S&E Glossary
„Schöner Schein“ oder der Zerfall einer Krone – Aus dem Arbeitsalltag der Sachverständigen – Das zu untersuchende Gebäude eines Möbelhauses wurde vor rund 20 Jahren errichtet. Die drei Giebel der Eingangs- fassade wurden mit einer Attika aus Brettschichtholz quasi „bekront“ und mit senkrecht vorgesetzten Holzbalken (ebenfalls BSH) „verschönt“. Nachdem vor einigen Jahren sichtbare Schäden an den Holzbauteilen bereits ausgebessert wurden, traten erneut starke Schäden mit einem Befall von Holz zerstörenden Pilzen auf. Die Untersuchung sollte den Gesamtzustand der Attika und deren Schädigungsgrad sowie mög- liche Sanierungsvorschläge ergeben. Die Unter- suchung der Holzbauteile erfolgte von außen mittels einer Hubbühne sowie teilweise − so- weit zugänglich − von innen über den Dachraum. Bauzeichnungen oder statische Berech- nungen zu diesen Bauteilen lagen nicht vor. Die Brettschichtholzträger der Attika bestan- den aus der Holzart Fichte mit einer Lamellen- breite von 35 mm ohne chemischen Holzschutz. Sie hatten eine Dimension von 150×10 cm und eine Länge bis zu 12m. Die senkrechten Holzbal- ken bestanden aus keilgezinkten Brettschicht- holzträgern, ebenfalls Fichtenholz mit 35mm Lamellenbreite. Die Untersuchung der Holzbauteile von au- ßen mittels einer Hubbühne bzw. von innen über den Dachraum ergab folgende Ergebnisse: – die senkrechten BSH-Träger waren ledig- lich an der oberen Attika mit je 2 bzw. 3 Bolzen befestigt, sie hängen frei an der Attika und haben einen Abstand von der Fassade über dem Erdboden bis zu 5 cm, ein freies Pendeln wurde lediglich durch den hier befestigten Blitzableiter verhin- dert – alle Füße dieser senkrechten BSH-Träger waren durch Braunfäule bis zu einer Höhe von ca. 20 cm stark geschädigt – die Köpfe dieser Holzbalken an der Attika − durch eine Blech-Abdeckkappe nur be- dingt geschützt − waren auf ca. 20–30 cm ebenfalls durch Braunfäule stark geschä- digt – weitere Schäden an diesen Holzbalken fanden sich an nahezu allen Bolzenverbin- dungen mit der Attika, die Schäden sind hier teilweise so stark, dass über 50 Pro- zent der Holzsubstanz nicht mehr vorhan- den ist – die Untersuchung der insgesamt 6 Brett- schichtholzträger der 3 Giebel ergab groß- flächige und zum Teil über 50 Prozent der Stärke der Brettschichtholzträger hinaus- gehende starke Schäden durch Braunfäule mit einem nicht mehr zu akzeptierenden Festigkeitsverlust; nahezu sämtliche Leim- fugen der Brettschichtholz Binder sind aufgerissen und offen; – die Untersuchung eines von der Attika entnommenen Fruchtkörpers eines Pilzes im Labor der Firma Goritas in Kolding/ DK ergab, dass die Holzbauteile mit dem Zaunblättling (Gleophyllum sepiarium) befallen sind. – die beiden längsten Brettschichtholz Träger der Attika, d.h. die über dem Haupteingang, zeigten eine deutliche Verwerfung in der Senkrechten von bis zu 6 cm nach hinten – einige Bereiche der BSH-Träger, d. h. Risse und ausgefaulte Stellen, die zur letzten „Sanierung“ mit Kitt unter anderen Dicht- stoffen ausgefüllt worden sind, waren in ihrer Schädigung deutlich weiter fortge- schritten, was die Unwirksamkeit solcher Maßnahmen belegt Die Untersuchungsergebnisse zeigten insgesamt auf, dass die Holzbauteile der Attika in einem stark geschädigten und teilweise sehr desolaten Zustand sind und deren Standsicherheit (insbe- sondere der senkrechten Holzbalken) als gefähr- det angesehen werden musste. Es musste davon ausgegangen werden, dass die vorgefundenen und sichtbar gemachten Schä- digungen der Holzbauteile quasi nur “der Gipfel des Eisbergs sind“, wenn man die Lebensweise und Zerstörungskraft des vorgefundenen Holz zerstörenden Pilzes betrachtet. Als Ursachen für diese Schädigung waren zu benennen: – die Verwendung nicht ausreichend che- misch geschützter Holzbauteile einer Holz- art (Fichte), die für diesen Einsatzbereich nicht geeignet waren – die Verwendung von Holzbauteilen (Brett- schichtholz) mit einer zum damaligen Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes un- zulässigen Lamellenbreite von 35mm – Holzbauteile mit Keilzinkverbindungen – kein konstruktiver Schutz der Holzbauteile vor Befeuchtung BuFAS ® -News Informationen des Bundesverbandes Feuchte & Altbausanierung e. V. Ansicht des untersuchten Gebäudes, ein Möbelhaus. Aufgerissene BSH-Fugen. Schützen & Erhalten · September 2015 · Seite 55
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