausgetauscht bzw. durch langlebigere Baustoffe er- setzt werden. Ein Erhalt der seltenen und oftmals unter Denkmalschutz stehenden Ge- bäude ist aus heutiger Sicht ein gesell- schaftliches Anliegen. Zum Zeitpunkt der Erstellung stand diese Betrachtungsweise jedoch nicht im Vordergrund. Mit der damals einfach und simpel gewählten Bauweise und dem Einsatz vergänglicher Baumaterialien hat man einen raschen Bild 2: Borkenhaus in Hann. Münden auf der Insel Doktorwerder Axel Hindemith https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/legalcode Bild 4: Rustikale und einfache Gestaltung im Inneren mit Halbrundhölzern, Schwarten und Bohlen Bild 3: Borkenhaus im Wörlitzer Park vor der Grundsanierung Bild 5: Borkenhaus in Wörlitz nach vollständiger Demontage der Außenfassade

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