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BAUVERTRAGSRECHT Die Verpflichtung des Auftrag- gebers, den zur Absicherung von Gewährleistungsansprü- chen einbehaltenen Restwerk- lohn auf ein Sperrkonto ein- zuzahlen, stellt bei Geltung der VOB/B eine qualifizierte Vermögensbetreuungspflicht gegenüber dem Werkunter- nehmer dar. Sieht der Auftrag- geber von einer danach ge- schuldeten Einzahlung auf ein Sperrkonto ab und kann er den Restwerklohn infolge eigener Insolvenz nicht mehr auszah- len, so kann hierin ein Ver- stoß gegen § 266 StGB lie- gen. Dies entschied das Oberlandesge- richt München mit Beschluss vom 23. Februar 2006 (Az.: 2 Ws 22/ 06). Der Entscheidung lag im We- sentlichen folgender Sachverhalt zugrunde: Der Beschluss erging auf einen sog. Klageerzwingungsantrag hin, mit dem die Staatsanwaltschaft veranlasst werden soll, ein Straf- verfahren gegen einen Beschuldig- ten (wieder) zu eröffnen. In dem verhandelten Fall be- zichtigte die Antragstellerin, ein Sanitärhandwerksbetrieb, den be- schuldigten Alleingeschäftsführer einer Baubetreuungs-GmbH der Untreue nach § 266 StGB. Dieser habe entgegen den Bestimmungen eines zwischen den Unternehmen Unterlassene Einzahlung eines Sicherheitseinbehaltes als strafbare Untreue geschlossenen VOB-Vertrages den Sicherheitseinbehalt während der Gewährleistungszeit nicht auf ein Sperrkonto eingezahlt, sondern anderweitig verwandt. Infolge der eingetretenen Insolvenz der Bau- betreuungs-GmbH könne der Si- cherheitseinbehalt nunmehr nicht mehr ausbezahlt werden. Die in der Sache angerufene Staatsanwaltschaft stellte das Er- mittlungsverfahren aus rechtlichen Gründen ein, weil der Beschuldigte keine fremden Vermögensinteres- sen i. S. d. § 266 StGB zu betreu- en gehabt und auch kein fremdes Vermögen verletzt habe. Die hier- gegen gerichtete Einstellungsbe- schwerde der Antragstellerin wur- de verworfen. Hiergegen richtet sich der Klageerzwingungsantrag der Antragstellerin. In seiner Entscheidung führt das Oberlandesgericht München u. a. folgendes aus: Der Beschuldigte als Geschäfts- führer der Baubetreuungs-GmbH habe hinsichtlich des Sicherheits- einbehaltes eine Vermögensbe- treungspflicht i. S. d. § 266 StGB gegenüber der Antragstellerin als Auftragnehmerin. Es sei zwar rich- tig, dass allgemeine schuldrecht- liche Verpflichtungen insbesondere aus Austauschschuldverhältnissen grundsätzlich keine qualifizierte Vermögensbetreuungspflicht in diesem Sinne auslösten, weil es sich insoweit nicht um vertragli- che Hauptpflichten handele. An- ders liege der Fall jedoch, wenn bei Geltung der VOB/B ein Rest des zu bezahlenden Werklohns vom Auftraggeber zur Sicherheit einbe- halten werde. Der Sicherheitsein- behalt werde damit Teil einer ver- traglichen Hauptpflicht. Der Werk- lohn werde grundsätzlich mit Stellung der Schlussrechnung fäl- lig. Lediglich im Umfang eines ver- einbarten Sicherheitseinbehaltes verschiebe sich die Auszahlungs- fälligkeit i. d. R. um die Dauer der Gewährleistungsfrist, wodurch der Werkunternehmer dem Risiko der Insolvenz des Auftraggebers aus- gesetzt werde. Hinsichtlich des Sicherheitsein- behaltes bestehe aufgrund der i.d.R. über Jahre aufgeschobenen Auszahlungspflicht eine qualifizier- te Vermögensbetreuungspflicht gegenüber dem Werkunternehmer. Diese habe ihren Grund in dem erforderlichen fairen Interessenaus- gleich zwischen den Vertragspar- teien angesichts des wechselsei- tigen Insolvenzrisikos. Denn der Sicherheitseinbehalt diene zur Absicherung eventueller Gewähr- leistungskosten für die Dauer der Gewährleistungsfrist des Werkun- ternehmers und sichere damit aus- schließlich den Auftraggeber vor dem Risiko der Insolvenz des Werk- unternehmers, setze aber zugleich umgekehrt diesen hinsichtlich des einbehaltenen Restwerklohns dem VOB/B 2006: Beschluss des HAA des DVA Der Hauptausschuss Allgemeines (HAA) des DVA hat sich auf zahlreiche Änderungen der VOB/B verständigt Risiko der Insolvenz des Auftrag- gebers aus. Dieses Risiko müsse zur Herstellung eines gerechten Inter- essenausgleiches ebenfalls abge- sichert werden. Deshalb müsse der Auftraggeber jedenfalls dann, wenn zwischen den Vertragsparteien die Geltung der VOB/B vereinbart sei, den einbehaltenen Betrag dem Auftragnehmer mitteilen und bin- nen 18 Werktagen nach dieser Mit- teilung auf ein Sperrkonto einzah- len. Diese Regelung sei dahin zu verstehen, dass der Auftraggeber nicht berechtigt sei, das einbehal- tene Geld weiterhin als zu seinem eigenen Vermögen gehörend zu betrachten und damit zu arbeiten. Vielmehr gelte dieser Betrag ab dem Tag der Sicherheitsleistung als Fremdgeld. Im entschiedenen Fall sei al- lerdings der Nachweis einer vorsätz- lichen Begehungsweise durch den Beschuldigten in hohem Maße unwahrscheinlich. Denn er berufe sich auf den vereinbarten Aus- schluss einer Einzahlung auf ein Sperrkonto. Der Klageerzwingungs- antrag sei daher als unbegründet zu verwerfen. Für geschädigte Bauunterneh- mer eröffnet die Entscheidung u.U. eine Möglichkeit, eine offene Rest- werklohnforderung in Höhe des Sicherheitseinbehaltes im Falle der Insolvenz des Auftraggebers gegen dessen Geschäftsführer durchzuset- zen. Schützen & Erhalten · September 2006 · Seite 20 – Neuer § 6 Nr. 6 Satz 2 – Ent- schädigung des Auftragneh- mers bei Verletzung der Mit- wirkungspflicht des Auftrag- gebers § 6 Nr. 6 wird um einen neuen Satz 2 ergänzt: „Im Übrigen bleibt der An- spruch des Auftragnehmers auf an- gemessene Entschädigung nach § 642 BGB unberührt, sofern die Anzeige nach Nr. 1 Satz 1 erfolgt oder wenn Offenkundigkeit nach Nr. 1 Satz 2 gegeben ist.“ Siehe hierzu lfd. Nr. 5 des Be- schlusses. – § 8 Nr. 2 Abs. 1 – Kündigung im Insolvenzfall Siehe hierzu lfd. Nr. 6 des Beschlus- ses. – § 13 Nr. 4 Abs. 1 Satz 1 – Ver- jährungsfrist Ersetzung des Begriffes „Arbeiten an einem Grundstück“ durch die Formulierung „für andere Werke, deren Erfolg in der Herstellung, Wartung oder Veränderung einer Sache besteht“. Einzelheiten können der lfd. Nr. 7 des Beschlusses entnommen werden. – § 13 Nr. 4 Abs. 2 – Verjäh- rungsfrist bei maschinellen und elektrischen Anlagen Siehe hierzu lfd. Nr. 8 des Beschlus- ses. – § 16 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 – Zu- lässigkeit von Zahlungsplänen Einem Antrag des ZDB folgend hat der DVA beschlossen, § 16 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOB/B dahingehend zu ergänzen, dass klargestellt wird, dass Abschlagszahlungen auch in Form von Zahlungsplänen verein- bart werden können. Für die ge- naue Formulierung wird auf die lfd. Nr. 9 des Beschlusses verwiesen. – § 16 Nr. 3 Abs. 1 Satz 2 (neu) – Einwendungen gegen die Prüffähigkeit In Umsetzung der Rechtsprechung des BGH wird § 16 Nr. 3 Abs. 1 um einen neuen Satz 2 ergänzt. Dieser lautet wie folgt: „Werden Einwendungen gegen die Prüfbarkeit unter Angabe der
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