S&E Glossary
Beachten Sie die Dreimonatsfrist: Vergütungsabrechnung nach JVEG (Grundlage für nachfolgenden Artikel ist eine Veröffentlichung in den IfS-Informa- tionen, Ausgabe 5/2013, Seiten 24–28.) Haben Sie das vom Gericht beauftragte Gutachten in akribischer Sorgfalt und nach bestem Wissen fertiggestellt und wollen es in gewünschter An- zahl per Einschreiben evtl. mit Rückschein dem Besteller zukommen lassen, ist in der Regel da- von auszugehen, dass Sie diesem Paket auch Ihre Vergütungsabrechnung beilegen. Da Sie gute Arbeit geleistet haben, erwarten Sie auch die zügige Bezahlung der nach den An- forderungen des JVEG erstellten Rechnung. Wie wir alle des Öfteren leidlich erfahren müssen, kann es doch schon mal länger dauern bis das Geld aufs Konto eingegangen ist. Kommt es mal wieder zu solch einer gericht- lich bedingten Verzögerung, ist von Seiten des Sachverständigen Vorsicht geboten, denn es kann im schlimmsten Fall der komplette Verlust des Vergütungsanspruchs drohen und das, obwohl man vermeintlich keine Fehler gemacht hat. Nicht dass der Kostenbeamte einem die Rechnung „um die Ohren haut“, weil es unterschiedliche Auffassungen zu verschiedenen Kostenansätzen gibt, nein, hier droht auch bei korrekter Kosten- berechnung ein stiller Totalverlust. Verantwortlich dafür ist der § 2 Abs. 1 JVEG, wonach ein Sachverständiger seinen Vergutungsanspruch verliert, wenn er seine Rechnung nicht innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Ablieferung des Gutachtens bei Gericht einreicht. Nun hat aber der Sachverständige seinen Vergütungsanspruch mit Abgabe des Gutachtens, wie oben beschrieben, bei Gericht eingereicht, also die Frist aus seiner Sicht gewahrt. Also da- von ausgehend alles richtig gemacht zu haben und wissend, dass das Gericht manchmal etwas länger braucht mit der Bezahlung, misst man der dahin streichenden Zeit keine größere Bedeutung zu. Man weiß ja, auch wenn es manchmal lange dauert, das Geld kommt, man hat es ja nicht mit einem insolventen Kunden zu tun. Und ehe man sich versieht, sind drei Monate verstrichen. Jetzt wird man doch langsam ärgerlich und mahnt die Bezahlung der Rechnung bei Gericht an. Zur Ver- deutlichung wird der Anmahnung noch eine Kopie der Originalrechnung beigefügt. Die daraufhin vom Kostenbeamten des Gerichts zurückkom- mende Antwort hat es in sich. Vermutlich muss man die kurze und eigentlich einfach gehaltene Antwort mehrmals lesen bis man sie versteht. Da schreibt der Kostenbeamte doch tatsächlich, „dass die Rechnung für das Gutachten erstmalig mit der Zahlungserinnerung eingegangen sei und daher wegen der dreimonatigen Frist des § 2 Abs. 1 JVEG der Vergutungsanspruch erloschen sei.“ Nun, es gibt ja noch den § 2 Abs. 2 JVEG, welcher als Rechtsmittel zur Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand dient. Die Vorausset- zung zur Nutzung dieses Rechtsmittels ist al- lerdings, dass der Sachverständige nachweisen muss, dass er „ohne sein Verschulden an der Ein- haltung der Dreimonatsfrist gehindert gewesen war“. Im vorliegenden Fall wäre ja denkbar, dass Fachbereiche Sachverständige Lieber einen Generalisten als einen Spezialisten – oder doch Beide? Sachverständige, die alles können, müssen wunderbar sein. Habe wohl noch nie einen kennengelernt, aber sie muss es ja wohl geben, fragt sich nur wo? Im Baubereich haben wir da die große Gruppe der Sachverständigen für „Schäden an Gebäuden“. Ein Bestellungsgebiet, welches gerne von den Industrie- und Handelskammern mit Architekten und Bauingenieuren besetzt wird. Von der Idee her widerspricht dem auch nichts. Viele Scha- densfälle haben mehrere Ursachen, die fachlich verschiedenen Gewerken zuzuordnen sind. Lassen sich die Ursachen noch nicht differenzieren, ist es hier in der Regel angeraten einen vielseitig ausgebildeten Sachverständigen hinzuzuziehen, wie z.B. einen Sachverständigen für „Schäden an Gebäuden“. Ein auf ein einzelnes Fachgebiet spezialisierter Sachverständiger ist zu diesem Zeitpunkt häufig fehl am Platz. Geht es aber dann in die Tiefe der Schadensursachen- und der Lösungsfindung sind häufig Spezialisten für die Beantwortung von Fragen zu Teilbereichen erforderlich. Logisch und vernünftig wäre es nun, wenn der ursprünglich beauftragte Generalist den oder die Spezialisten hinzuzieht. Dieses ist aber häufig nicht gegeben. Selbstüberschätzung oder die Angst den „Speck“ (Honorar) mit ande- ren teilen zu „müssen“ veranlassen doch immer wieder den einen oder anderen die ganze Sache selber in die Hand zu nehmen und als Sachver- ständiger „für alles“ zuständig zu sein. Dieses ist ein gefährlicher Weg und führt sehr schnell zu Fehlbeurteilungen mit zum Teil wirtschaftlich erheblichen Folgeerscheinungen. Ganz schlimm kann es dann werden, wenn ein Spezialist an- fängt über seinen „Tellerrand“ weit hinauszu- schauen und in Gebieten als Sachverständiger tätig wird, von denen er noch nicht viel gehört hat. Auch dieses passiert leider immer wieder und trägt dazu bei, wenn die Leistung nicht den Anforderungen gerecht wird, dass das Bild von Sachverständigen in der Gesellschaft ein schlech- tes Image bekommt, bzw. schon teilweise hat. Bei den vielen Baustoffen und deren Verar- beitungsmöglichkeiten ist es für einen Einzelnen realistisch nicht mehr möglich in allen Bereichen ein überdurchschnittliches Wissen vorzuhalten. Täglich kommen neue Baustoffe und neue Verar- beitungsverfahren auf den Markt. Sind in diesem Umfeld Leistungen von Sachverständigen erfor- derlich, sind in einem ersten Schritt in der Regel solche gefragt, die einen großen Überblick ha- ben über die verschiedenen in Frage kommenden Fachrichtungen. Im zweiten Schritt sollten dann die Spezialisten zum Zuge kommen. Schön wäre es, wenn sich hierfür die Eitelkeit des Einzelnen unter dem Erfolg des Ganzen stellt. Im Bereich der Sachverständigentätigkeiten wer- den heute sowohl Generalisten wie auch Spe- zialisten gebraucht. Nur jeder muss auch seine Grenzen kennen. Hierzu nachfolgend ein auch heute noch hoch aktuelles Zitat aus dem Referat zum Thema „Nachbesserung von Bauschäden“ aus dem Jahre 1981 von Prof. Dr.-Ing. Erich Schild († 1998), RWTH Aachen: „Wenn einem Sachverständigen zu bestimm- ten Fragen der Sachverstand fehlt, muss er das offenbaren. Wenn er eine Ursache bei gründlicher Über- prüfung nicht zu erkennen vermag, gilt dasselbe. Irrtümer sind zuzugeben, an Fehlern ist nicht aus Prestigegründen festzuhalten. Es ist im Übrigen ein weitverbreiteter, aber dennoch eindeutiger Irrtum zu glauben, dass ein Sachverständiger an Ansehen bei Gericht verlieren würde, wenn er einen erkannten eigenen Fehler zugesteht und korrigiert. Dies gilt auch dann, wenn überzeugende Ge- genargumentationen eines anderen Sachverstän- digen oder neue tatsächliche Feststellungen dies notwendig machen.“ Es bleibt zu hoffen, dass die derzeit im Sach- verständigenbereich erkennbaren Tendenzen zur Selbstüberschätzung wieder abebben und es zu einem besseren kooperativen fachlichen Aus- tausch untereinander kommt. An oberster Stel- le sollte eine für den Beauftragenden schnelle und damit in der Regel auch kostengünstigere Ursachen- und Lösungsfindung stehen. Ein guter Weg hierhin sind die Bildung von Arbeitsge- meinschaften, Bürokooperationen usw. in der Sachverständigenwelt, wie sie immer mehr am Markt anzutreffen sind. Persönlich habe ich mit solchen Kooperationen sehr gute Erfahrungen gemacht. Es macht mich als Leiter des Fachbe- reichs Sachverständige im Deutschen Holz- und Bautenschutzverband e.V. stolz, dass der Gedan- ke des Miteinanders und fachlichen Austauschs untereinander bei unseren Mitgliedern in einem überdurchschnittlich hohen Maße gelebt wird. Schützen & Erhalten · März 2014 · Seite 16
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