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Es schreibt für Sie RA Albrecht W. Omankowsky Rechtsberatung für DHBV- Mitglieder: Jeden Dienstag 14.00 Uhr bis 17.00 Uhr Weitere Fragen an: Albrecht W. Omankowsky Apostelstraße 9–11 50667 Köln Telefon: (02 21) 9 41 57 57 Telefax: (02 21) 9 41 57 59 RECHTSBERATUNG Wieder mehr Klagen anhängig VOB/B eventuell rechtswidrig? Einen überraschenden Vorstoß hat der Bundes- verband der Verbraucher- zentralen gestartet. Der deutsche Verbraucherver- band hält die üblicherwei- se angewandte Verdin- gungsordnung für Baulei- stungen (VOB) für einen Verstoß gegen geltendes Europäisches Recht. Des- halb hat der Verband den Deutschen Ausschuss für Vergabe- und Bauleistun- gen (DVA) abgemahnt und will gegebenenfalls kla- gen. Nach Auffassung der Verbrau- cherzentralen war die Verdin- gungsordnung für Bauleistun- gen eigentlich für die öffentliche Auftragsvergabe gemacht, werde aber seit vielen Jahren in ei- nem Sonderteil, der VOB/B – ohne eigentliche Gesetzesgrund- lage – auch dem privaten Bau- herrn übergestülpt, obwohl die Verordnung niemals für priva- te Bauherren gedacht war. Die Vergabe und Vertrags- ordnung für Bauleistungen (VOB) – quasi das „Grundgesetz des Baugewerbes“ – wurde für öffentliche Bauaufträge entwik- kelt und hat hier eine bis in das 19. Jahrhundert zurückreichende Tradition. Ihr rechtlicher Teil B (VOB/ B) wird auch bei Verträgen mit privaten Bauherren angewandt. Geistiger Urheber und Ver- fasser der VOB/B ist der deut- sche Vergabe- und Vertragsaus- schuss für Bauleistungen (DVA), der organisatorisch beim Bun- desministerium für Verkehr- Bau- und Wohnungswesen an- gesiedelt ist. Im DVA sind die Interessenvertretungen öffent- licher Auftraggeber und ihrer Auftragnehmer vertreten. Die VOB/B ist weder Gesetz, noch eine Rechtsverordnung, sondern – wie auch die Ge- schäftsbedingungen eines Bau- unternehmers – ein vorformu- liertes Vertragswerk. Solche un- terliegen grundsätzlich einer gesetzlichen Kontrolle, damit einseitig entwickelte Vertrags- bedingungen nicht zu Lasten des Vertragspartners gehen. Von dieser gesetzlichen Kontrolle ist die VOB/B jedoch seit 1977 durch Ausnahmebestimmungen im BGB und eine hierauf auf- bauende Rechtsprechung frei- gestellt. Nach der Einholung eines neuen Rechtsgutachtens blasen die Verbraucherzentralen nun- mehr zum Großangriff auf die- se „ allgemeinen Geschäftsbedin- gungen des Baugewerbes”. Eine unzulässige Benachtei- ligung für private Bauherren in der VOB/B 2002 sieht die Ver- braucherzentrale unter anderem in der Verkürzung der Verjäh- rungsfrist. Das BGB gibt bei Mängeln an Bauwerk einen 5- Jahres-Schutz und nach einer Mängelbeseitigung weitere 5 Jahre. Die VOB/B gibt statt dessen 4 Jahre und nach einer Mängelbeseitigung nur 2 Jah- re. Desweiteren stören sich die Verbraucherzentralen an der Erschwerung der Vertragsbeen- digung: Wird ein Mangel trotz Fristsetzung vom Unternehmer nicht beseitigt, so können pri- vate Bauherren nach dem BGB den Vertrag beenden. Gemäß der VOB/B reicht die Untätigkeit des Unternehmers nicht aus. Sie fordert zusätzlich vorab die Androhung der Kündigung des Vertrages. Ferner bemängelnd die Ver- braucherzentralen die Einschrän- kung von Hinweispflichten: Schweigen begründet grundsätz- lich keine Rechtsfolgen. Daher müssen nach dem BGB Unter- nehmer den Bauherren aktiv informieren, wenn die Abnah- me einer Bauleistung auch ohne das ausdrückliche Einverständnis des Bauherren erfolgen soll. Die VOB/B verzichtet auf diese In- formationspflicht. Schließlich rügen die Ver- braucherzentralen auch irre- führende Bauzeitangaben und mangelnde Transparenz der Preisgestaltung: Wer Bauzeiten nennt, muß sich auch daran halten. Die VOB/B sieht jedoch vor, dass Zeitangaben des Un- ternehmers zu Bauschritten in einem Bauzeitenplan nur ver- bindlich sind, wenn dies aus- drücklich vereinbart wurde. Private Bauherren benötigen Kostensicherheit. Wo diese fehlt, müssen Unternehmen auf die- ses Kostenrisiko hinweisen. So können etwa durch die Anga- be eines Einheitspreises die Kosten am Ende deutlich höher ausfallen, als erwartet. Eine Verpflichtung zur Kostentrans- parenz oder zum Hinweis auf mögliche Kostenrisiken für pri- vate Bauherren existiert in der VOB/B nicht. Die Verbraucherzentrale ist der Auffassung, dass gemäß der EU-Richtlinie über missbräuch- liche Klauseln in Verbraucher- verträgen der Deutsche Gesetz- geber spätestens im Dezember 1994 die Vertragsklauseln der VOB/B auf eine eventuelle Rechtswidrigkeit hin hätte über- prüfen müssen. Wenn der Aus- schuss für Vergabe- und Bau- leistungen nicht erklärt, dass er rechtliche Änderungen einleiten werde, will der Verbraucherver- band bis vor den Europäischen Gerichtshof ziehen. Eine Alternative zum Ge- richtsverfahren könnte darin bestehen, dass der Gesetzgeber sich durch diesen Vorstoß ver- anlasst sieht, ein neues, eigen- ständiges privates Bauvertrags- recht zu schaffen. Man kann es drehen und wenden wie man will, die fast schon selbstverständliche Ver- einbarung der VOB/B wird in Zukunft – zumindest gegenüber den privaten Bauherren – nur schwer aufrecht zu erhalten sein. Zumindest erhebliche Modi- fikationen oder erhöhte Form- anforderungen an die Vereinba- rung der VOB/B werden wohl die Folge sein. Vieles spricht jedoch dafür, daß diese Aktion der Verbrau- cherzentrale dazu führen wird, dass der Gesetzgeber ein ein- heitliches privates Baurecht schaffen könnte. Rechtsanwalt A.W. Omankowsky, Köln Schützen & Erhalten · Juni 2004 · Seite 21

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