S&E Glossary

Schützen & Erhalten · September 2004 · Seite 27 Taupunktsbedingungen er- forderlich. Schimmelpilze können auf Materialien wachsen, wenn eine gewisse Mindestfeuchte vorhanden ist. Es ist dabei aber nicht die Gesamtfeuchte des Ma- terials ausschlaggebend, sondern nur das in den Spo- ren zur Verfügung stehen- de freie Wasser. Dieser An- teil wird ausgedrückt als Wasseraktivität (aw-Wert) und definiert sich als Quo- tient des Wasserdampfdruk- kes im bzw. auf dem Näh- boden (Pd) und des Sätti- gungsdruckes (Ps) des reinen Wassers bei derselben Tem- peratur: aw = PD / PS Der aw-Wert kann berech- net werden, wenn die rela- tive Luftfeuchtigkeit (rel. L.f.) über dem Material be- kannt ist: aw = rel. L.f. (%) / 100 Diese Zusammenhänge gel- ten allerdings nur für eine ruhende Luftschicht und weitgehend stationäre Be- dingungen. Da in der Pra- xis jedoch die Feuchte über dem Material laufend durch z.B. Temperaturänderungen, Luftströmungen oder Feucht- produktion im Raum beein- flusst wird, sollte zur Beur- teilung der Oberflächen- feuchte die relative Luft- feuchtigkeit auf der Ober- fläche über einen längeren Zeitraum hinweg mit einem Hygrometer gemessen wer- den. Die meisten Schimmelpilz- arten benötigen für ihr Wachstum aw-Werte von mindestens 0,80–0,85. Be- sonders xerophile (trocken- liebende) Pilze können aber bereits bei aw-Werten von 0,7 wachsen. In der Praxis bedeutet dies, dass Schimmelpilze auf Materia- lien wachsen können, die nicht sichtbar nass sind. Es genügt vielmehr, wenn eine relative Luftfeuchtigkeit von ca. 70% an der Oberfläche des Materials herrscht. Beispiel: Betrachten wir eine Außen- wand bei folgenden klima- tischen Randbedingungen: Temperatur Außen: -5 °C Temperatur Innenraum: 20 °C relative Luftfeuchtigkeit: 50%. Der Taupunkt an der innen- seitigen Wandoberfläche be- trägtbei diesen Randbedin- gungen 9,3 °C Wie oben beschrieben, ist jedoch das Erreichen des Taupunkts für das Wachstum vieler Pilzarten nicht zwin- gend erforderlich. Geht man von einer in vielen Gebäu- den durchaus realistischen Wandoberflächentemperatur von 14 °C aus, liegt die re- lative Luftfeuchtigkeit im oberflächennahen Bereich bereits bei 72% (aw-Wert 0,72). Hier kann also bereits bei ansonsten vernünftigen raumklimatischen Bedingun- gen das Schimmelwachstum gewisser Arten beginnen. Weitere Faktoren, die das Wachs- tum beeinflussen können sind der Sauerstoffgehalt der Luft, der pH- Wert des Nährbodens, das Licht (Sporenbildung) so- wie chemische Substanzen. Gründe für das vermehrte Auftreten von Schimmelbefall in Wohnungen: Feuchte Wände und die häu- fig damit verbundene Schimmel- bildung gab es schon immer, doch die Schadenshäufigkeit ist in den letzten beiden Jahrzehn- ten stark angestiegen. Dafür gibt es einige Gründe, die im Folgenden anhand von Beispie- len dargelegt werden: – Grundsätzlich besitzen die früher häufiger verwendeten Baustoffe wie Ton, Lehm, Holz, etc. deutlich günsti- gere Eigenschaften bezüg- lich der Wasserampfdiffusi- on und ein höheres Was- serdampfaufnahmevermögen als neuere Baumaterialien wie z.B. Beton oder viele Dämmstoffe. – Fenstersanierungen mit wär- metechnisch besten Rah- menmaterialien und Isolier- verglasungen werden häufig nicht durchdacht. Vor der Fenstererneuerung waren die Fensterscheiben der kälte- ste Punkt, das Tauwasser bildete sich dort zuerst, d.h. die Konstruktionen passten bauphysikalisch zusammen, wenn auch Dämmwerte von Wand und Fenstern nicht gut waren. Dies ändert sich mit dem Einbau sehr dichter Fenster, die extrem gute Dämmeigenschaften aufwei- sen, keine „natürliche Lüf- tung“ durch undichte Fugen mehr zulassen und bewirken, dass nun Teilbereiche der Außenwände, z.B. Außen- wandecken die kältesten AUS DER PRAXIS Links: Wärmebrücke in einer Fensternische mit Schimmelbefall, rechts: Wärmebrücke im Eckbereich Außenwand mit Schimmelbefall. Punktförmige Wärmebrücke (Feldstelle bei Vermauerung

RkJQdWJsaXNoZXIy OTg3NzQ=