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Schützen & Erhalten · September 2006 · Seite 26 FORUM Feuchtigkeit in der Zwischendecke Zur Vermeidung und Beseitigung von (Schimmel-) Pilzschäden In der Praxis werden die Ur- sachen, die zu einem Schimmel- pilzbefall von Gebäuden führen können, als solche oft nicht er- kannt. Damit werden sie auch nicht vermieden bzw. beseitigt. Schim- melpilzsporen sind mehr oder we- niger überall in der Umgebungs- luft enthalten. Zum Wachstum des Schimmels kommt es dann, wenn die dafür erforderlichen Faktoren zusammentreffen: In der Regel sind dies eine für den jeweiligen Orga- nismus optimale Temperatur, ein gewisses Maß an Luft bzw. Umge- bungsfeuchtigkeit sowie ein geeig- neter Untergrund, der zum Teil auch als Nährboden dienen kann (Sub- strat). Je nach Zusammentreffen dieser Faktoren kann sich aus den Sporen in der Umgebungsluft ein Schimmelpilz bilden, der unter- schiedliche, artspezifische Auswir- kungen auf seine Umgebung hat. Unter Umständen entwickelt der Pilz dann auch Toxine, die aller- gen sind und damit schädlich auf Mensch und Tier einwirken können. Bei baulichen Maßnahmen ist es zum Teil schwer abzusehen, welcher dieser wachstumsfördern- den Faktoren für Pilze durch das Handeln der Baubeteiligten gera- de geschaffen bzw. – aus Sicht der Organismen – „optimiert“ wird; ähnliches gilt für die Schwamm- bildung. Zum Teil fehlt es hier auch an einer Vorhersehbarkeit. Denn die Wachstumsbedingungen werden oft erst durch nutzerbedingtes Verhal- ten gefördert, wie z.B., wenn in einer Wohnung nicht ausreichend geheizt und gelüftet wird. Ganz anders verhielt es sich jedoch in dem vorliegenden Fall, der in mehrfacher Hinsicht Beson- derheiten aufweist: In einem Mehrfamilienhaus wurde 1999 auch das Dachgeschoß als Wohneigentum zum Ausbau verkauft. Nach dem Willen des Er- werbers E sollte der Spitzboden umgebaut und erweitert werden. Diesbezüglich beauftragte E das Architekturbüro A mit der Vollar- chitektur. Die Öffnung des Daches und die darauffolgende Neukon- struktion des gesamten Dachge- schosses wurde im Winter 1999/ 2000 durchgeführt. Die Winterbau- maßnahme wurde mittels einer Notüberdachung aus Trapezblechen mit seitlicher Abplanung der Gerüstkonstruktion geschützt. Bei einem Orkan im Januar 2000 wurden Schutzplanen abge- rissen, so daß Wasser in die Ge- bäudekonstruktion eindringen konnte. In der darunterliegenden Wohnung im ersten Obergeschoß lief hierbei in zwei Wohnräumen entlang der Straßenfront an meh- reren Stellen Wasser aus der Decke und verfärbte sie an mehreren Stel- len. Weder der seinerzeit einge- schaltete Sachverständige noch das Architekturbüro A selbst empfahl bzw. veranlaßte die Durchführung von Feuchtigkeitsmessungen bzw. Trocknungsmaßnahmen in der offensichtlich durchfeuchteten Holzbalken-Zwischendecke. Auf diese war im Rahmen des Dach- geschoßaufbaues inzwischen eine selbsttragende Stahlbetondecke aufgesetzt worden. Im Spätsommer 2000 rekla- mierte der Mieter der so in Mit- leidenschaft gezogenen Wohnung des ersten Obergeschosses gegen- über seinem Vermieter V, daß er in den betroffenen Räumen (Schlaf- zimmer und Kinderzimmer) einen muffigen Geruch, braune Wasser- flecken an der Außenwand und der Geschoßdecke sowie Staubläuse und Moderkäfer festgestellt habe, die sich zum Teil von Schimmel- pilzen ernährten. Daraufhin wandte sich der Vermieter V an den Erwer- ber und Bauherrn E, der die Be- schuldigungen an den Architekten A weitergab. Der vom Vermieter V beauftragte Sachverständige für Schädlingsanalyse stellte durch Messungen in der Zwischendecke fest, daß dort eine Luftfeuchtig- keit von zum Teil über 90% bei Temperaturen über 20 °C herrsch- ten und in den Hohlräumen der Decke braunfaule Holzteile und weißlich-graues Myzel (Pilzge- flecht) auf den Holzteilen vorhan- den waren. Insgesamt lagen nach seinen Feststellungen optimale Wachstumsbedingungen für holz- zerstörende Pilze und Schim- melpilze vor. Nachdem der Architekt A den Sachverhalt seiner Berufs-Haft- pflichtversicherung angezeigt hatte, nahm sich diese der Angelegenheit an. Bei der Sachverhaltsprüfung wurde schnell klar, daß A als ver- antwortlicher Architekt eigentlich verpflichtet gewesen wäre, nach der orkanbedingten Zerstörung der Notabdichtung und dem offensicht- lichen Eindringen von Regenwas- ser in die Holzbalken-Zwischendek- ke Feuchtemessungen sowie Trock- nungsmaßnahmen zu veranlassen. Die grundsätzliche Verantwortlich- keit des Architekten A für die Bil- dung bzw. Ausbreitung von Schim- melpilzen in der Holzbalken-Zwi- schendecke war somit kaum von der Hand zu weisen. Folglich be- auftragte der Berufs-Haftpflichtver- sicherer des A daraufhin das er- fahrene Sachverständigenbüro S, das in Kooperation mit dem öffent- lich-bestellten und vereidigten Sachverständigen für Holz- und Bautenschutz H die weitere Unter- suchung der Schadenstelle vor- nahm. H wurde ebenfalls damit beauftragt, eine sachgerechte Sa- nierungsmethode zu erarbeiten. Für eine hinreichende Unter- suchung vor Ort zur Bestimmung der Schadenursache und der Scha- denbeseitigungsmaßnahmen bzw. -kosten war eine Teilfreilegung der Deckenfläche erforderlich. Hierbei wurden Holz- und Schüttungspro- ben entnommen, nach deren Un- tersuchung sich ein pflanzlicher Befall durch den braunen Keller- oder Warzenschwamm herausstellte. Nach dem Gutachten des Sachver- ständigen für Holz- und Bauten- schutz H handelt es sich bei dem braunen Keller- oder Warzen- schwamm (Coniophora puteana) um den in Gebäuden am häufig- sten auftretenden Holzzerstörer. Aufgrund der durch den Wasserein- bruch verursachten Durchfeuchtung der Holzbalken-Zwischendecke fan- den die dort offenbar bereits vor- handenen Sporen neben dem Nähr- substrat (Holz- bzw. Zellulosesub- stanzen) und den üblicherweise oberhalb von Wohnräumen herr- schenden Temperaturen auch die ausreichenden Feuchtigkeitsverhält- nisse für einen Wachstum vor. Das Auskeimen der Sporen führt zur Ausbildung von jungem Myzel und damit zu einer Ausbreitung des bestehenden Befalls oder zu Neu- befall, jedenfalls aber zur Aus- breitung des Pilzes. Durch die Braunfäule wird die Zellulose des Holzes abgebaut und seine Trag- fähigkeit gemindert bzw. komplett vernichtet. Die zu ergreifenden Sanierungs- bzw. Bekämpfungsmaßnahmen gegen Pilzbefall sind in der DIN 68800 Teil 4 geregelt. Danach ist die Bekämpfung eines Pilzbefalls im verbauten Holz in der Regel nur durch das Entfernen der be- troffenen Holzbauteile möglich. Die verbleibenden und nicht be- fallenen Hölzer sowie die neu ein- zubauenden Hölzer und Werkstof- fe sind darüber hinaus mit einem chemischen Schutzmittel zu behan- deln, was evtl. wiederum gesund- heitliche Risiken mit sich bringen kann (die im einzelnen durchzu- führenden, umfangreichen Sa- nierungs- und Schutzmaßnahmen können an dieser Stelle nur aus- zugsweise wiedergegeben werden). Im vorliegenden Fall galt je- doch die Besonderheit, daß die Holzbalken der Zwischendecke auf- grund der darauf aufgebrachten Stahlbetondecke keine tragende und somit statische Funktion mehr hatten. Ausnahmsweise konnten sich die beteiligten Parteien dar- auf einigen, daß die Betondecke und die Holzbalkendecke mit Scha- lung, Schüttung und Rabitzdecke soweit getrocknet werden sollten, daß die Holzfeuchte 15% nicht überstieg und auch später nicht übersteigen konnte. Es mußte si- chergestellt werden, daß es nicht zu neuer Durchfeuchtung kommen kann, da der vorhandene Passiv- befall sonst wieder in einen Ak- tivbefall übergehen würde. Des

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