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Schützen & Erhalten · September 2008 · Seite 13 Fachbereiche Bautenschutz ner Reihe mit anderen Metropolen des Jugendstils in Europa wie etwa Wien, Paris oder Budapest. Die prächtigsten Jugendstil- bauten finden sich in einem Viertel rund um die Alberta Straße. Viele der Häuser in dieser und in den umliegenden Straßen wurden von dem Architekten Michail Eisenstein (1867–1921) erschaffen. Eine weitere Attraktion Rigas ist der farbenfrohe Zentralmarkt im ehemaligen Zeppelinhangar aus dem Ersten Weltkrieg. Händler aller Art und Bauern aus der Umgebung bie- ten dort ihre Waren an und in den Hallen stapeln sich die Lebensmit- tel im Überfluss. Mittelalter in der Altstadt Die Altstadt ist das historische und geographische Zentrum Rigas und gehört zum UNESCO-Weltkultur- erbe. Die alte Stadtmauer wurde im 19. Jahrhundert abgerissen, doch der Festungscharakter mit den en- gen Gassen und verwinkelten Stra- ßen ist erhalten geblieben. Mitten in der verkehrsberuhigten Zone steht die mächtige Domkathedra- le aus dem 13. Jahrhundert, in der viele Reformatoren ihre kunstvollen Grabstätten haben. Noch älter ist die Petrikirche, die zu den wichtigs- ten Kulturdenkmälern des Mittelal- ters im Baltikum gehört. Mit dem Beitritt zur Hanse im Jahr 1253 begann der wirtschaft- liche Aufstieg Rigas. Kaufmänner, Händler und Handwerker bauten re- präsentative Vertretungen, die bis heute erhalten sind: die Große und die Kleine Gilde, nicht weit entfernt davon drei kleine, bunt bemalte Handwerkshäuser am Livenplatz und das bereits erwähnte „Schwarzhäup- terhaus“ am Rathausplatz. Wegen seines Reichtums und der strategisch günstigen Lage mit meist eisfreiem Hafen war Riga ab Beginn des 16. Jahrhunderts zahl- reichen Belagerungen und Erobe- rungen durch Polen, Schweden und Russen ausgesetzt. Dies ist auch der Grund, warum trotz zahlreicher Holz- häuser in unmittelbarer Altstadtnä- he kaum eines der Häuser älter als 120 Jahre ist. Damals waren per Dekret Holzhäuser nur außerhalb der Stadtmauern in einem 800 bis 1000 m breiten Gürtel erlaubt. Im Falle einer Belagerung wurde die- ses „Holzhausterritorium“ ange- zündet, so dass das anschließende Brachland vor den Toren der Stadt den heranstürmenden Feinden kei- ne Deckung geben konnte. Erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurden per Erlass Zar Alexander III die Be- festigungsanlagen und Bastionen abgetragen. Historie und Moderne – Rigas Holzbauten Die denkmalpflegerischen As- pekte der Stadterneuerung im Be- sonderen der Restauration des Holz- hausbestandes waren, sehr zur Freu- de der mitreisenden Holzschützer, Thema eines ganzen Exkursionsta- ges. Auf dieser Tour zur künstlich geschaffenen Insel Kipsala, vis-à- vis der Altstadt, ging es über un- befestigte Wege zu ausgesuchten Holzbauten unterschiedlichster Bauepochen. Der Architekt- und Kunsthistoriker des Denkmalpflege- amtes, Herr Dipl.-Ing. Arch. Petris Blum, erläuterte, dass diese Insel aus dem Ballast von Segelschiffen geschaffen wurde und zahlreichen alten wie auch neuen Holzhäusern Platz bietet. Den Abschluss der Be- sichtigung bildete der Besuch einer Restaurationswerkstatt vor den To- ren Rigas. Diese erwies sich dann als ein wahres Eldorado, über das mein Fachbereichskollege Georg Brückner nachfolgend zu berichten weis. Ca. 2000 historische Holzhäuser stehen in und um Riga und diese Restau- rationswerkstatt fertigt individu- ell für die Sanierungsobjekte; und dies von der Putzleiste über Fuß- bodensockel, Türen oder sogar his- torische Möbelstücke nach Vorlage. Eine vom Dipl.-Ing. Blum ebenfalls vorgestellte „neuartige“ Methode, mit Hilfe von Glasverblendungen restaurationsbedürftige Holzhäuser zu schützen, wurde von den mit- reisenden Fachleuten als vorläufig vor dem Verfall konservierend ein- gestuft und fand im Kollegenkreis keine Zustimmung. Jugendstilfassaden Im Zuge des Bevölkerungs- wachstums Anfang des letzten Jahrhunderts wurden auch in Riga mehrstöckige Mietshäuser in den ehemaligen Vorstädten gebaut. Dieses war die Blütezeit des Ju- gendstils in Europa. Die Holzhäu- ser mussten innerstädtisch weichen und ab diesem Zeitpunkt wurde der Bau von traditionellen Holzhäusern in diesem Bereich verboten. Der
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