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Schützen & Erhalten · Juni 2003 · Seite 23 VERTRAGSRECHT Gesetz über die Sicherung der Bauforderungen – LG Bielefeld, Urteil vom 30. 10. 2001 (Az.: 2 O 650/99) Haftung der kontoführenden Bank Die kontoführende Bank haftet gegenüber Bau- handwerkern auf Scha- densersatz, wenn auf Ver- anlassung eines ihrer Bankmitarbeiter Baugeld zweckwidrig verwendet wird und dadurch eine Befriedigung der Bau- handwerker nicht mehr möglich ist. Dies entschied das Landgericht Bielefeld mit o.g., nach Rück- nahme der ursprünglich einge- legten Berufung rechtskräftigen Urteil. Dem Verfahren lag im We- sentlichen folgender Sachverhalt zugrunde: Der klagende Bauunterneh- mer war vertraglich zur Durch- führung von Heizungs- und In- stallationsarbeiten verpflichtet. Die Finanzierung durch Baugeld des von einem Bauträger errich- teten Objektes erfolgte hierbei durch die beklagte Bank. Für das Baugeld eröffnete der Bauträ- ger ein gesondertes Konto ne- ben dem bei der Beklagten be- reits eingerichteten allgemeinen Geschäftskonto. Auf Anweisung des Ge- schäftsführers des Bauträgers wurde eine Überweisung von dem Baugeldkonto auf das all- gemeine Geschäftskonto des Bauträgers veranlasst. Das Bau- geldkonto wies nach dieser Überweisung sowie nach Einzah- lungen zweier Erwerber kurz nach der Überweisung ein Gut- haben auf, das so gering war, dass die Ansprüche der Kläge- rin aus dem Werkvertrag nicht befriedigt werden konnten. Der vom Geschäftsführer des Bauträgers erteilte Überwei- sungsauftrag erfolgte auf Ver- anlassung eines für die Beklagte tätigen Angestellten. Diesem waren die schwierige finanzi- elle Situation des Bauträgers, der kurze Zeit nach der Über- weisung Konkurs anmelden musste, genauso wie der Um- stand, dass noch Handwerker- rechnungen offen waren, be- kannt. Mit seiner gegen die kon- toführende Bank gerichteten Werklohnklage hatte der Bau- unternehmer Erfolg. In seiner Entscheidung führt das Landgericht Bielefeld u.a. folgendes aus: Die Haftung der Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 1 GSB, § 830 Abs. 1 und 2, § 31 analog BGB ergebe sich daraus, dass die unter Verstoß gegen § 1 GSB erfolgte Über- weisung nicht auf einem Über- weisungsauftrag beruht habe, den der Geschäftsführer des Bauträgers aus eigenem Antrieb erteilt habe. Vielmehr sei die- ser Überweisungsauftrag auf Veranlassung eines für die Be- klagte tätigen Angestellten er- folgt. Für diesen Angestellten hafte die Beklagte analog § 31 BGB. Dies wäre allerdings nicht der Fall gewesen, wenn der ver- antwortliche Bedienstete der Beklagten lediglich um die be- absichtigte Zweckentfremdung von Baugeld gewusst habe. Bei einer solchen Sachlage werde nämlich weder die Haupttat unmittelbar durch das Verhalten des Kreditinstitutes verwirklicht, noch dem Baugeldempfänger die Möglichkeit genommen, von seinem Tatentschluss abzurük- ken. Es stünde dann keine Bei- hilfeleistung bezüglich eines Verstoßes gegen § 1 GSB im Raum. VERTRAGSRECHT Urteil vom 23. Januar 2003 (Az.: VII ZR 210/01) Bundesgerichtshof zur Wirksamkeit von Vertragsstrafen in Bauverträgen Der Bundesgerichtshof hat mit o. g. Entscheidung in Abweichung von frühe- ren Urteilen festgelegt, dass die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Bauverträgen enthal- tene Obergrenze der Ver- tragsstrafe von 10% der Auftragssumme den Auf- tragnehmer unangemes- sen benachteiligt. Nicht zu beanstanden ist dage- gen eine Obergrenze von bis zu 5% . Am 25. März 2003 hatte der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 23. Januar 2003 über die Wirksamkeit einer Vertrags- strafenklausel in Bauverträgen zu entscheiden. Nach dieser vom Auftraggeber gestellten Klausel hatte der Auftragnehmer bei Überschreitung der vertraglich vereinbarten Fertigstellungster- mine eine Vertragsstrafe in Höhe von 0,15% des vereinbarten Pauschalpreises für jeden Werk- tag der Verspätung zu zahlen, insgesamt höchstens 10% des Pauschalpreises eines Bauab- schnittes. Der Pauschalpreis für das gesamte Bauvorhaben be- trug 28,2 Mio. DM. Der Auftrag- geber machte die Vertragsstra- fe in voller Höhe von 2,82 Mio. DM geltend. In Abweichung von frühe- ren Urteilen entschied der BGH, dass die in AGB von Bauverträ- gen enthaltene Obergrenze der Vertragsstrafe von 10% der Auf- tragssumme den Auftragnehmer unangemessen benachteiligt. Nicht zu beanstanden sei da- gegen eine Obergrenze von bis zu 5%. Die Obergrenze von 10% sei bisher von der Rechtsprechung bei Auftragssummen von bis ca. 13 Mio. DM für unbedenklich gehalten worden. Mit Rücksicht darauf habe der BGH davon abgesehen, Vertragsstrafenklau- seln mit einer Obergrenze von bis zu 10% bei vergleichbaren oder niedrigeren Auftragssum- men schon jetzt generell als unwirksam anzusehen. Vielmehr seien in solchen Verträgen die Vertragsstrafenklauseln erst un- wirksam, wenn die Verträge nach dem Bekanntwerden die- ser Entscheidung geschlossen würden. Diesen Vertrauensschutz genieße jedoch ein Auftragge- ber nicht, der die Obergrenze von 10% bei einem Auftrags- volumen von mehr als dem Dop- pelten der 13 Mio. DM in sei- nen AGB vorgesehen habe. In diesem Fall sei die Vertragsstra- fenklausel gemäß § 9 Abs. 1 AGBG (jetzt § 307 Abs. 1 BGB) unwirksam.
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