S&E Glossary
Fachbereiche Bautenschutz Gefährdungsanalyse erstellen Beauftragt der Fachunternehmer seine Mit- arbeiter mit Arbeiten in Gebäuden, die von Hochwasserschäden betroffen sind, müssen die gesetzlichen Forderungen an den Arbeitsschutz erfüllt werden. DHBV Fachbereichsleiter Georg Brückner, vom gleichnamigen Ingenieur- und Sachverständigenbüro Brückner für Holz und Holz- schutz, Schimmel, Feuchteschäden an Gebäuden und Arbeitssicherheit, erläuterte auf unsere An- frage hin, dass „im Vorwege durch den Unterneh- mer oder eine von ihm beauftragten Person im Rahmen einer Gefährdungsanalyse mit geeigneten Mitteln, zum Beispiel Laboranalysen oder Über- nahme der Ergebnisse von schon durchgeführten Untersuchungen Dritter, festgestellt werden muss, ob besondere Gefährdungen für die Mitarbeiter be- stehen.“ Eine solche Gefährdung kann in Zusam- menhang mit Hochwasser zum Beispiel der Kon- takt mit verunreinigtem Wasser sein, das durch Fäkalien, ausgelaufene Gefahrstoffe und Ähnliches belastet ist. Ist das Wasser abgezogen, können nach wenigen Tagen auch erhöhte Belastungen durch vermehrten Schimmelbewuchs bestehen. Der Fachbereichsleiter des Sachverständigenwe- sens im DHBV führte weiter aus, dass anhand der festgestellten möglichen Gefährdungen vor Beginn der Arbeiten die Bedingungen festzule- gen sind, unter welchen die Mitarbeiter ohne Gefährdung arbeiten können. „Da in der Regel bei Hochwasserschäden technische und organisa- torische Maßnahmen zum Schutz der Mitarbeiter oft nicht ausreichen, beziehungsweise nicht mög- lich sind, ist auf die richtige Auswahl und Art der persönlichen Schutzausrüstung (PSA) ein beson- deres Augenmerk zu richten. Es sind zum Beispiel wasserdichte Sicherheitsstiefel, Handschuhe und Sicherheitsanzüge geeignet. Atemschutz, Augen- und Kopfschutz darf nicht vernachlässigt werden. Weiterhin muss die individuelle Verweildauer in kontaminierten Bereichen möglicherweise verkürzt werden. Eine solche zeitliche Begrenzung kann sich auch durch den erforderlichen Atemschutz ergeben.“ Sind im Vorwege die Gefährdungen erfasst und die Schutzmaßnahmen (technisch, organisatorisch, PSA) festgelegt worden, ist es unbedingt erforderlich die Mitarbeiter im Vorfeld der Arbeiten über die möglichen Gefährdungen und dem richtigen Umgang nachweislich zu un- terweisen. Die Einha ltung der Vorgaben durch die Mitarbeiter ist zu Beginn und fortlaufend während der Arbeiten zu kontrollieren und erfor- derlichenfalls zu korri- gieren. „Als geeignete Akut-Maßnahme sollte der Wohnbereich gegen die hochverschmutzten (Heizkeller-) Räume ab- gedichtet und dauerge- lüftet werden. Entsorgen Sie Einrichtungsgegen- stände, wie etwa Polster- möbel, die mit Schlamm und Öl verschmutzt sind – es sei denn, sie lassen sich wegen glatter Ober- flächen rückstandsfrei reinigen. Geschirr muss vor dem erneuten Gebrauch gründlich mit Wasser und Spülmittel gereinigt werden. Haben Sie den Schmutz beseitigt, müssen Fußböden und Wände mit reichlich sauberem Wasser gereinigt werden. Erst dann sollte das Gebäude getrocknet werden. Da aber bei Gehalten an flüchtigen organischen Verbindungen in der Größenordnung von mehr als 2 mg/m³ Befindlichkeitsstörungen wie Kopfschmer- zen, Unwohlsein, Konzentrationsschwäche etc. auf Dauer nicht ausgeschlossen werden können, müs- sen langfristig weitere Anstrengungen zur Absen- kung der Innenraumkontamination durchgeführt werden. Der Zielwert für aromatenarme Kohlen- wasserstoffe (C9- bis C14-Alkane und Isoalkane) in der Innenraumluft beträgt 0,2 mg/m³. In üb- lichen deutschen Wohnungen liegen die Gehalte an leichtflüchtigen organischen Verbindungen (auch anderen als den hier angesprochenen) unter 1mg/ m³ (95. Perzentil). Aus Gründen des allgemeinen Gesundheitsschutzes sollten in einem zeitlichen Rahmen von ca. einem halben Jahr auch in den durch Katastropheneinwirkung kontaminierten Wohnhäusern ein Wert von 0,2mg/m³ wieder er- reicht bzw. geeignete Sanierungspläne zum Errei- chen dieses Wertes ausgearbeitet sein.“ (3) Beurteilungskriterien für den Rück- bau von kontaminierten Baustoffen Unmittelbar nach der Hochwasserkatastro- phe führten im Spätsommer die Ingenieurkammer Sachsen in Begleitung der Architektenkammer Sachsen und d er Sächsischen Energieagentur Fachberatungen von betroffenen Eigentümern zur Behebung und Vermeidung von Hochwasser- schäden durch. Vertreter der Sächsischen Auf- baubank gaben zusätzlich Hinweise zu Förder- maßnahmen. In den technischen Fachvorträgen zur Beseitigung von Hochwasserschäden wurde ebenfalls auf schadstoffbelastete Untergrün- de aufmerksam gemacht. Die Ingenieurkammer Sachsen forderte in diesen Betroffenenseminaren, z.B. bei kontaminierten Bauteilen mit Minera- lischen Kohlenwasserstoffen über 30–50mg/kg Trockensubstanz, den Baustoff auszutauschen! Ein Belassen im Untergrund sei „nicht zu ver- antworten“ und „Immobilisierungsversuche („Ein- kapseln“) aussichtslos!“ (4) Instandsetzungstechniken gegen Flutfolgen Es gibt in der gängigen Praxis keine ver- bindliche Richtlinie wie hochwassergeschädigte Gebäude „richtig“ zu sanieren sind. Nachdem das Hochwasser zurückgewichen ist, müssen durchfeuchtete Putze vollständig abgeschlagen werden, damit das dahinterliegende Mauerwerk schneller austrocknet. Die Grundreinigung der Bausubstanz sollte unmittelbar stattfinden. Die Baustoffoberfläche ist vor dem Aufbringen von Instandsetzungsmaterialien auf Tragfähigkeit zu prüfen, denn die Haftung wird durch Schadstoff- substanzen wie Fette, Wachse, Öle gemindert. In Zusammenarbeit mit Mitgliedsunternehmen der Deutschen Bauchemie und dem DHBV wurde ein Fachprogramm „Sanierung – Hochwasserschäden 2013“ erstellt, das nacheinander in den Städ- ten Passau, Magdeburg und Dresden, Planern, Sachverständigen und Ausführenden präsentiert wurde. Beteiligt waren ebenso die regionalen IHKs bzw. HWKs, die die Räumlichkeiten für die Bauchemie-Fachtage stellten. Einig waren sich alle Baustoffhersteller darin, dass sich für den Neuverputz vor allem hoch diffusionsoffene Pro- dukte und Systeme eignen, die die weitere Aus- trocknung des Mauerwerks begünstigen. Herstel- lerabhängig wird eine Haftbrücke auf den trag- fähig vorbereiteten Untergrund aufgebracht und mit Sanierputz WTA der Verputz durchfeuchteter Kellermauerwerke ausgeführt. Mindesttrocken- schichtdicken sind analog des WTA-Merkblattes 2-9-04/„Sanierputzsysteme“ einzuhalten. Deck- schichten können zum Abglätten feiner, geschlos- sener und anstrichfähiger Oberflächen herstel- lerabhängig aufgetragen werden. Quellen: (1) Schützen & Erhalten, Dezember 2013, Seite 20. (2) Mitteilung der Ad-hoc-Arbeitsgruppe Innenraum- richtwerte der Kommission Innenraumlufthygiene und der Obersten Landesgesundheitsbehörden unter: http://www.umweltbundesamt.de/themen/gesund- heit/kommissionen-arbeitsgruppen/kommission-in- nenraumlufthygiene/empfehlungen-richtwerte-der- kommission. (3) E-Mail-Anfrage DHBV-Fachbereich Bautenschutz an UBA, z.Hd. Herrn Dr. Wolfgang Heger, Fachgebiet Toxikologie, Gesundheitsbezogene Umweltbeobach- tung, Umweltbundesamt; Corrensplatz 1, D-14195 Berlin. (4) http://www.ing-sn.de/fileadmin/user_upload/ pdf/2013/Praesentation-Hochbau.pdf. Es schreibt für Sie: Rainer Spirgatis Fachbereichsleiter Bautenschutz Plinderheide 2b, 48291 Telgte Telefon: (05432) 830 Telefax: (05432) 836902 Mobil: (0160) 7163450 E-Mail: spirgatis@dhbv.de Schützen & Erhalten · März 2014 · Seite 12
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