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Es schreibt für Sie RA Albrecht W. Omankowsky Apostelstraße 9–11 50667 Köln Telefon: (02 21) 9 41 57 57 Telefax: (02 21) 9 41 57 59 Rechtsberatung für DHBV- Mitglieder: Montag–Donnerstag von 14.00 Uhr bis 17.00 Uhr RECHTSBERATUNG Ist ein Sachverständiger befangen, wenn er mit dem Beklagten in geschäftlichen Beziehungen steht? Bei grob fahrlässiger Unverwert- barkeit des Gutachtens steht dem Gutachter keinerlei Vergütung zu Streitstand: Ein Arzt wurde wegen eines Behandlungsfehlers auf Schaden- ersatz verklagt. Das Gericht beauf- tragt mit dem Gerichtsgutachten einen anderen Arzt, der seit 25 Jahren mit dem beklagten Kolle- gen zusammenarbeitet. Die Zusammenarbeit gestaltete sich in der Weise, dass der Beklagte seine Patienten bei speziellen Er- krankungen und Operationen an seinen Kollegen, den nunmehr bestellten Sachverständigen ver- wies. Der klagende Patient hielt den Sachverständigen deshalb für par- teiisch und lehnte ihn wegen Be- sorgnis der Befangenheit ab. Das Oberlandesgericht Oldenburg, dass den Fall zu entscheiden hatte, sah in der Zusammenarbeit des Sach- verständigen mit dem beklagten Kollegen einen Umstand, der aus Sicht des Klägers geeignet war Misstrauen gegen die Unparteilich- keit des Sachverständigen zu recht- fertigen. Zwar lässt nicht jeder persön- liche oder geschäftliche Kontakt be- reits befürchten, dass ein Sachver- ständiger einen Gutachtenauftrag nicht mehr objektiv und unvorein- genommen bearbeiten könne. So könne man beispielsweise allein aus der Bekanntschaft, die aus der Teil- nahme von Fachkongressen oder aus einem wissenschaftlichen Aus- tausch herrührt, nicht rückschlies- sen, dass der Sachverständige nicht die notwendige Distanz zur kriti- schen Beurteilungen seines Kolle- gen habe. Im zu entscheidenden Fall meinte das Gericht jedoch, dass die Beziehung zwischen dem Sachver- ständigen und dem beklagten Kol- legen offensichtlich über solche normalen Kontakte hinaus gingen. Dass der beklagte Arzt ein regel- mässiger „Zulieferer“ der Klinik des Sachverständigen sei, könne die Besorgnis der Befangenheit begrün- den. (Entscheidung OLG Olden- burg, 5 W 77/07). Stellungnahme: Obwohl diese Entscheidung aus dem medizinischen Bereich ent- springt, ist sie genauso gut auf Sach- verständige im Baubereich anzuwen- den. Auch im Baubereich finden sich häufig Situationen, wo sich ein be- klagter Bauunternehmer, Architekt oder Prüfstatiker und der vom Ge- richt beauftragte Sachverständige kennen und auch geschäftliche Be- ziehungen miteinander pflegen. Dies allein reicht, wie ausge- führt wurde, jedoch noch nicht aus, um hieraus eine Besorgnis der Be- fangenheit abzuleiten. Sofern die Beziehung allerdings freundschaftlicher oder gar ver- wandtschaftlicher Art sein sollte oder eine intensive geschäftliche Zu- sammenarbeit seit Jahren besteht oder bestanden hat, sollte der vom Gericht beauftragte Sachverständige vorsichtig sein. In solchen Fällen empfiehlt es sich, dass der Sach- verständige sofort nach seiner Be- auftragung das Gericht anschreibt und über die bestehende Beziehung zu der Partei informiert. Hinweis: Es macht einen guten Eindruck, wenn der Sachverständige diesen Sachverhalt mitteilt und gleichzei- tig äussert, dass er sich selbst nicht für befangen hält und bereit ist, das Gutachten zu erstatten. Auf dieser Weise entzieht er, sollte die Beauftragung vom Gericht dennoch aufrechterhalten werden, einem etwaigen späteren Ableh- nungsanspruch die Grundlage. Insbesondere aber verliert er nicht seinen gesamten Vergütungs- anspruch. Bekanntermaßen verliert der Sachverständigen seinen Vergü- tungsanspruch, wenn er grob fahr- lässig seine Ablehnung provoziert. Eine solche grobe Fahrlässig- keit kann auch im Unterlassen der Mitteilung von Befangenheitsgrün- den gesehen werden. Schon aus diesem Grunde empfiehlt sich da- her eine rechtzeitige Mitteilung. Dem Sachverständigen steht kein Anspruch auf Vergütung zu, wenn er grob fahrlässig die Unver- wertbarkeit seines Gutachtens ver- schuldet hat und er nicht vor der Erstellung des Gutachtens mitge- teilt hat, dass er die erforderliche Bewertung nicht vornehmen kann: Streitstand: In einem selbständigen Beweis- verfahren sollte ein Gutachten dar- über eingeholt werden, ob eine ein- gebaute Wärmepumpe einen zu ge- ringen Wärmerückgewinnungseffekt aufweist und die Heizungsanlage überwiegend mit elektrischem Strom betrieben wird. Der Sachverständi- ge wurde bei seiner Beauftragung darauf hingewiesen, dass er vorab zu prüfen habe, ob die Beweisfrage ganz oder teilweise außerhalb sei- nes Gebietes liegt und ob er weite- re Aufklärung für erforderlich erach- tet. Der Gutachter erstellte zunächst ein Gutachten, das die Frage nicht beantwortete, sondern dass nur all- gemeine theoretische Ausführungen zu Wärmepumpen enthielt. Der An- tragsteller beantragt die ergänzen- de Begutachtung, die aber ebenfalls fehlschlägt. Sodann beantragt er eine neue Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen. Das Landgericht gab dem An- trag statt und setzte die Vergütung für den ersten Gutachter auf 0,– € fest, da das Gutachten nicht ver- wertbar sei. Die hiergegen von dem Sachverständigen eingelegte Be- schwerde war erfolglos. Begründung: Das OLG Rostock, das diesen Fall zu entscheiden hatte, stellte fest, dass dem Gutachter ein Ver- gütungsanspruch nicht zusteht. Er habe grob fahrlässig die Unverwert- barkeit des Gutachtens und der Gut- achtenergänzungen verschuldet. Ein Sachverständiger habe un- verzüglich zu prüfen, ob ein Auftrag in sein Fachgebiet fällt und ob er diesen ohne Hinzuziehung weiterer Sachverständiger abarbeiten kann. Im vorliegenden Fall ist der Sachverständige hierauf ausdrück- lich bei der Beauftragung durch das Schützen & Erhalten · Dezember 2007 · Seite 20 Gericht hingewiesen worden. Der Sachverständige hat jedoch zu- nächst die Begutachtung vorgenom- men und erst in seiner Ergänzung mitgeteilt, dass er nicht bewerten könne, ob die streitige Wärmepumpe die angenommene Funktions- und Leistungsparameter tatsächlich er- reiche. Dies hätte er dem Gericht bereits vorher mitteilen können und keine allgemeinen Berechnungen und Schätzungen ohne konkreten Bezug auf die tatsächlich eingebaute Wärmepumpe fertigen dürfen. OLG Rostock, 4 W 17/06 Stellungnahme: Diese Entscheidung des OLG Rostock macht erneut deutlich, dass Sachverständige für grob fahrläs- sig mangelhafte Gutachten keine Vergütung erhalten. Die Parteien, die ein Gutachten für nicht verwert- bar halten, müssen umfangreiche und umfassende Einwände gegen dieses Gutachten erheben und den langwierigen Weg der Ergänzung des ursprünglichen Gutachtens gehen, bevor ein neuer Gutachter durch das Gericht eingesetzt wird. Daher hat das Gericht bei der groben Fahrlässigkeit des Sachver- ständigen darauf abgestellt, dass er bereits bei Erteilung des Gut- achtenauftrages darauf hätte hin- weisen müssen, dass die Begutach- tung durch ihn nicht erfolgen kann. Grundsätzlich ist aus dem Ur- teil abzuleiten, dass der Gutachter immer dann grob fahrlässig handelt, wenn er keine Hinweise gibt, er nach- träglich im Gutachten jedoch fest- stellt, dass er die Beweisfrage nicht konkret beantworten kann.

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