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Foto: Messal Schützen & Erhalten · Dezember 2022 · Seite 32 FACHBEREICHE I SCHIMMELPILZE Energiesparend in die Schimmelkrise? Mikrobiologie und Bauphysik – Duo infernale? Der Winter hat sich Zeit gelassen, aber nun ist er da. Und damit auch die Frage, wie den Spagat schaffen, Heizkosten zu sparen, ohne einen Schimmelschaden zu riskieren. Denn klar ist, dass das schimmelträchtige Zusammenspiel von Raumluftfeuchte, Bauteiloberflächen- temperatur und kritischer Wasseraktivität an Bauteilen neben der Baukonstruktion vor allem durch Heizen und Lüften ge- steuert wird. Weniger Heizen bedeutet, dass Raumluft- und Bauteiloberflächen- temperaturen absinken. Bei konstanter Wasserdampfbeladung oder besser gleichbleibenden Nutzungsbedingungen wird dann die relative Luftfeuchtigkeit ansteigen, da das Wasserdampfaufnah- mevermögen eben geringer ist. In Kon- takt mit gering temperierten Bauteilober- flächen steigt die relative Luftfeuchtigkeit dann noch weiter, es stellen sich kritische Wasseraktivitäten ein, die ein Auskeimen von Sporen ermöglichen. Und wenn dann auch noch der Rest stimmt, kann es einen schönen Schimmelbefall geben. Das ist an sich nichts Neues. Daher auch die Empfehlung, auf eine angemessen hohe Temperierung achten. Nämlich so hoch, dass die Bauteiloberflächentempe- raturen so eingestellt sind, dass kritische Wasseraktivitäten vermieden werden. Da gibt es auch Normen zu, die dann für ein Normklima unter Normbedin- gungen eine Mindestbauteiltemperatur vorgeben, die sicher Schimmelschäden vermeiden soll, gern auch als Hygiene- temperatur bezeichnet. So. Heerscharen von Sachkundigen, Sachverständigen oder Baupyhsikstudent*innen haben ausbildungshalber reihenweise vor- und zurückgerechnet, wie Temperatur und rel. Feuchte einzustellen sind, damit in einem Mustergebäude aber auch unter realen Bedingungen alles im Grünen Bereich bleibt. Das bedeutet – Heizen und Lüften! Paradigmenwechsel Und dann wird das mit dem Heizen kritisch. Gas wird knapp, Strom wird teuer, der Rest auch. Zwangsläufig wird ans Sparen gedacht. Genauer – weniger Heizen. Das sieht auch der Staat so und hat mit der Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen (Kurzfristenergie- versorgungssicherungsmaßnahmenver- ordnung – EnSikuMaV) auch gleich ein paar Pflöcke eingeschlagen. Und zwar im Wesentlichen als Festlegung von Höchst- werten der Raumlufttemperatur für öffentliche Nichtwohngebäude und den darin befindlichen Arbeitsplätzen. Damit wird von der Arbeitsstättenverordnung abgewichen, so darf die Lufttemperatur in Arbeitsräumen für überwiegend sitzende Tätigkeiten auf maximal 19 °C erwärmt werden. Aber eben nur in öffentlichen Nichtwohngebäuden. Für Mietwohnungen hingegen gibt es nur eine fakultative Temperaturab- senkung (§ 3 Fakultative Temperaturab- senkung durch Mieter). Genau heißt es: Die Geltung einer Vereinbarung in einem Mietvertrag über Wohnraum, nach der der Mieter durch eigene Handlungen eine Mindesttemperatur zu gewährleis- ten hat, ist für die Geltungsdauer der Verordnung ausgesetzt. Eine Pflicht des Mieters, die nicht auf einer nach Satz 1 ausgesetzten vertraglichen Vereinbarung beruht, bleibt von dieser Regelung un- berührt. Dazu zählt insbesondere die Pflicht des Mieters, durch angemessenes Heiz- und Lüftungsverhalten Schäden an der Mietsache vorzubeugen. Also, der Mieter darf in Eigeninitiative absenken, auch unterhalb einer im Mietvertrag festgelegten Temperatur (die üblicher- weise festgelegt wird, wenn aufgrund baulicher Gegebenheiten die Einhaltung der Hygienetemperatur etwas mehr Heiz- und Lüftungsinitiative erfordert), muss dann aber durch begleitende Maßnah- men wie Lüften sicherstellen, dass keine Schäden entstehen. Dazu notwenige Informationen wie Vergleichswerte oder Hinweise zu energieeffizienten Geräten sind vom Vermieter/ Eigentümer bereit- zustellen. Ein Verweis, fristgerecht bis 30. September 2022, auf die Internetpräsenz des Bundes www.energiewechsel.de ist übrigens ausreichend. Und das ist des Pudels Kern. Wenn in Eigeninitiative die Raumlufttemperatur abgesenkt wird, erfordert dies also ein angepasstes Lüftungskonzept. Und nun ist die Frage, die Mieter mit Eigeninitia- tive zum angepassten Lüftungskonzept kommen, wenn es sich nicht um Leute Führt die Absenkung der Raumtemperatur zu mehr Kondensat und nachfolgend zu Schimmelwachstum?

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