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DHBV INTERN – INFORMATIONEN NUR FÜR DHBV-MITGLIEDER Arbeits- und Sozialrecht Arbeitsgerichts- beschleunigungsgesetz Nach der Verabschiedung durch Bundestag und Bun- desrat ist das Gesetz zur Vereinfachung und Be- schleunigung des arbeits- gerichtlichen Verfahrens (Arbeitsgerichtsbeschleuni- gungsgesetz) am 1. Mai 2000 in Kraft getreten. Die wesentlichen gesetzlichen Neuregelungen lassen sich wie folgt zusammenfassen: 1. Die Güteverhandlung im Ur- teilsverfahren (§ 54 ArbGG) kann mit Zustimmung der Parteien in einem weiteren Termin fortgesetzt werden. 2. Der Vorsitzende kann auch alleine über die örtliche Zu- ständigkeit des Gerichts und die Aussetzung des Verfah- rens entscheiden (§ 55 ArbGG). 3. Die Berufungssumme (§ 64 ArbGG) wurde von bisher 800,00 DM auf 1.200,00 DM angehoben. In Rechtsstrei- tigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsver- hältnisses (sog. Bestands- schutzstreitigkeiten) ist die Berufung immer statthaft. 4. Im Beschlussverfahren kann der Vorsitzende ein Gütever- fahren ansetzen (§ 80 Abs. 2 ArbGG) und den Beteiligten eine Frist zur Vorbringung von Angriffs- und Verteidi- gungsmitteln setzen (§ 83 Abs. 1 a ArbGG). 5. Im Kündigungsschutzverfah- ren kann das Arbeitsgericht ohne mündliche Verhand- lung über die nachträgliche Zulassung einer Kündigungs- schutzklage entscheiden (§ 5 Abs. 4 KSchG). 6. Die Beendigung von Arbeits- verhältnissen durch Kündi- gung oder Auflösungsvertrag sowie die Befristung bedür- fen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform (§ 623 BGB). Aus Sicht des Zentralverban- des des Deutschen Baugewerbes (ZDB) ist insbesondere das unter Ziffer 6 genannte Schriftformer- fordernis für Kündigungen, Auf- hebungsverträge und befristete Arbeitsverträge sehr bedenklich. Diese Bedenken sind auch von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände von Beginn des Gesetzgebungsverfahrens an in entsprechenden Stellungnah- men sehr deutlich geäußert wor- den, haben jedoch in den Bera- tungen des Gesetzgebers keine Berücksichtigung gefunden. Ge- gen die Einführung eines Schrift- formerfordernisses wurde vorge- tragen, ein solches belaste insbesondere die kleineren und mittleren Betriebe mit zusätzli- chem bürokratischen Aufwand und verursache zudem weitere arbeits- rechtliche „Fallstricke“. Für die Einführung eines Schriftformerfor- dernisses wurde vorgetragen, die- ses fördere die Rechtssicherheit und gleichzeitig den Selbstschutz von Arbeitgebern und Arbeitneh- mern gegen unbedachte „Spon- tankündigungen“. Das Schriftform- erfordernis führt zu folgenden praktischen Auswirkungen: Kündigungen Die Beendigung von Arbeits- verhältnissen durch Kündigung bedarf mit Wirkung vom 1. Mai 2000 zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Dies gilt sowohl für die arbeitgeberseitige Kündigung als auch für die Eigenkündigung des Arbeitnehmers. Bei gesetzli- chen Schriftformerfordernissen ist gemäß § 126 BGB zur Rechtswirk- samkeit die eigenhändige Unter- schrift notwendig. Eine Kündigung, die unter Missachtung dieses Schriftform- erfordernisses ausgesprochen wird, ist nichtig. Dies gilt sowohl für mündlich ausgesprochene Kündi- gungen als auch für schriftlich ausgesprochene Kündigungen, wenn diese entweder nicht eigen- händig oder von einer nicht kün- digungsberechtigten Person un- terzeichnet wurden. Unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung des Bundesar- beitsgerichts ist davon auszuge- hen, dass eine zwar eigenhändig unterzeichnete, aber per Telefax übermittelte Kündigung ebenfalls nicht dem gesetzlichen Schrift- formerfordernis des § 126 BGB entspricht. Problematisch ist weiterhin, dass eine wegen Formmangels nichtige Kündigung des Arbeitge- bers nicht innerhalb der Dreiwo- chenfrist des § 4 KSchG angegrif- fen werden muss, da eine solche Kündigung bereits aus einem an- deren Grund im Sinne des § 7 KSchG rechtsunwirksam ist. Dies hat zur Folge, dass sich der Ar- beitnehmer möglicherweise noch nach mehreren Monaten auf das Fortbestehen des Vertragsverhält- nisses berufen könnte. Befristete Arbeitsverträge Auch der Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages be- darf zu seiner Wirksamkeit ab 1. Mai 2000 der Schriftform. Da Ar- beitsverträge grundsätzlich münd- lich geschlossen werden können, wäre mit der mangelnden Schrift- form hinsichtlich der Befristung die Gefahr verbunden, dass ein un- befristeter Arbeitsvertrag zu Stan- de gekommen ist. Aufhebungsverträge Die Nichtigkeit wegen Form- mangels hätte bei Aufhebungsver- trägen ebenso wie bei Kündigun- gen zur Folge, dass sich der Arbeitnehmer möglicherweise noch nach mehreren Monaten auf das Fortbestehen des Vertragsver- hältnisses berufen könnte. Soweit ein gerichtlich protokollierter Ver- gleich über die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnis- ses vorliegt, ist dem gesetzlichen Schriftformerfordernis Genüge getan. Kommt es jedoch lediglich im Rahmen eines Kündigungs- schutzprozesses zu einem so ge- nannten Anwaltsvergleich über die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses, so müsste dieser noch zusätzlich schriftlich festgehalten und von den Arbeits- vertragsparteien eigenhändig un- terzeichnet werden. Auch hierbei ist zu beachten, dass ein mit Te- lefax bestätigter Anwaltsvergleich nicht dem Schriftformerfordernis entsprechen dürfte. DHBV INTERN – Schützen & Erhalten · September 2000 · Seite IV

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