S&E Glossary

anerkennenswert. Damit können Vertragsstrafenabreden in Mu- sterverträge aufgenommen wer- den. Ob die Klausel im Einzel- fall wirksam ist, hängt davon ab, ob sie nicht eine unange- messene Benachteiligung für den Arbeitnehmer darstellt. Die- se kann aus der Höhe einer Ver- tragsstrafe folgen. Zur Feststel- lung der Angemessenheit einer Vertragsstrafe ist regelmäßig die maßgebliche Kündigungsfrist von erheblicher Bedeutung. Hierin kommt zum Ausdruck, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitgeber Arbeitsleistungen vom Arbeitnehmer verlangen kann. Das Bundesarbeitsgericht hat klargestellt, dass eine Ver- tragsstrafe dann angemessen ist, wenn sie sich auf die Höhe des Lohnes beläuft, den der Arbeit- nehmer bis zum Ablauf der or- dentlichen Kündigungsfrist ver- dient hätte. Eine darüber hinausgehende Vertragsstrafe lässt sich allenfalls rechtferti- gen, wenn das Sanktionsinter- esse des Arbeitgebers den Wert der Arbeitsleistung aufgrund be- sonderer Umstände typischer- weise und generell übersteigt. Im vorliegenden Fall sah der Arbeitsvertrag eine Vertragsstra- fe in Höhe eines Monatsgehalts vor. Die Kündigungsfrist betrug jedoch während der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnis- ses lediglich zwei Wochen. Aus diesem Grund stellte die Klau- sel eine unangemessene Be- nachteiligung der Arbeitnehme- rin dar und war unwirksam. Die Beklagte brauchte keine Ver- tragsstrafe zu zahlen. Das Bun- desarbeitsgericht hat klarge- stellt, dass sie auch keine Ver- tragsstrafe in Höhe des Lohnes für zwei Wochen – den Lauf der Kündigungsfrist – zahlen muss. Wäre eine solche Reduzierung möglich, bestünde die Gefahr, dass der Verwender von allge- meinen Geschäftsbedingungen – in diesem Fall der Arbeitge- ber, der einen Musterarbeitsver- trag mit Vertragsstrafenabrede benutzt – zunächst einmal un- gefährdet bis zur Grenze des- sen gehen könnte, was zu sei- nen Gunsten in gerade noch vertretbarer Weise angeführt werden kann. Es bestünde die Gefahr, dass der Arbeitnehmer mit überzogenen Klauseln kon- frontiert würde und erst im Rah- men eines Gerichtsprozesses seine Rechte und Pflichten zu- verlässig klären könnte. Aus diesem Grund ist eine Geltungs- erhaltung in angemessener Höhe ausgeschlossen, so dass der Arbeitgeber von vornherein gehalten ist, eine angemesse- ne Klausel zu verwenden. Arbeitsverträge sollten die folgende Vertragsstrafenklausel enthalten, die den Anforderun- gen des vorliegenden Urteils des Bundesarbeitsgerichts entspricht und damit wirksam ist: „Nimmt der Arbeitnehmer die Arbeit nicht auf oder löst er das Arbeitsverhältnis ohne wichtigen Grund und ohne Ein- haltung der Kündigungsfrist, so verpflichtet er sich, für jeden Arbeitstag der Kündigungsfrist, den er nicht einhält, eine Ver- tragsstrafe in Höhe eines Tagesverdienstes (brutto) an den Arbeitgeber zu zahlen, be- grenzt auf einen Monatslohn. Darüber hinausgehende Scha- densersatzansprüche bleiben unberührt.“ ARBEITS- UND TARIFRECHT Lohnanspruch in der Rufbereitschaft Für Rufbereitschaft können Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine pauschalierte Vergütung vereinbaren. Auch Arbeitnehmer von Bau- betrieben sind von Zeit zu Zeit in Rufbereitschaft tätig, bei- spielsweise, wenn Unwetter dro- hen und entstehende Schäden umgehend beseitigt werden sollen. Arbeitszeitlich und vergü- tungsrechtlich wird zwischen der Zeit voller Arbeit, Arbeitsbereit- schaft, Bereitschaftsdienst und der Rufbereitschaft unterschie- den. Die Rufbereitschaft stellt die geringsten Anforderungen an den Arbeitnehmer. Sie ver- pflichtet ihn, außerhalb seiner regelmäßigen Arbeitszeit auf Abruf die Arbeit aufzunehmen, während er sich hierfür an ei- nem Ort seiner Wahl aufhalten kann und ständig erreichbar sein muss. Da die Verfügbarkeit des Arbeitnehmers durch Handys sichergestellt werden kann, ist eine Anzeige des Aufenthalts- ortes dem Arbeitgeber gegen- über in der Regel nicht erfor- derlich. Die eigene Bestimmung des Aufenthaltsortes ist das besondere Merkmal der Rufbe- reitschaft. Beim Bereitschafts- dienst hat sich der Arbeitneh- mer an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort aufzuhalten. Der Arbeitnehmer muss bei der Wahl seines Aufenthaltsortes jedoch gewährleisten, dass er die Arbeitsstelle in angemesse- ner Zeit erreicht und die Ruf- bereitschaft somit nicht gefähr- det. Arbeitszeitrechtlich gehört die Rufbereitschaft zur Ruhe- zeit im Sinne von § 5 Arbeits- zeitgesetz (ArbZG). Der Abruf des Arbeitnehmers beendet die Ruhezeit. Die Übernahme von Rufbe- reitschaft muss zwischen Arbeit- geber und Arbeitnehmer verein- bart werden. Sie stellt eine besondere Leistung des Arbeit- nehmers dar, die zu vergüten ist. Dabei kann sowohl eine prozentuale Vergütung als auch eine Pauschale mit dem Arbeit- nehmer vereinbart werden. Da die Tarifverträge für das Baugewerbe eine Vergütung von Rufbereitschaft nicht regeln, kann diese Frage betrieblich geregelt werden. Verschiedene Tarifverträge anderer Branchen sehen Regelungen in der Ver- gütung von Rufbereitschaft vor: – Der Manteltarifvertrag der Energie- und Versorgungs- wirtschaft Baden-Württem- berg sieht eine Vergütung mit 11% der Stundenvergü- tung vor. – Der Haustarifvertrag der Deutschen Telekom AG be- stimmt eine Vergütung in Höhe von 12,5% der für die Rufbereitschaft aufgewende- ten Zeit. – Der Zulagentarifvertrag der Deutschen Bahn AG regelt eine pauschale Rufbereit- schaftszulage in Höhe von 1,64 Euro/Stunde. Der Betrieb ist in der Verein- barung der Rufbereitschaftsver- gütung frei. Diese beispielhaften Rege- lungen aus den Tarifverträgen anderer Branchen können als Orientierung angesehen werden. ARBEITS- UND SOZIALRECHT Schützen & Erhalten · September 2004 · Seite 18

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