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Schützen & Erhalten · Juni 2023 · Seite 11 FACHBEREICHE I HOLZSCHUTZ Verfall einkalkuliert. Teilweise war es sogar eher wünschenswert, da gewisse Verfallserscheinungen an Gebäuden die Vergänglichkeit von Mensch und Natur im ewigen Kreislauf des Werdens und Vergehens veranschaulichen. Diese Sichtweise erklärt auch, warum bewusst gegen die damals bekannten konstrukti- ven Bauregeln verstoßen wurde. Schadens- und Sanierungsbeispiele Wurzelhaus Wörlitzer Park, auf dem Kleinen Heger Ein mit Eichenborke außen verkleidetes Borkenhaus (auch Wurzelhaus genannt) im Wörlitzer Park wurde über einen Weg als romantisierender Gartensitz etwa um 1785 errichtet (Bild 3). Innenseitig befindet sich eine umlaufende Sitzbank aus Natursteinen. Zwischen Rundstäm- men angebrachte horizontale Bohlen und Schwarten als Banklehne unter- streichen den rustikalen und einfachen Charakter (Bild 4). Nach Rückbau des äußeren Astwerks und der Borkenteile ist die Fachwerkstruktur, bestehend aus Kiefernholz und klosterformatigen Zie- gelausfachungen, zu erkennen (Bild 5). Die aus Eiche bestehende Schwelle, bei der Errichtung auf einen ausreichend hohen Sockel aufliegend, befindet sich mittlerweile in etwaiger Geländehöhe. Im Laufe der Jahrzehnte wurde versäumt, das stetig anwachsende Geländeniveau zu korrigieren. Folglich sind Fäulnisschä- den und Fluglöcher vom Bunten Nage- käfer zu beobachten (Bild6). Zusätzlich finden sich an den Stiel- und Riegelkon­ struktionen alte Nester von Ameisen. Dem Denkmalcharakter Rechnung tragend, wurden die stark geschädigten Holzbauteile ausgewechselt. Vielfach fanden lediglich Ausklotzungen statt (Bild 7). Rücktrocknungsspuren an der Außen- fassade, welche nach der Demontage der Borkenstücke zu erkennen sind (Bild 8), machen das oben beschriebene konstruktive Problem deutlich. Über die Fugen der Borkenstücke gelangt Nie- derschlagswasser an die Außenwand. Sofern der originale Zustand wiederher- gestellt werden soll, reicht eine alleinige Borkenbekleidung nicht aus, um die Au- ßenwände wirksam vor Feuchteeintritten zu schützen. Für einen wirksameren Schutz wären wasserabweisende, jedoch diffusionsoffene Bahnen denkbar. Hexenhaus in Falkensee, Poetenweg 88 Das im Jahre 1908 erbaute Wohnhaus, ganz im Stil der Borkenhäuser, war 2004 im Rahmen einer Zwangsversteigerung holzschutztechnisch untersucht wor- den. Jahrelanger Leerstand, fehlende Wartung und Vandalismus hatten ihre Spuren hinterlassen (Bild 9). Ab dem Jahr 2009, nach der Grundsanierung, beherbergte das Haus 10 Jahre lang ein „Literaturcafé“. Auch in der Zukunft soll es, trotz Besitzerwechsel, weiterhin gastronomisch genutzt werden. Bild 7: Partielle Reparatur an einem Eckstiel Bild 6: Geringer Abstand der Ei- chenschwelle zum Gelände führt zu Braunfäuleschäden und Befall durch den Bunten Nage- käfer

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