S&E Glossary
Als der erste Schock verarbei- tet war, wurde langsam das ganze Ausmaß des Unglücks realisiert. 112.000 Bücher waren in der Nacht zum 3. September 2004 einem dreistündigen nächtlichen Flammeninferno zum Opfer gefallen. Davon gingen 50.000 Bücher un- wiederbringlich durch die Flam- men verloren, 62.000 waren durch Flammen und Löschwasser zum Teil erheblich in Mitleiden- schaft gezogen worden. Aber nicht nur das, auch das Gebäu- de, die weltberühmte und zum Weltkulturerbe der Unesco gehö- rende Herzogin Anna Amalia Bi- bliothek in Weimar war zu einem Teil Opfer der Flammen gewor- den. Die Rettung sämtlicher Bü- cher wurde dabei um ganze fünf Wochen verpasst. Im Oktober 2004 sollten die Bücher, darun- ter weltberühmte literarische Werke wie die Gutenbergbibel aus dem Jahr 1534, in das neu errichtete Tiefenmagazin ge- schafft werden. All das war ge- plant und vorbereitet, um das jahrhundertealte Bauwerk grund- legend zu sanieren. Trotz des unermüd- lichen Einsatzes verschiedener Feuerwehren konnte sich das Feuer PRAXIS Wiederaufbau der Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar Temperaturgeregelte Heizstabtechnologie als Beitrag zum Erhalt des Weltkulturerbes Ansicht des sich über die Ober- geschosse erstreckenden welt- berühmten Rokokosaales vor und nach der Brandnacht. Foto: Torsten Hemke, 360pocket.com ausbreiten und erst nach Stun- den gelöscht werden. Der Dach- stuhl sowie die zweite Galerie des Rokokosaals, erbaut in den Jah- ren 1761–1766, wurden kom- plett vernichtet. Andere Teile des weltberühmten Gebäudes, wie der Rokokosaal und die Renais- sancesäle – einschließlich der Gewölbe – wurden durch das Löschwasser erheblich beschä- digt. Das Mauerwerk der Herzogin Anna Amalia Bibliothek besteht aus ca. 1.500m³ Kalksteinbruch- stein und Kalkmörtel. Nach Ab- schätzungen auf Grundlage der Bauwerksdiagnostik waren durch die eingesetzten 380.000 Liter Löschwasser nicht nur 112.000 Bücher geschädigt bzw. verbrannt worden, sondern ca. 50.000 Li- ter Löschwasser waren in die Hohlräume und Baustoffporen des Mauerwerkes eingedrungen. Es galt, das eingedrungene Lösch- wasser in einem möglichst kur- zen Zeitraum aus dem Mauerwerk zu entfernen, ohne die Bausub- stanz weiter zu schädigen. Nur so konnte die Zielsetzung erreicht werden, die Bibliothek bis Ende 2007 wiederherzustel- len und zu restaurieren. Dazu wurde als Sofortmaß- nahme eine Raumklimaanlage im Gebäude installiert, um unter an- derem die Oberflächen des Bau- werkes technisch zu trocknen. Ferner wurden betroffene Holz- fußböden ausgebaut und auf- grund dabei vorgefundenen Haus- schwammbefalles aus vorherge- henden Zeiten bei z.T. –20°C eingelagert, um einer Aktivierung des Hausschwammwachstums durch in das Holz eingedrunge- ne Löschwasser vorzubeugen. An Wandbekleidungen wurden Fuß- und Gesimsbretter demontiert, um Knotenpunkte zu belüften, zusätzlich wurden Deckenfüllun- gen aus Lehm ausgebaut, um bes- sere Trocknungsbedingungen zu schaffen. Insgesamt wurden nach dem Brand im Bereich des Dach- stuhls und der angrenzenden Bereiche ca. 288m³ Brandschutt abgetragen. Löscharbeiten an der Herzogin Anna Amalia Bibliothek in der Brandnacht des 2. auf den 3. Sep- tember 2004. Foto: Isotec/ Maik Schuck
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