S&E Glossary
θ si – θ e θ i – θ e f Rsi = umgestellt nach θ i – θ si : θ i – θ si θ i – θ e f Rsi = 1 – für stationären Zustand und Konvektions- heizung am Regelquerschnitt: R si R si + R + R se f Rsi = 1 – Definitionsgleichung: Formeln für Temperaturfaktor f Rsi Erklärung bauphysikalischer Kenngrößen und Fachbegriffe f Rsi : Temperaturfaktor (dimensionslos) θ si : Temperatur auf der Bauteiloberfläche innen (°C) θ i : Innenlufttemperatur (°C) θ e : Außenlufttemperatur (°C) φ i : relative Luftfeuchte innen (%) φ si : Luftfeuchte auf der Bauteiloberfläche innen (%) c i : absolute Luftfeuchte (g/kg) R si : Wärmeübergangswiderstand innen ((m² ·K)/W) R se : Wärmeübergangswiderstand außen ((m² ·K)/W) Isoplethen: Linien gleichen Zahlenwertes einer Größe in graphischen Darstellungen, mit denen die Abhängigkeit dieser Größe von zwei anderen Variablen gleichzeitig erfasst werden kann. mesophil: Bevorzugung mittlerer, nicht extremer Umweltbedingungen, insbesondere hinsichtlich Temperatur und Feuchtigkeit. tigt oder die verallgemeinerte LIM Bau I-Isoplethe nach Sedlbauer [5] zur Grenzziehung der „sicheren Seite“ gegen Schimmelbildung benutzt. Stärkeres Heizen leistet also entgegen den Aussagen in der DIN 4108 keinesfalls einen Bei- trag zur Vermeidung von Schimmelbildung, son- dern das genaue Gegenteil ist der Fall! Wie dick muss eine zusätzliche Wärmedämmung sein? Dass eine bessere Wärmedämmung einen Beitrag leisten kann, um Schimmelbildung zu vermeiden, veranschaulicht das Formelwerk für den Temperaturfaktor f Rsi . Je größer der Wärme- durchlasswiderstand R, also die Dämmwirkung ist, desto größer ist auch f Rsi . Man betrachte die Situation im Wohnzimmer eines Durchschnittsdeutschen mit θ i = 23°C, φ i = 50% und θ e = –5°C. Der Blick ins h-x-Diagramm liefert für diese θ i und φ i die Werte für die absolute Luftfeuch- te c i und die noch zulässige Temperatur θ si an der Grenzisoplethe: c i = 9,3g/kg und θ si = 16°C bzw. 15,5°C. Daraus kann leicht f Rsi errechnet werden: f Rsi ≥ 0,75 bzw. 0,73. Die Anforderung f Rsi ≥ 0,7 aus DIN 4108-2 Nr. 6.2 reicht demzu- folge in der gängigen Wohnpraxis nicht aus, um Schimmelbildung zu verhindern. Sind die normativen Rand- bedingungen praxisgerecht? In DIN 4108-2 Nr. 6.2 werden Randbedin- gungen aufgestellt. Sie betreffen die Innenluft- temperatur θ i , die relative Luftfeuchte innen φ i , die sogenannte kritische Luftfeuchte auf der Bauteiloberfläche innen φ si , die Außenlufttem- peratur θ e , den Wärmeübergangswiderstand in- nen R si und außen R se . Darüber hinaus werden in Nr. 6.1 verbal eine gleichmäßige Beheizung und ausreichende Belüftung der Räume gefordert. Beim Vergleich dieser normativen Randbe- dingungen mit den in Wohnräumen tatsächlich anzutreffenden raumklimatischen Bedingungen fällt auf, dass vor allem θ i und φ i im Vergleich zu den Normwerten häufig überschritten wer- den. Die DIN 4108 stellt also auf ein Raumkli- ma ab, das nur einen kleinen Teil der Praxisbe- dingungen abdeckt. Der Anwender einer Baunorm will jedoch da- von ausgehen, dass ihre Anwendung in der Praxis die Menschen vor Mängeln und Schäden bei der erlaubten und üblichen Nutzung des Bauwerkes bewahrt und ihn selbst vor Haftungsansprüchen und Gewissensbissen. Wie in den obigen Beispie- len gezeigt, ist das aber mit der DIN 4108 und ihrem Postulat f Rsi ≥ 0,7 nicht der Fall! Demzu- folge kann hier auch nicht von einer allgemein anerkannten Regel die Rede sein. Erstaunlich ist auch das Festhalten an der starren 80-Prozent-Grenze für die maximal zu- lässige Luftfeuchte zur Vermeidung von Schim- melbildung. Die von Sedlbauer 2001 der breiten Fachwelt vorgestellten Grenzisoplethen LIM Bau für das Schimmelpilzwachstum in Innenräu- men [5] machen es längst überfällig, den „auf der sicheren Seite liegenden“ Luftfeuchtebereich einzuengen. Wenn die Anwender der Norm diese Anpassung selbst vornehmen sollen, brauchen sie diese Norm nicht. Beeinflusst die Art der Raum- erwärmung das Befallsrisiko? Führt man an der Formel für f Rsi am Regelquer- schnitt eine Grenzwertbetrachtung durch, wird erkennbar, dass der Temperaturfaktor f Rsi gegen den Grenzwert 1 strebt, wenn der Wärmeüber- gangswiderstand innen R si gegen 0 beziehungs- weise der Wärmeübergangswiderstand außen R se oder der Wärmedurchlasswiderstand R des Bau- teils gegen unendlich tendieren. Demzufolge scheint die theoretische Grenze der zulässigen relativen Raumluftfeuchte φ i an der Grenzisople- the LIM Bau für das Schimmelwachstum zu liegen. Diese Grenzwertbetrachtung deckt sich mit der Annahme, dass die Bauteiloberflächentem- peratur innen θ si die Raumlufttemperatur θ i nicht überschreiten kann. Das ist für Konvektionshei- zungen zweifellos der Fall. Doch wie stellt sich die Situation bei einer Wandflächenheizung dar (oder anderen Strahlungsheizungen)? Hier gilt θ si > θ i ! Setzt man nun diese nicht unbekannte Relation in die Definitionsgleichung für den Temperaturfaktor f Rsi ein, nimmt dieser Werte über 1 an. Das wiederum bedeutet, dass sich das Risiko für Schimmelbildung auf solchen Bauteiloberflächen drastisch reduziert und für Werte f Rsi >1,18 völlig verschwindet. Das sollte doch Grund genug sein, die Be- schränkungen der konventionellen Schimmelprä- vention zu verlassen und die Oberflächentem- perierung in einer Schimmelnorm wenigstens zu erwähnen. Die Aussagen zur Vermeidung von Schimmel- bildung beziehen sich in den Normen DIN 4108 offensichtlich stillschweigend auf die Verwendung konventioneller Konvektionsheizungen. Witzbolde könnten jetzt meinen, f Rsi ≥ 0,7 schließen ja den Fall f Rsi >1 ein. Das ist zwar mathematisch rich- tig, ignoriert aber den technischen Hintergrund und die oben angeführten technischen Konse- quenzen. Diese müssten dann auch in den Lüf- tungs- und Heizungsempfehlungen im DIN-Fach- bericht 4108-8 angemessene Beachtung finden. B+B BAUEN IM BESTAND stellt die Thesen von Dr.-Ing. Manfred Wolf in seinem neuen Online-Forum zur Diskussion. Beteiligen auch Sie sich unter www.BauenimBestand24.de an der Fachdiskussion. Literatur: [2] DIN 4108-2:2003-07 „Wärmeschutz und Energieein- sparung in Gebäuden – Teil 2: Mindestanforderungen an den Wärmeschutz“. Beuth-Verlag: Berlin, 2003. [3] DIN-Fachbericht 4108-8:2010-10 Wärmeschutz und Energieeinsparung in Gebäuden – Teil 8: Vermeidung von Schimmelwachstum in Wohngebäuden. Beuth- Verlag: Berlin, 2010. [4] Spitzner, M. H.: Dem Schimmel keine Chance. Bau- Planer Special, 6/2011, S. 4–6. [5] Sedlbauer, K.: Vorhersage von Schimmelpilzbildung auf und in Bauteilen. Dissertation, Universität Stutt- gart, 2001. Fachbereiche Sachverständige Wird die Ursache für einen Schimmel- pilzbefall nicht richtig erkannt und bewertet, kann dieser Irrtum zum Ausgangspunkt eines erneuten Befalls werden.
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