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Schützen & Erhalten · Juni 2003 · Seite 18 STEUERRECHT Bundesfinanzhof, Urteil vom 28. November 2002 (Az.: V R 3/01) Umsatzsteuerfreiheit der Geschäfts- veräußerung im Ganzen Die unentgeltliche Über- tragung eines Bauunter- nehmens durch den Un- ternehmer an seinen Sohn kann auch dann als nicht umsatzsteuerbare Teilge- schäftsveräußerung beur- teilt werden, wenn dem Sohn das Betriebsgrund- stück für zehn Jahre mit Verlängerungsoption zur Fortführung des Bauun- ternehmens vermietet wird. So entschied der Bundesfinanz- hof mit o.g. Urteil. Dem Ver- fahren lag im Wesentlichen fol- gender Sachverhalt zugrunde: Der klagende Bauunterneh- mer erklärte die Betriebsaufgabe und übertrug seinem Sohn das Anlagevermögen seines Bauun- ternehmens unentgeltlich. Das Betriebsgrundstück behielt er zurück und vermietete es sei- nem Sohn für zehn Jahre zum Betrieb eines Bauunternehmens. Eine Vertragsverlängerung um jeweils ein Jahr war für den Fall vorgesehen, dass keine Kündi- gung erfolgte. Einen Pkw, ei- nen Fernkopierer und einen Kopierer überführte der Kläger in sein Privatvermögen. Das beklagte Finanzamt bewertete den Vorgang in sei- ner Umsatzsteuerfestsetzung für den betroffenen Veranlagungs- zeitraum als steuerbaren Eigen- verbrauch durch Entnahme von Unternehmensgegenständen. Es war der Auffassung, wegen der vorherigen Entnahme des Be- triebsgrundstückes, das eine we- sentliche Betriebsgrundlage für das Unternehmen des Klägers dargestellt habe, sei keine Ge- schäftsveräußerung im Ganzen anzunehmen. Die Entnahme des Grundstücks behandelte das beklagte Finanzamt als steuer- frei und besteuerte nur die üb- rigen an den Sohn unentgelt- lich übertragenen und die für eigene nichtunternehmerische Zwecke entnommenen Gegen- stände mit dem gemeinen Wert. Der vom Kläger gegen die Umsatzsteuerfestsetzung erho- bene Einspruch blieb erfolglos. Das daraufhin angerufene Fi- nanzgericht wies die Klage des Bauunternehmers als unbegrün- det ab. Die vom Kläger hierge- gen gerichtete Revision hatte Erfolg. In seiner Entscheidung führt der Bundesfinanzhof u.a. Fol- gendes aus: Eine Geschäftsveräußerung im Sinne des § 1 Abs. 1 a UStG 1993 (entspricht insofern § 1 Abs. 1 a UStG 1999) liege auch vor, wenn einzelne wesentliche Betriebsgrundlagen nicht mit- übereignet worden seien, sofern sie dem Übernehmer langfristig zur Nutzung überlassen würden und eine dauerhafte Fortführung des Unternehmens oder Betrie- bes durch den Übernehmer ge- währleistet sei. Die genannte Regelung setze die 6. EU-Mehrwertsteuerricht- linie in nationales Recht um. Daher könne die Frage, ob ein Unternehmen „im Ganzen“ über- eignet werde, nicht nach natio- nalen ertragsteuerrechtlichen Kriterien, sondern nur unter Berücksichtigung der Regelun- gen der Richtlinie entschieden werden. Für die Übertragung eines Unternehmens „im Gan- zen“ bedeute dies, dass eine or- ganische Zusammenfassung von Sachen und Rechten übertragen werde, die dem Erwerber die Fortführung des Unternehmens ohne großen finanziellen Auf- wand ermögliche. Hierfür sei nicht erforderlich, dass alle Wirtschaftsgüter, insbesondere auch die dem Un- ternehmen dienenden Grund- stücke, übereignet würden. We- sentlich sei vielmehr, dass die übertragenen Vermögensgegen- stände ein hinreichendes Gan- zes bildeten, um die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit zu ermöglichen, und der Unter- nehmer diese Tätigkeit ausübe. Unter Berücksichtigung des Zie- les der umsatzsteuerrechtlichen Regelung, die Nichtsteuerbar- keit auf die Fälle zu begrenzen, in denen der Erwerber Unter- nehmer ist und das Unterneh- men fortführt, um einen unver- steuerten Letztverbrauch zu vermeiden, genüge es, wenn ein Betriebsgrundstück dem Erwer- ber, wie im Streitfall, durch ein langfristiges Nutzungsrecht überlassen werde, das die dau- erhafte „Fortführung“ des Un- ternehmens ermögliche. Im Streitfall seien diese Vorausset- zungen mit der Vermietung des bebauten Grundstücks über die Dauer von zehn Jahren mit jähr- licher Verlängerung erfüllt. Es seien bei dem Alter des Klägers und den besonderen persönli- chen Beziehungen zu seinem Sohn als Mieter keine Anhalts- punkte vorhanden, dass das Mietverhältnis vorzeitig (einver- ständlich) beendet und nicht nach Ablauf der ordentlichen Laufzeit fortgesetzt werde. Schonfrist zur Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung und der Lohnsteueranmeldung wird 2004 abgeschafft. Nach dem Anwendungser- lass zur Abgabenordnung ist bei einer bis zu fünf Tage verspäteten Abgabe der Umsatzsteuervoran- meldungen und der Lohn- steueranmeldungen von der Festsetzung von Ver- spätungszuschlägen ab- zusehen (Nummer 7 zu § 152 AEAO). Die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder ha- ben beschlossen, diese Verwal- tungsanordnung aufzuheben. Damit sich der betroffene Per- sonenkreis auf die neue Ver- waltungspraxis einstellen kann, bleibt die Anweisung zur Ab- gabeschonfrist noch für das gesamte Jahr 2003 anwendbar. Ferner ist auch künftig die Dauer der Fristüberschreitung eines der Ermessenskriterien, die bei einer Entscheidung über die Festsetzung eines Verspätungs- zuschlages zu beachten sind. Angesichts der Möglichkei- ten der Anmeldungen auf elek- tronischem Wege oder mittels Telefax sollte es nach Auffas- sung des BMF möglich sein, die vom Gesetzgeber festgelegten Zeitpunkte der Abgabe einzu- halten. Die Abgabeschonfrist habe somit ihre Funktion als Karenzzeit verloren. Mit der Abschaffung der Abgabeschonfrist entspricht die Finanzverwaltung Forderun- gen des Bundesrechnungsho- fes und der Landesrechnungs- höfe.

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