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AKADEMIE Interview mit Jörg-Michael Tappeser, Referent der WTA Akademie Die Rolle der Baubiologie bei der Ursachenklärung von Bauschäden Die Berücksichtigung baubiologischer Aspekte ist von großer Bedeutung, wenn es darum geht, komplexe Ursachen von Schäden in Gebäuden zu analysieren. Oft treten in Bauwerken verschiedene Arten von Schäden auf, die miteinander ver- knüpft sein können und eine ganzheitliche Herangehensweise erfordern, um die Ur- sachen zu identifizieren und angemesse- ne Lösungen zu finden. In solchen Fällen kann die Baubiologie helfen, die Wechsel- wirkungen zwischen verschiedenen Fakto- ren zu verstehen. Jörg-Michael Tappeser beschäftigt sich seit über 30 Jahren mit der Bauschadens- analyse und der Sanierungsbegleitung und -überwachung von u.a. auch histori- scher Bausubstanz. Er ist seit diesem Jahr als Referent für die WTA Akademie tätig und stand uns für Fragen zum Thema des Schimmelbefalls an Bauwerken zur Verfü- gung. Wie wichtig ist eine baubiologische Voruntersuchung vor der Sanierungsmaßnahme? Für eine fachgerechte Schimmelsanierung ist sowohl eine gründliche Ermittlung des Schadensumfanges und des Gefährdungs- potentials als auch eine abschließende Kontrolluntersuchung sehr wichtig. Allge- mein sollte man bei einen Schimmelscha- den davon ausgehen, dass nur ein sehr geringer Anteil davon sichtbar ist. Ein grö- ßerer Teil kann aufgrund seiner Verteilung, seiner Größe und seines geringen Kon- trasts auf den Oberflächen ohne Hilfsmittel nicht erkannt werden. Und oftmals ist der Schimmelbefall im Verborgenen weitaus größer als das, was auf der Oberfläche vorhanden ist. Gerade hinter Vorsatzschalen, in der Estrichdämm- schicht oder auch in Holzbalkendecken kann ein weitaus stärkerer Befall vorhan- den sein als auf den raumseitigen Ober- flächen. Und da mikrobielle Schäden auch über ihre Stoffwechselprodukte einen er- heblichen gesundheitlichen Einfluss haben können, müssen auch die nicht sichtbaren Bereiche in das Sanierungskonzept unbe- dingt mit einbezogen werden. Für eine umfassende Untersuchung ist viel Erfahrung notwendig und der Aufwand gerade bei älteren Schäden kann immens sein. Neben Schimmel können auch andere Mikroorganismen wie Bakterien und Ac- tinomyceten beteiligt sein und gerade im Umfeld von Holz muss bei langanhaltender Nässe auch auf holzzerstörende Pilze ge- achtet werden. Abgeklärt werden muss neben den gesund- heitlichen Aspekten für die Sanierer und späteren Nutzer auch, ob die Materialien aufgrund der Befallstiefe oder Strukturver- änderungen erhalten bleiben können. Gera- de der Denkmalschutz ist hier immer wie- der eine Herausforderung, wenn möglichst viel erhalten werden soll, was eigentlich entsorgt werden müsste. Und was meist vergessen wird, ist, dass bei der Öffnung von Bauteilen mit Schad- stoffen wie Asbest, PCB, PAK gerechnet werden muss. Auch hierauf sollte daher bei einer Voruntersuchung unbedingt geachtet werden, um einen angemessenen Schutz für die Handwerker, die Umwelt und die späteren Nutzer gewährleisten zu können. Wie lässt sich ein verdeckter Schimmel- befall diagnostizieren? Es gibt verschiedene Ansätze, einen ver- deckten Schimmelbefall mit wenig Auf- wand diagnostizieren zu können. Hierzu gehört die Suche nach dessen Stoffwech- selprodukten (MVOC) und seinen Toxinen. Während die Untersuchung nach MVOC (engl. Micobiological Voluntile Organic Compounds) allenfalls ergänzend durch- geführt werden sollte, steckt die Suche nach Toxinbelastungen der Raumluft noch Schützen & Erhalten · September 2023 · Seite 63
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